# taz.de -- Politische Bildung: Jugend hat die Wahl | |
> Zum zweiten Mal wird die Bremer Bürgerschaft auch von 16-Jährigen | |
> gewählt. Um deren Beteiligung zu stärken wird viel versucht. | |
Bild: Junge Wähler wissen wie's geht. | |
BREMEN taz | Obwohl sich die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre aller | |
Unkenrufe zum Trotz bewährt hat, ist das Thema kein Selbstläufer. Im | |
Gegenteil: „Ich glaube, es ist diesmal schwieriger“, sagt Sebastian | |
Ellinghaus, stellvertretender Direktor der Landeszentrale für politische | |
Bildung. Vor vier Jahren war das Wählen ab 16 die große Neuerung, Bremen | |
war bundesweit Vorreiter, es gab Berichte darüber in allen Medien. | |
Inzwischen haben andere Länder nachgezogen. Beim zweiten Mal ist die | |
Aufmerksamkeit geringer. | |
Dabei versucht man mit allen verfügbaren Mitteln die Jugendlichen dazu zu | |
bringen, ihr Mitbestimmungsrecht wahrzunehmen: Schon traditionell nehmen | |
Bremens Schulen fast flächendeckend an der sogenannten Juniorwahl teil. Man | |
hat Indizien dafür ermittelt, dass diese simulierte auch die reale | |
Wahlbeteiligung steigert. 14.800 SchülerInnen ab der achten Klasse erreiche | |
man diesmal: „Bremen sticht da immer heraus“, sagt Gerald Wolf vom | |
Juniorwahl-Veranstalter, dem Berliner Kumulus-Verein. „Bei jeder Wahl gibt | |
es dort mit Abstand die höchsten Teilnahmequoten.“ Dass Bremer Jugendliche | |
gut vorbereitet sind, hatte die Wahl vor vier Jahren gezeigt: Die | |
Erstwählerinnen war die Gruppe mit der geringsten Zahl ungültiger Stimmen. | |
Für den Bremer Jugendring ist die Wahl ein Anlass Grundsätzlicheres zu | |
behandeln: Am kommenden Montag werden Jugendliche am Osterdeich mit | |
Abgeordneten über Leistungsdruck diskutieren. Dafür haben sie | |
Straßeninterviews geführt und in den sozialen Netzwerken herumgefragt. Den | |
Ergebnissen sollen sich die WahlkämpferInnen stellen. | |
Viele Veranstaltungen des Jugendrings finden in Schulen statt, wo sie | |
offenbar eine große Ausnahme vom Unterrichtsbetrieb sind. „Die Lehrer sind | |
immer dankbar, wenn wir kommen“, sagt Geschäftsführer Nikolai Goldschmidt. | |
Politischer Bildung werde im Lehrplan immer geringere Bedeutung | |
beigemessen. „Da interessiert nur, was für die Arbeitswelt vermeintlich | |
wichtiger ist“, sagt Goldschmidt. Der Wahlkampf ist also nicht nur für die | |
PolitikerInnen, sondern auch für die Jugendlichen eine Chance mit ihren | |
Themen an die Öffentlichkeit zu gehen. | |
Grundsätzlich empfindet Ellinghaus von der Landeszentrale für politische | |
Bildung das punktuelle öffentliche Interesse an der Mitbestimmung | |
Jugendlicher als zweischneidig: „Klar sind das die Regeln des | |
Mediengeschäfts“, sagt er – aber vom Standpunkt politischer Bildung her | |
müsse es eben darum gehen, jenseits der Wahltermine das Interesse | |
wachzuhalten. „Wir müssen da Kontinuität reinbringen.“ | |
Das Problem der Wahlbeteiligung sei zudem allgemeiner: „Es fehlt der Wahl | |
an kontroversen Themen“, sagt Ellinghaus, „da reagieren Jugendliche genauso | |
wie Erwachsene“ – die Wahlbeteiligung sinke. | |
Spannender macht’s vielleicht, wenn auch jüngere PolitikerInnen auftreten. | |
Auf der „It’s your choice“-Tour etwa haben VertreterInnen von | |
Partei-Jugendorganisationen diskutiert – und sich gezofft. Veranstalter | |
André Mücke erklärt: „Die sind noch nicht so im Betrieb aufgegangen, die | |
hauen auch mal unabgestimmtere Sätze raus.“ Und das, weiß er, „kommt bei | |
Jugendlichen gut an“. | |
24 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
Benno Schirrmeister | |
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