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# taz.de -- Kooperation Wirtschaft und Wissenschaft: „Es muss transparent sei…
> Niedersachsens Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne)
> will die Unis verpflichten, Verträge zu Stiftungsprofessuren zu
> veröffentlichen.
Bild: Nicht an Transparenzleitlinien gebunden: die Uni-Katze „Fräulein Sinne…
taz: Frau Heinen-Kljajic, der Anteil der Drittmittel und damit auch der
gewerblichen Wirtschaft steigt stark im Vergleich zur Grundfinanzierung der
Hochschulen. Inwieweit ist das ein Problem?
Gabriele Heinen-Kljajic: In Niedersachsen machen Zuwendungen aus der
Wirtschaft 3,2 Prozent der Gesamtdrittmittel aus. Das ist insgesamt noch
relativ gering, aber ich gebe zu: Der Anteil ist in den letzten Jahren sehr
stark angestiegen. Grundsätzlich finde ich ein privates Engagement an
Hochschulen durchaus wünschenswert.
Wie garantieren Sie, dass die Freiheit von Forschung und Lehre erhalten
bleibt?
Es muss zumindest transparent sein, welchen Einfluss die Industrie nimmt.
Häufig finden die Kooperationen mit der Wirtschaft gar nicht hinter
verschlossenen Türen statt. Aber es gibt auch Ausnahmen. Deshalb haben wir
entschieden, Transparenzregeln für den Umgang mit Drittmitteln zu
definieren. Für die Hochschulen heißt das: Sie müssen Angaben zu privaten
Geldzuwendungen öffentlich machen.
Die Transparenzregeln sind aber nicht juristisch bindend. Muss man nicht
eher von einer Selbstverpflichtung sprechen?
Es gibt keine Selbstverpflichtung für die Transparenz, sondern eine klare
Verpflichtung in allen Zielvereinbarungen. Die Hochschulen müssen ihre
Drittmittelprojekte veröffentlichen und auf Senatsebene Ethikkommissionen
einrichten. Zu welchem Zeitpunkt die Hochschulen die Ergebnisse ins
Internet stellen, ist in den Transparenzleitlinien genau festgeschrieben.
Langfristig planen wir eine landesweite Datenbank, in die die Hochschulen
ihre Informationen einspeisen.
Auf manche Daten verzichten Sie aber. Wenn Hochschulen und Unternehmen
Verschwiegenheit vereinbart haben, muss die Uni weder den Auftraggeber noch
das genaue Forschungsthema preisgeben. Machen solche Ausnahmen die
Transparenzpflicht nicht zur Farce?
Dieser Passus ist auf Bitten der Fachhochschulen aufgenommen worden, die in
der Regel Aufträge aus der mittelständischen Wirtschaft annehmen. Die
Auftraggeber fürchten Wettbewerbsnachteile, wenn die Verträge ganz
veröffentlicht würden. Unsere Regelung ermöglicht es, Auftraggeber zu
anonymisieren oder den Auftragsgegenstand zu abstrahieren. Die Gesetzeslage
in Deutschland lässt übrigens gar keine andere Regelung zu. Denn
Forschungsaufträge fallen unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, und
das garantiert das Grundgesetz. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass die
Hochschulen und die Auftraggeber fürsorglich mit den Ausnahmen umgehen.
Sie finden es legitim, dass Auftragsgeber wie beispielsweise ein
Rüstungsunternehmen wegen einer Geheimhalteklausel nicht genannt werden
müssen?
Ich erwarte von den Hochschulen, dass sie keine Projekte annehmen, bei
denen Rüstungsfirmen ihren Namen nicht nennen wollen. Bei der Regelung geht
es eher um kleine Firmen. Bei großen Firmen gehe ich davon aus, dass der
Name des Auftraggebers in der Veröffentlichung steht.
Bei der Auftragsforschung könnte absolute Transparenz manchmal ein Nachteil
für das Unternehmen sein, einverstanden. Warum aber gibt es Widerstände bei
der Offenlegung anderer Kooperationen, etwa bei Stiftungsprofessuren?
Man muss klar unterscheiden: Ein Forschungsauftrag ist ein Geschäft auf
Gegenseitigkeit, und in diesem Fall kann ich verstehen, dass
Betriebsgeheimnisse gewahrt werden. Bei Stiftungsprofessuren sehe ich das
deutlich anders. Privat finanzierte Professuren können nur dann legitim
sein, wenn Sie keinen Einfluss auf Forschung und Lehre nehmen. Deshalb
wollen wir mit einem Informations- und Transparenzgesetz sicherstellen,
dass künftig auch Kooperationsverträge zu Stiftungsprofessuren
veröffentlicht werden müssen.
Das wäre ein Novum. Als Abgeordnete der Grünen stellten Sie 2011 im Landtag
noch eine Anfrage, die die Landesregierung zur Offenlegung von
Stiftungsverträgen zwischen Hochschulen und Unternehmen zwang. Daraus wurde
ersichtlich, dass Stifter bei Berufungen von Professoren Einfluss nahmen,
etwa indem sie stimmberechtigte Vertreter in die Berufungsgremien
entsendeten? Hat sich daran etwas geändert?
Auch Stiftungsprofessuren können nur im Rahmen der Regelungen des
Hochschulgesetzes besetzt werden. In diesem Rahmen gibt es allerdings
tatsächlich Vereinbarungen zwischen Stiftern und Hochschulen, in denen
festgelegt wird, dass der Auftraggeber mit in der Berufungskommission
sitzt.
Das Informationsfreiheitsgesetz, das künftig Stiftungsverträge offenlegen
soll, haben Sie im Koalitionsvertrag vom Februar 2013 angekündigt. Zwei
Jahre später gibt es noch nicht mal einen Entwurf. Warum?
Für das Gesetz ist das Justizministerium zuständig. Ich weiß aber, dass der
Referentenentwurf in Arbeit ist. Ohne den genauen Termin zu kennen: Das
Transparenzgesetz wird in jedem Fall noch in dieser Legislaturperiode
kommen.
Beim Sponsoring haben Sie staatliche Hochschulen verpflichtet, erhaltene
Leistungen sogleich ins Netz zu stellen. Fast ein Jahr später haben aber
nur 13 der 22 Unis diese Daten veröffentlicht; und für Stiftungshochschulen
gilt die Verordnung nicht. Wie kann das sein?
Ich kann Ihre Zahlen im Moment weder widerlegen noch bestätigen. Uns ist
aber bewusst, dass wir nachbessern müssen. Momentan sind die
Stiftungshochschulen und die Studentenwerke noch von der
Veröffentlichungspflicht ausgenommen. Das ist ein nicht hinnehmbarer
Zustand. Wir diskutieren derzeit, ob wir ein eigenes Antikorruptionsgesetz
einführen. Ich finde, dass im Bereich Sponsoring wirklich alles öffentlich
gemacht werden muss.
Das heißt: Bis zum vereinbarten 31. März 2016 werden sämtliche Daten der
Hochschulen zu Drittmittelverträgen von den Unis selbst veröffentlicht
werden?
So lautet die Verpflichtung in den Zielvereinbarungen.
11 Mar 2015
## AUTOREN
Ralf Pauli
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Transparenz
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