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# taz.de -- Des Bürgermeisters Visionen: Zukunft aus dem Labor
> Eine Stadt der Hoffnung und Chancen zeichnet Hamburgs Bürgermeister Olaf
> Scholz in seiner Regierungserklärung zu Beginn der rot-grünen
> Legislaturperiode
Bild: Wähnt sich in einer Stadt der Hoffnung und Chancen: Hamburgs Bürgermeis…
Olaf Scholz und sein rot-grüner Senat wollen „in einem Labor der Zukunft
ein modernes Hamburg schaffen“. Das versprach der Bürgermeister am
Mittwochnachmittag in der Bürgerschaft in seiner Regierungserklärung zur
neuen Legislaturperiode. „Wir haben einen Plan, wie das gelingen kann“, so
Scholz, nämlich eine Politik mit vier Schwerpunkten: wirtschaftliche
Stärke, hohe Lebensqualität, die digitale Stadt und Internationalität.
Konkret bedeute das die weitere Konsolidierung des Haushalts, mehr
Wohnraum, bessere Bildung und Olympische Spiele 2024 in Hamburg. Diese
Politik werde, versprach Scholz, „im besten Sinne alltagstauglich sein“.
Wer von der Regierungserklärung erwartet hatte, dass die SPD-Politik der
vergangenen vier Jahre mit einigen grünen Farbtupfern fortgesetzt werde,
wurde nicht enttäuscht. Die SPD-Ankündigung von 2011, „Wir schaffen das
moderne Hamburg“, erweiterte Scholz nun zum rot-grünen „Zusammen schaffen
wir das moderne Hamburg.“ Dazu soll gehören, dass der Hafen – wie im
Koalitionsvertrag vereinbart – deutlich ökologischer wird und Hamburg sich
auf den Weg macht, die Förderung des Radverkehrs anzugehen. In beiden
Sektoren aber soll sich ernsthaft nichts ändern.
Die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung Hamburgs auch durch
Bereitstellung neuer Gewerbeflächen wird fortgesetzt, versicherte der
Bürgermeister. An der Elbvertiefung hat er keinerlei Zweifel, und auch die
Leitplanken der Verkehrspolitik bleiben erhalten: Bau von Autobahnen um
Hamburg herum, Ausbau der Bahnstrecken, Festhalten am Busprogramm, und den
Ausbau von U- und S-Bahn-Strecken nannte Scholz „ein wichtiges
Generationenprojekt“, das rasch verwirklicht werden solle: „Wir werden das
Tempo weiter beschleunigen.“
Von beständigem rot-grünen Beifall umrauscht, tourte Scholz fast eine
Stunde lang durch die weiteren Politikfelder, die unter seiner Regierung
demnächst noch mehr erblühen würden: die Kultur, die Wissenschaft, die
Forschung, die schulische Bildung, der Wohnungsbau, die Energiewende, die
Gesundheitsversorgung, die innere Sicherheit und nicht zuletzt die
Willkommenskultur für Zuwanderer – kein Thema weit und breit, das unter
Rot-Grün nicht prächtig gedeihen werde.
Und dann natürlich noch Olympia: „Wir wollen der Welt zeigen, dass Spiele
möglich sind, die von einer offenen und demokratischen Bürgergesellschaft
getragen werden.“ Und nachhaltig und ökologisch und bezahlbar würden sie
selbstverständlich auch sein, versicherte Scholz: „Wir wollen moderne und
menschliche Spiele veranstalten. Darauf freuen wir uns.“ Und um das alles
realisieren zu können, werde unverändert auch mit grünem Einfluss weiterhin
die rote Prämisse gelten: „Wir wollen ordentlich regieren, die Bürger
können sich weiterhin auf unsere Zusagen verlassen.“
Das alles vermochte CDU-Fraktionschef André Trepoll nicht zu beeindrucken.
„Alles beim Alten“, lautete sein Fazit. Unter Rot-Grün drohe „Stillstand
statt Fortschritt, verwalten statt gestalten“. Die Ankündigungen des
Bürgermeisters seien kein Produkt rot-grüner Kreativität, selbst die
Olympia-Bewerbung habe ja vor mehr als einem Jahrzehnt die CDU erfunden, so
Trepoll. Nur aufgrund der guten Konjunktur, für die der bisherige SPD-Senat
nichts getan habe, stünde Hamburg zur Zeit recht gut da: „Herr Scholz, Sie
haben mehr Glück als Verstand gehabt“, befand Trepoll.
„Wir haben ein gutes Regierungsprogramm“, antwortete Anjes Tjarks, der neue
Fraktionsvorsitzende der Grünen. Und beschränkte sich auf den politischen
Indikativ: „Wir verbessern die Kinderbetreuung. Wir machen ernst bei der
Inklusion. Die Hochschulen werden besser ausgestattet. Wir bauen die
U-Bahnen aus. Wir machen Hamburg zur Fahrradstadt. Wir heißen Flüchtlinge
willkommen. Wir stärken den Datenschutz.
Wir modernisieren den Hafen zu einem grünen Hafen. Wir wollen Olympische
Spiele nach Hamburg holen. Wir wollen sie ökologisch, städtebaulich und
finanziell nachhaltig gestalten.“ Alles zusammen zeige, so der einst so
SPD-bissige und nun schon in seiner ersten Rede als Fraktionschef
erstaunlich staatstragende Tjarks, dass auch die Grünen den
Gestaltungsauftrag, den die WählerInnen erteilt hätten, „mit Sorgfalt und
Umsicht erfüllen“ würden.
Die kritische Breitseite hingegen kam erwartungsgemäß von der Linken.
Hamburg habe dringendere Probleme als Olympische Spiele zu finanzieren,
stellte Fraktionschefin Cansu Özdemir klar: die Wohnungsnot, die Armut, die
soziale Spaltung, die menschenunwürdige Unterbringung von Flüchtlingen.
„All diese Probleme kommen in Ihrer glitzernden
’Hamburg-weiter-vorn-Koalition‘ einfach nicht vor“, kritisierte Özdemir.
Mit rot-grüner Kürzungspolitik würde an sozialer Struktur „zerstört, was
noch übrig geblieben ist“.
Das war nicht so sehr das Problem von FDP-Fraktionschefin Katja Suding. Ihr
Kernvorwurf lautete, Scholz habe „die visionsfreie und Hansestadt Hamburg
entworfen“. Die Regierungskoalition zeige nur zwei Farben, so Suding: „Das
Rot der SPD-Parteibuchbürokratie und das Giftgrün überschießender
Öko-Ideologie.“
7 May 2015
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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