# taz.de -- Volksgesetzgebung ohne Folgen: Bremen begehrt wenig | |
> Die reformierte Bremer Gesetzgebung zu Volksentscheiden kommt im | |
> aktuellen „Volksbegehrensbericht“ ordentlich weg – geändert hat sie | |
> bisher freilich nichts. | |
Bild: Vorbild fürs Bremer Stimmvolk.Die "Sieben Faulen" in der Böttcherstraß… | |
BREMEN taz | Ein „Einäugiger unter den Blinden“ sei Bremen, wenn’s um das | |
Thema „Volksbegehren“ geht, sagt Tim Weber, Landesgeschäftsführer des | |
Vereins „Mehr Demokratie“. Denn: Bremen belegt mit der Note „befriedigend… | |
beim gestern vorgestellten „[1][Volksbegehrensbericht 2015]“ im Ranking | |
nach Hamburg den zweiten Platz. 13 der 16 Bundesländer erhielten lediglich | |
die Prädikate „ausreichend“ und „mangelhaft“. | |
Untersucht wurde vom „Mehr Demokratie“-Bundesverband etwa, wie hoch die | |
Länder Quoren, also die Mindestanzahl von Stimmen, und wie lang sie Fristen | |
ausgestalten. So können in Hamburg bereits fünf Prozent der | |
Wahlberechtigten ein Volksbegehren in Gang setzen. In Bremen gelten | |
ebenfalls fünf Prozent – allerdings nicht bei verfassungsändernden | |
Volksbegehren, bei denen das Quorum doppelt so hoch sein muss. „Zuviel“, | |
meint Weber, „und auch die Abstimmungsquoren bei Volksentscheiden sind mit | |
20 und 40 Prozent zu hoch.“ | |
Dennoch: „Die Verfassungsreform hat vor zwei Jahren dazu geführt, dass | |
direkte Demokratie in Bremen gestärkt wurde“, sagt Weber. Für | |
Volksbegehren, die eine Verfassungsänderung zum Ziel haben, müssen seither | |
deutlich weniger Unterschriften gesammelt werden: Statt fast 100.000 | |
Unterschriften sind nur noch knapp 50.000 nötig. Und neu aufgenommen wurde | |
eine Bestimmung, die Volksentscheide für den Fall vorsieht, dass | |
Unternehmen verkauft werden, die sich im öffentlichen Eigentum befinden. | |
Daneben ist Bremen neben Hamburg das einzige Bundesland, in dem | |
Volksentscheide und Wahlen zusammengelegt werden. | |
Dass die BremerInnen ihre vergleichsweise ordentlichen Möglichkeiten | |
allerdings nach Kräften nutzen würden, lässt sich nicht beobachten: Von | |
2005 bis 2014 gab es drei Anträge von Initiativen und ein Volksbegehren – | |
nämlich das zur Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft. Zum Vergleich: In | |
Hamburg gab es im gleichen Zeitraum sieben Volksbegehren, drei | |
Volksentscheide und 21 Anträge von Volksinitiativen. | |
Dabei unterscheiden sich die Voraussetzungen in beiden Ländern seit der | |
Reform in Bremen nur noch wenig voneinander. Allerdings: Noch hat Bremen | |
kein Transparenz-Gesetz, nach dem städtische Verträge, Unterlagen und | |
Verwaltungspapiere automatisch veröffentlicht werden müssen, eine | |
entsprechende Reform des Informationsfreiheitsgesetzes ist in Arbeit. Als | |
Vorbild hierfür gilt Hamburg, das seit zwei Jahren ein entsprechendes | |
Gesetz hat. Einen Zusammenhang zwischen Transparenz-Gesetz und | |
Volksinitiativen erkennt Weber indes nicht: „Es stimmt, dass die Menschen | |
dadurch leichter Informationen bekommen, die Grundlagen für Volksbegehren | |
sein können – aber in Hamburg hat sich dadurch nichts verändert.“ Die Quo… | |
der Volksbegehren sei auch vor dem Gesetz hoch gewesen. | |
In Bremen, glaubt er, mangele es schlichtweg an großen Themen. „Denn auch | |
die Verfassungsreform hat bisher zu keinem Anstieg von Initiativen | |
geführt.“ Vielleicht, sagt er, könnte hier – ausgerechnet – das Parlame… | |
als Vorbild dienen: „Zum Beispiel bei der Diskussion um eine Verlängerung | |
der Legislatiurperiode: Hier könnte die Bürgerschaft einen Volksentscheid | |
einleiten.“ | |
12 Mar 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/volksbegehrensbericht_2015.pdf | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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