| # taz.de -- Hochschulwatch zu Stiftungsprofessuren: Wem nützt die Wissenschaft? | |
| > Die Online-Plattform Hochschulwatch dokumentiert Kooperationen zwischen | |
| > Wirtschaft und Unis. Diesmal: Die FH Flensburg und die Windkraftfirmen. | |
| Bild: Noch viel zu forschen bei der Windkraft, hier bei Nacht in Altentreptow/M… | |
| BERLIN taz | Am 23. März 2010 unterschrieben die FH Flensburg und sieben | |
| regionale Unternehmen einen Kooperationsvertrag. Darin verpflichteten sich | |
| die Unternehmen, fünf Jahre lang jährlich 145.000 Euro für die neue | |
| Professur Windenergietechnik zu zahlen. Die FH Flensburg steuerte 5.000 | |
| Euro bei und versprach, die Kosten der Professur nach Ablauf der Förderzeit | |
| zu übernehmen. Die Stifter sind allesamt in der Windbranche tätig. | |
| Die Flensburger Professur für Windenergietechnik ist eine von rund 1.000 | |
| Stiftungsprofessuren an deutschen Hochschulen, die auf dem runderneuerten | |
| Portal [1][hochschulwatch.de] aufgelistet sind. Vor zwei Jahren wurde das | |
| Projekt von Transparency International und der taz gestartet, um die | |
| Kooperationen der Wirtschaft mit den Hochschulen auszuleuchten. | |
| Dabei zeigt sich, dass Unternehmen und Stiftungen nicht nur Professuren | |
| stiften, sondern auch Veranstaltungen sponsern, angegliederte Institute | |
| bezuschussen und Professoren mit Forschungsaufträgen bestücken. Wer wo was | |
| bezahlt, kann man auf [2][hochschulwatch.de] sehen. | |
| „Transparenz ist ein hohes Gut der Wissenschaft“, sagt Edda Müller, | |
| Vorsitzende von Transparency International Deutschland. „Wir fordern eine | |
| Veröffentlichungspflicht aller Kooperationsverträge zwischen Wirtschaft und | |
| Wissenschaft sowie regelmäßige Sponsoringberichte aller Hochschulen.“ | |
| ## Die Stifter erwarten eine „enge Kooperation“ | |
| Wie aufschlussreich die Offenlegung solcher Verträge wäre, zeigt ein Blick | |
| in den Kooperationsvertrag der FH Flensburg, der der taz vorliegt. Die | |
| Stifter erwarten von dem künftigen Professor eine „enge Kooperation mit der | |
| Wirtschaft“ und „ein besonderes Engagement in der angewandten Forschung“. | |
| Und schreiben dem Lehrstuhlinhaber deshalb vor, in der Förderperiode nur 9 | |
| statt 18 Semesterwochenstunden lehren zu dürfen. | |
| Auch bei der Verwendung der Gelder diktieren die Stifter: Ein Beirat aus | |
| fachkundigen Mitgliedern „insbesondere aus der Wirtschaft“ – und nicht die | |
| Fakultät – entscheidet über die Verwendung der gestifteten Projektmittel. | |
| Tatsächlich sind alle Stifter und weitere Vertreter der Windbranche im | |
| Beirat vertreten, die FH Flensburg gerade mal mit einem von 16 Sitzen. | |
| Verliert hier eine Hochschule die Selbstbestimmung über Lehre und | |
| Forschung? Torsten Faber ist Inhaber der Windenergietechnik-Professur. Für | |
| ihn ist die enge Zusammenarbeit von Vorteil: „Der Beirat weiß sehr genau, | |
| welche Forschungsthemen für die Wirtschaft relevant sind. Und Projekte | |
| können schnell realisiert werden.“ Faber räumt ein, dass sich das | |
| Beiratsmodell nach einem Eingriff in die Freiheit der Forschung anhört. Es | |
| gebe aber auch Kooperationen mit Unternehmen, die nicht im Beirat vertreten | |
| sind, also mit direkten Konkurrenten der Stifter. | |
| ## Die Zahl der privat finanzierten Lehrstühle hat sich verdoppelt | |
| Jeder fünfte Euro, den die Unis ausgeben, kommt aus der gewerblichen | |
| Wirtschaft, von Stiftungen oder öffentlichen Forschungseinrichtungen. 2012 | |
| nahmen die Hochschulen so 6,8 Milliarden Euro zusätzlich ein. In den | |
| letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der privat finanzierten Lehrstühle | |
| verdoppelt. Dieser Anstieg spiegele die zunehmende Abhängigkeit der | |
| Hochschulen von privaten Geldern wider, sagt Isabella Albert vom | |
| ASten-Dachverband „freier zusammenschluss von studentInnenschaften“ (fzs): | |
| „Ein Studium ist keine Berufsausbildung. Es kann nicht nur die Interessen | |
| eines Unternehmens bedienen. Die Drittmittel an unseren Hochschulen führen | |
| aber genau dazu.“ | |
| Auf [3][hochschulwatch.de] sind mehr als 10.000 Kooperationen zwischen | |
| Stiftungen, Wirtschaft und Hochschulen zu sehen. Ebenfalls neu: Man kann | |
| jetzt gezielt nach den Geldgebern suchen. Mit einem Klick sieht man, in | |
| welchen Hochschulen sich Stiftungen und Unternehmen finanziell engagieren. | |
| Künftig soll auch zu sehen sein, welche Professoren in der Vergangenheit | |
| bei einem Kooperationspartner gearbeitet haben. | |
| Vor seiner Anstellung als Professor war Torsten Faber Abteilungsleiter für | |
| Rotorblätter und Bautechnik beim Germanischen Lloyd – einer der Firmen, die | |
| jetzt seinen Lehrstuhl finanziert. Derzeit gibt es am Institut ein | |
| Forschungsprojekt mit Fabers früherem Arbeitgeber. Für Faber ist das kein | |
| Konflikt. | |
| 20 Feb 2015 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://hochschulwatch.de | |
| [2] http://hochschulwatch.de | |
| [3] http://hochschulwatch.de | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Pauli | |
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