# taz.de -- CDU im Bremen-Wahlkampf: Eine ratlose Partei | |
> Die CDU möchte in Bremen endlich wieder mitregieren. Aber wozu? Das kann | |
> sie nicht erklären. Selbst ihre Spitzenkandidatin ist nur dritte Wahl. | |
Bild: Kanzlerin Merkel guckt in die Ferne, denn in Bremen scheint nicht viel zu… | |
BREMEN taz | In Bremen machen sich viele Sorgen um die CDU. Manchmal hinter | |
vorgehaltener Hand, manchmal ganz offen. Sogar in der Linkspartei. In der | |
CDU selbst ist das natürlich anders. Dort behaupten sie tapfer, dass sie | |
wieder Regierungsverantwortung übernehmen wollen. Und eine „reelle Chance“ | |
darauf haben. | |
Seit 2007 regiert Rot-Grün in Bremen, seit 1945 stellt die SPD den | |
Bürgermeister, der anderswo Ministerpräsident heißt. Und nichts deutet | |
darauf hin, dass sich daran nach der Wahl etwas ändert. „Es gibt noch keine | |
große Wechselstimmung“, konstatiert selbst der CDU-Landesvorsitzende Jörg | |
Kastendiek. | |
Bei der letzten Landtagswahl kam die CDU mühsam auf 20 Prozent der Stimmen | |
– ihr schlechtestes Wahlergebnis seit über 50 Jahren. Sogar die Grünen, und | |
das tat der CDU richtig weh, waren besser. Zum Vergleich: 1999 war die CDU | |
noch doppelt so stark gewesen. Seither ging es schrittweise bergab. Wenn | |
Kastendiek jetzt also „25 plus X“ Prozent der Stimmen als Wahlziel vorgibt, | |
ist das ziemlich ambitioniert. | |
Diese Ambitionen hochhalten muss Elisabeth Motschmann, 62, geborene | |
Baronesse von Düsterlohe. Vor über 30 Jahren war sie im Bundesvorstand der | |
ultrarechten „Konservativen Aktion“, in den Achtzigern machte sie als | |
Antipodin der feministischen Theologie von sich reden. Im Alter ist sie | |
milder geworden. Derzeit sitzt sie im Bundestag, weil die Bremer CDU 2013 | |
dringend einen Nachfolger für Übervater Bernd Neumann brauchte, den | |
Exkulturstaatsminister. | |
## Nur ein Halbtagsparlament | |
Motschmann zur Spitzenkandidatin auszurufen, das hätte ein kluger Schachzug | |
der CDU sein können, eine Ansage gleichermaßen an die AfD wie die SPD, die | |
Frauen seit eh und je erfolgreich von Spitzenämtern fernhält. Doch nun ist | |
sie diejenige, die übrig geblieben ist, die es machen muss, weil andere in | |
der CDU nicht durften, nicht mehrheitsfähig waren, nicht wollten: | |
Parteichef Kastendiek etwa oder Fraktionschef Thomas Röwekamp, der starke | |
Mann der Bremer CDU. | |
Der vertrieb nach der letzten Landtagswahl die damalige Spitzenkandidatin | |
aus der Stadt und der CDU und konzentrierte sich anschließend darauf, seine | |
Karriere als Rechtsanwalt voranzubringen; Bremen hat ja nur ein | |
Halbtagsparlament. Ob Motschmann auch nach Wahl in Bremen bleibt, ließ sie | |
offen. | |
Um scharfe Worte gegen den rot-grünen Senat ist die CDU nicht verlegen. Um | |
eigene Ideen schon eher. „Vieles geht besser“ stand auf einem ihrer ersten | |
Wahlplakate, das, ohne Parteilogo, für [1][neuesvertrauen.de] warb. Auch | |
„Tatort Bremen – Nur noch im TV“ ist derzeit überall plakatiert. Eine der | |
konkreteren Forderungen der CDU ist die nach 100 neue LehrerInnen. | |
Öffentliches Aufsehen damit erregt hat aber eher die Onlinepetition der | |
Mutter einer Gymnasiastin. Die Bremer CDU ist kaum kampagnenfähig, und als | |
sie jüngst ein TV-Duell mit Bürgermeister Jens Böhrnsen einforderte, ließ | |
der sie nur müde abblitzen. | |
## Wachsende Armut | |
Geht es um die Kernfragen der bremischen Landespolitik, also die Bekämpfung | |
der wachsenden Armut, die Sanierung des Haushaltes und die Neuregelung des | |
Länderfinanzausgleichs, fällt auch der CDU wenig ein. Sieht man mal davon | |
ab, dass sie den autofreien Sonntag abschaffen und in den ersten 100 Tagen | |
ihrer Regierung 100 neue Grundstücke für Familienhäuser ausweisen will, | |
damit mehr Leute nach Bremen ziehen und hier Steuern zahlen statt in | |
Niedersachsen. | |
Außerdem will sie die Investitionsquote wieder erhöhen und damit an die | |
zwölf rot-schwarzen Jahre vor 2007 anknüpfen, in denen Bremen viel Geld für | |
Projekte ausgab, die später teuer gerettet oder abgewickelt werden mussten. | |
Immerhin sind einige der CDU-Forderungen kostenneutral, etwa die nach einer | |
„Richtlinienkompetenz“ für den Bürgermeister oder jene nach | |
„Drogenverbotszonen“, in denen der „jedweder“ Besitz von Haschisch | |
strafrechtlich verfolgt wird, also auch, wenn es um Eigenbedarf geht. | |
Der Chef des Bremer Weser-Kuriers schrieb jüngst, man müsse der CDU eine | |
„krachende Niederlage“ wünschen – wenn man es gut mit ihr meint! Der Par… | |
fehlt vor allem eine Machtoption. Weil Schwarz-Grün schon rein rechnerisch | |
stets aussichtslos war, bleibt der CDU nur die Hoffnung, dass die SPD sie | |
wieder als Juniorpartner auswählt. Anzeichen dafür gibt es keine. | |
29 Apr 2015 | |
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## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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