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# taz.de -- Neuer Senat in Hamburg: Das Scholz-Grüne-Dutzend steht
> Olaf Scholz bleibt für die nächsten fünf Jahre Hamburgs Erster
> Bürgermeister und die Grünen dürfen mitregieren. Niedrige Frauenquote
> sorgt für Unmut.
Bild: Bitte recht freundlich: Dem neuen Hamburger Senat gehören ein paar Fraue…
HAMBURG taz | Seit Mittwoch um 16.39 Uhr wird Hamburg von einer rot-grünen
Koalition regiert. In geheimer Abstimmung wurde Bürgermeister Olaf Scholz
(SPD) mit 75 Stimmen für eine zweite Amtsperiode gewählt. Er bekam also
drei Stimmen von der Opposition, denn SPD und Grüne verfügen in der
Bürgerschaft nur über 72 Sitze. Anschließend bestätigte das Parlament den
von Scholz ernannten Senat mit einer Stimme von der Opposition.
Mit zwölf Mitgliedern gehört der Hamburger Senat zu den größten
Landesregierung in Deutschland, nur Bayern und Baden-Württemberg leisten
sich noch ein glattes Dutzend MinisterInnen. Opposition und
Steuerzahlerbund werfen dem rot-grünen Bündnis deshalb Aufblähung und
Geldverschwendung vor. Während Scholz fünf Senatoren und drei Senatorinnen
im Amt beließ, kommen drei Grüne neu hinzu.
Parteichefin Katharina Fegebank ist jetzt Zweite Bürgermeisterin und
Senatorin für Wissenschaft, der bisherige Fraktionschef Jens Kerstan
übernimmt die Behörde für Umwelt und Energie und Till Steffen kehrt an die
Spitze der Justizbehörde zurück, die er bereits von 2008 bis 2010 in der
schwarz-grünen Koalition geleitet hatte.
Die Grünen wollen das männliche Übergewicht mit anderen Berufungen
kompensieren. Zwei der drei Staatsratsposten werden mit Frauen besetzt,
auch in der dreiköpfigen Fraktionsspitze werden zwei Frauen sitzen und
Fegebanks Nachfolge in der Parteiführung wird eine Frau übernehmen. Während
das bei den Grünen akzeptiert ist, gärt es in der SPD.
Ein SPD-Parteitag hatte am Dienstagabend den Koalitionsvertrag und
Scholzens Senatsteam zwar mit 306 von 309 Stimmen gebilligt. Trotz des
deutlichen Ergebnisses musste Scholz sich erstmals in seiner Regierungszeit
öffentliche Widerworte aus seiner Partei anhören.
Dass der künftige Senat nicht quotiert ist, kritisierte die für
Gleichstellung zuständige Bürgerschaftsabgeordnete Gabi Dobusch als Absage
an die Frauenförderung. Laut SPD-Satzung müssen mindestens 40 Prozent aller
Ämter und Mandate mit Frauen besetzt werden, die SPD aber stellt fünf
Männer und nur drei Frauen.
Das sei „ein Verstoß gegen alle unsere Grundsätze“, kritisierte noch
deutlicher Petra Ackmann, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft
Sozialdemokratischer Frauen. Direkt an Bürgermeister Scholz gewandt sagte
sie: „Damit verstößt du gegen Grundsätze, die dir wichtig sind.“
Ackmann wies darauf hin, dass das Parlament laut Hamburger Verfassung „auf
eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern in
Beschlussorganen“ wie der Bürgerschaft hinzuwirken habe. „Wenn es Dir
Bauschmerzen bereitet, lieber Olaf, dass der Senat nicht quotiert ist, dann
ändere das, indem du anders aufstellst. Niemand sonst hat hier das
Vorschlagsrecht“, so Ackmann.
Schließlich versuchte Fraktionschef Andreas Dressel die Gemüter zu
beruhigen. Er sicherte zu, dass im Falle des Ausscheidens eines Mannes aus
dem Senat der freiwerdende Posten mit einer Frau besetzt werde.
Direkt vor der Sitzung der Bürgerschaft hatten Scholz, Dressel, Fegebank
und Kerstan den Koalitionsvertrag unterschrieben. Er sieht auf 115 Seiten
drei große Projekte für die fünfjährige Legislaturperiode vor. Über den
Erfolg der laufenden Bewerbung für Olympische Spiele 2024 entscheidet
freilich in gut zwei Jahren das Internationale Olympische Komitee.
Die proklamierte Verkehrswende hin zu einer Fahrradstadt mit einem
Radverkehrsanteil von 25 Prozent indes müssen die Koalitionäre schon selbst
schaffen. Das gilt auch für das zweite große Vorhaben der Ökologisierung
des größten deutschen Hafens.
Mögliche Problemfelder von Rot-Grün hingegen sind die unterschiedlichen
Positionen in der Innen- und Flüchtlingspolitik sowie das eher dürftige
Engagement in der Bekämpfung von Armut und sozialer Spaltung in der Stadt.
Vor allem die Linkspartei wird das freuen.
15 Apr 2015
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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