| # taz.de -- Stifterverband über Hochschulwatch: „Viel mehr Kooperationen“ | |
| > Der Stifterverband sieht den Einfluss der Wirtschaft in Hochschulen | |
| > schwinden. Dennoch sei mehr Transparenz unnötig, meint Generalsekretär | |
| > Schlüter. | |
| Bild: Der Bayer-Konzern unterstützt die Uni Köln mit einem sechstelligen Betr… | |
| taz: Herr Schlüter, wie wichtig sind Hochschulen derzeit als Partner für | |
| Unternehmen? | |
| Andreas Schlüter: Sehr wichtig. Noch wichtiger sind allerdings die | |
| außeruniversitären Forschungsinstitute, wie die Fraunhofer-Institute. Die | |
| Hochschulen müssen aufpassen, da nicht abgekoppelt zu werden. | |
| Das Volumen der Drittmittel, die von Unternehmen und deren Stiftungen an | |
| Hochschulen fließen, hat sich seit 2000 verdoppelt. Über die Hälfte der | |
| Unternehmen pflegt Kontakte zu Hochschulen. Sie beklagen, das sei zu wenig? | |
| Ich beklage nicht, dass es zu wenig sei, ich weise nur darauf hin, dass die | |
| Drittmittel insgesamt überproportional gewachsen sind, der Anteil, der von | |
| Unternehmen und Stiftungen kommt, dagegen unterproportional wächst. Im | |
| Ergebnis geht der Einfluss der Wirtschaft damit seit Jahren zurück. | |
| Deshalb: Ja, die Kooperationen von Hochschulen mit Unternehmen sollten | |
| steigen, es sollte mehr Raum für solche geben. | |
| Welche Hindernisse sehen Sie derzeit? | |
| Ein wichtiger einschränkender Faktor ist, dass die Drittmittel eine | |
| Größenordnung erreicht haben, die Hochschulen überfordert. Sie haben gar | |
| nicht mehr die Infrastruktur, noch mehr Drittmittel einzuwerben. | |
| Geht es bei der Kooperation von Hochschulen mit Unternehmen ausreichend | |
| transparent zu? | |
| Ich denke ja. Hochschulen sollten über ihre Drittmittel berichten, da | |
| sollte es eine öffentliche Transparenz geben. | |
| Was sollten Hochschulen veröffentlichen? | |
| Die Höhe der Beträge, die von Unternehmen in Stiftungsprofessuren fließen, | |
| da spricht aus meiner Sicht nichts dagegen. Was die Inhalte von | |
| Forschungskooperationen angeht, wird es sensibel. | |
| "Zweck und Inhalt der Förderung muss für die Öffentlichkeit erkennbar und | |
| nachvollziehbar sein", heißt es in den Empfehlungen des Stifterverbandes | |
| für Stiftungsprofessuren. Ist das so? | |
| Stiftungsprofessuren sind etwas anderes als Kooperationen. Aber auf unsere | |
| Stiftungsprofessuren trifft das auf jeden Fall zu. | |
| Wie viele sind das? | |
| Der Stifterverband betreut aktuell etwa 100 Professuren, 450 waren es seit | |
| Beginn des Programms. | |
| Insgesamt gibt es derzeit etwa 1.000 Professuren von Unternehmen oder | |
| unternehmensnahen Stiftungen. Sie kennen also nur einen kleinen Ausschnitt. | |
| Nicht einmal die Hälfte der Stiftungsprofessuren wird von Unternehmen | |
| finanziert, und die meisten Stiftungen sind unternehmensunabhänig, viele | |
| sogar staatlich finanziert. Richtig ist, dass wir keine empirischen Daten | |
| erheben, ob die Stifter den Empfehlungen folgen. Wir gehen aber davon aus, | |
| dass sich die Beteiligten an vereinbarte Regeln halten. | |
| Und wer kontrolliert das? | |
| Stiftungsprofessuren und Kooperationen sind an einem Institut angesiedelt. | |
| Dieses nimmt die Fachaufsicht wahr. Die Institute sind wiederum dem | |
