# taz.de -- Freiheit durch Information: Bremen wird durchsichtiger | |
> In der Bremischen Bürgerschaft steht am Mittwoch die Novellierung des | |
> Informationsfreiheitsgesetzes an. Die Verbesserungen sind konsensfähig. | |
Bild: Transparenz und Durchsicht: Bremen weitet die Informationsfreiheit aus. | |
BREMEN taz | Bremen wird noch transparenter. Die Abgeordneten der | |
Bürgerschaft wollen am Mittwoch das [1][Informationsfreiheitsgesetz] | |
(BremIFG) deutlich ausweiten. Angeschoben wurde das von den Grünen mit der | |
SPD. Und, das ist in Wahlkampfzeiten durchaus bemerkenswert: auch CDU und | |
Linksfraktion wollen zustimmen. Bremen wird, mit Hamburg, weiter gehen als | |
die anderen Länder (siehe Infokasten). | |
Schon bisher ließ sich [2][Einsicht nehmen]: in ein 368-seitiges | |
PDF-Dokument zu Baumfällarbeiten etwa, samt „Standort“ und „Grund der | |
Fällung“, in eine Liste öffentlicher Überwachungskameras oder in Bremens | |
Haushalt als umfängliche Excel-Tabelle mit 9.064 Zeilen, wo unter | |
Haushaltsstelle 3270.68614-0 zum Beispiel der „Zuschuss an die Stiftung | |
Neues Museum Weserburg“ mit jährlichen 877.170 Euro angegeben ist. | |
All diese Dokumente können schon heute über das öffentliche | |
Informationsregister heruntergeladen werden. Erst Mitte März 2015 wurde es | |
überarbeitet, um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen. Schon heute aber | |
muss man die Daten zu interpretieren wissen, muss wissen, ob es etwa für | |
die Weserburg an anderer Stelle noch weitere Zuschüsse gibt, bevor man mit | |
den Zahlen Politik macht, und man muss eine Ahnung davon haben, wonach man | |
sucht. Dann aber können die Daten helfen. | |
Bislang allerdings sah das Gesetz vor, dass die Verwaltung ihre Dokumente | |
dort veröffentlichen „soll“, was die Beamten oft mit „muss nicht“ | |
übersetzten. Darauf wurde nun reagiert: Künftig „haben“ die Behörden alle | |
Informationen zu veröffentlichen und zwar „unverzüglich“. | |
Für Tim Weber vom [3][Verein „Mehr Demokratie“] ist diese Regelung | |
entscheidend: „Es führt zu einer deutlichen Aufwertung des Gesetzes.“ Sein | |
Verein ist zufrieden mit den Verbesserungen, auf die er mit „Humanistischer | |
Union“ und „Transparency International“ seit Jahren hinwirkte. „Bei | |
Verträgen hätten wir uns gewünscht, dass sie schon ab 10.000 Euro | |
veröffentlicht werden müssen“, sagt Weber. Sehr hilfreich aber sei, dass | |
auch Gutachten nun zugänglich gemacht werden müssen. „Gegenüber | |
Bürgerinitiativen argumentieren Behörden oft damit, halten die Gutachten | |
selbst dann aber unter Verschluss.“ | |
Ein bisschen Kritik aber hat er schon: Bremen wird anders als Hamburg seine | |
Rohdatensätze nur auf Antrag herausgeben, weil es sonst zu teuer würde. | |
Und: dass die Hochschulen ausgenommen seien, kritisiert Weber auch: Die | |
Veröffentlichung von Spendern und Sponsoren bleibt freiwillig – nur die | |
Hochschule Bremen legte Sponsoren bisher großzügig offen. Gegenüber der taz | |
kündigte die Uni Bremen an, die Praxis zu überdenken. | |
Mustafa Öztürk, netzpolitischer Sprecher der Grünen, ist dagegen vollends | |
zufrieden. „Mit dieser Reform hat das Amtsgeheimnis ausgedient“, sagt er. | |
Eine umfassende Auskunft gegenüber den BürgerInnen sei „ein | |
selbstverständlicher Service und kein Gnadenakt“. Gegen die Novellierung | |
habe es durchaus einigen Widerstand aus der Verwaltung gegeben. | |
[4][Herbert Kubicek vom Institut für Informationsmanagement an der Uni] | |
Bremen schätzt, dass für die Behörden das Gesetz „kein Hit“ sei: „Dort | |
sieht man vor allem mehr Arbeit auf sich zukommen“, so Kubicek. Bislang | |
habe in der Verwaltung eine „organisatorische Orientierungslosigkeit“ | |
darüber geherrscht, wer für eine „pro-aktive“ Veröffentlichung zuständig | |
sei. Kubicek hofft, dass sich das nun ändert. Seine größte Kritik: „Die | |
Fraktionen haben versäumt, die Umweltinformationen in das | |
Informationsregister zu integrieren, so wie in Hamburg oder | |
Schleswig-Holstein.“ Es gebe viele NGOs, die mit diesen Daten arbeiteten. | |
Insgesamt müsse bei der Transparenz „ein politischer Prozess“ in Gang | |
gesetzt werden. | |
Einen Fall aber wird das alles nicht betreffen: Als die Humanistische Union | |
auf Herausgabe des behördeninternen Katalogs klagte, mit denen „Scheinehen“ | |
ermittelt werden sollen, [5][lehnte das Gericht dies mit Verweis auf | |
Paragraf 4 des BremIFG ab], der „behördliche Entscheidungsprozesses“ | |
schützt. Die HU beantragte Berufung, Paragraf 4 aber wird nicht geändert. | |
## | |
21 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://bremen.beck.de/?bcid=Y-100-G-brifg-name-inh | |
[2] http://transparenz.bremen.de | |
[3] http://bremen-nds.mehr-demokratie.de | |
[4] http://agim.uni-bremen.de/team/kubicek/ | |
[5] /!143174/ | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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