| Rektorat und dem Hochschulrat rechenschaftspflichtig und diese dem | |
| Ministerium. | |
| Den Empfehlungen Ihres Verbands zufolge sollen die Stifter keinen Einfluss | |
| auf Forschung und Lehre nehmen. Warum sitzen dann Stifter in | |
| Berufungskommissionen? | |
| In der Regel haben diese kein Stimmrecht. | |
| Doch, das gibt es. So entsenden die Hannoverschen Versicherungsunternehmen | |
| ein stimmberechtigtes Mitglied in die Berufungskommission für eine | |
| gestiftete Mathematik-Professur an der Uni Hannover. Es gibt noch weitere | |
| Beispiele in Niedersachsen, wie eine Anfrage der Grünen aus dem Jahre 2011 | |
| zeigt. | |
| Ich spekuliere nicht über Einzelfälle. Wenn die Hochschulen sich | |
| entscheiden, externe Mitglieder in ihre Berufungskommissionen aufzunehmen, | |
| so ist das deren Entscheidung. Dies geschieht ja auf Basis klarer | |
| rechtlicher Regeln, den Landeshochschulgesetzen, die für die Öffentlichkeit | |
| eine größere Transparenz über die Berufungen an Hochschulen schaffen | |
| sollten. Wenn Ministerien solche Freiräume eröffnen, dann aus guten | |
| Gründen. | |
| Niedersachsens Wissenschaftsministerin hat angekündigt, künftig auch die | |
| Verträge über neue Stiftungsprofessuren zu veröffentlichen. Wie bewerten | |
| Sie das? | |
| Für Stiftungsprofessuren sollten die gleichen Transparenzregeln gelten wie | |
| für öffentliche Professuren. Aber man sollte aufpassen, dass man das Kind | |
| nicht mit dem Bade ausschüttet. Wenn künftig Verträge von | |
| Forschungskooperationen veröffentlicht werden, kann das zur Folge haben, | |
| dass Aufträge unterbleiben. Schon die Frage, woran geforscht wird, wird zum | |
| Teil vertraulich behandelt, weil eine Veröffentlichung Wettbewerbsnachteile | |
| zur Folge hätte. | |
| Ist das eine Befürchtung oder kennen Sie konkrete Beispiele, wo | |
| Forschungskooperationen zurückgezogen wurden, weil die Hochschule sie | |
| öffentlich machen wollte? | |
| Konkrete Beispiele kenne ich nicht, aber die Unternehmen haben sich in | |
| dieser Frage eindeutig positioniert. | |
| Reichen ansonsten Selbstverpflichtungen, oder bedarf es stärkerer | |
| gesetzlicher Kontrollen? | |
| Ich denke, die bisherigen Regelungen reichen aus. | |
| Das Portal Hochschulwatch.de halten Sie für überflüssig. Warum? | |
| Ich denke, es ist wichtig auf die Kooperationen zwischen Hochschulen und | |
| Wirtschaft von außen draufzuschauen. Aber über die Fachaufsicht und die | |
| systemimmanenten Kontrollmechanismen hinaus braucht man keine zusätzliche | |
| öffentliche Kontrollinstanz. Zudem ist Hochschulwatch handwerklich schlecht | |
| gemacht, es gab eine Menge Fehlinformationen, da wurde etwa der | |
| Volkswagen-Konzern mit der Volkswagen-Stiftung gleichgesetzt. | |
| Das ist längst richtiggestellt. Hat sich Ihre Kritik damit erledigt? | |
| Generell ist öffentliche Transparenz richtig und gut. Ich stoße mich | |
| allerdings daran, dass das ganze System unter Generalverdacht gestellt | |
| wird, so, als ob Drittmittel aus der Wirtschaft per se verwerflich sind, | |
| wie es Hochschulwatch suggeriert. Es sollte nicht weniger, sondern viel | |
| mehr Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft geben. | |
| 26 Mar 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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