# taz.de -- Einzelkandidaten im Wahlkampf: Mein Haus, mein Auto, mein Mandat | |
> Deutlich mehr Einzel-KandidatInnen als 2011 kämpfen um einen Platz in der | |
> Bürgerschaft – teils mit tausenden Euros. „Lobby Control“ fordert mehr | |
> Transparenz. | |
Bild: Der Fokus ist klar: Ein Mandat soll es sein. Das kostet eben | |
BREMEN taz | Individuelle Wahlkampfsongs, ganzseitige Zeitungsanzeigen, | |
Wahlplakate zum selbst Beschriften, Hausbesuche, Freibierpartys – | |
wesentlich mehr als vor vier Jahren lebt der Kampf um die WählerInnen für | |
die [1][Bürgerschaftswahl in Bremen am Sonntag] von der Konkurrenz | |
einzelner KandidatInnen. Schnell können es mehrere tausend Euro werden, die | |
in die Eigenvermarktung investiert werden. | |
Dabei ist – anders als in Frankreich – der Etat für den Wahlkampf in | |
Deutschland grundsätzlich nicht gesetzlich begrenzt. Auch müssen einzelne | |
KandidatInnen die Herkunft ihrer Aufwendungen später nicht wie Parteien in | |
eigenen Rechenschaftsberichten offenlegen. Wer viel geerbt hat, kann in | |
Werbung buttern und erhöht damit die Chance auf ein Bürgerschaftsmandat. | |
Ein Schritt in Richtung Plutokratie? | |
Timo Lange von der Nichtregierungsorganisation „[2][Lobby Control]“ hält | |
mehr Transparenz bei den EinzelkandidatInnen für geboten. „Es wäre | |
sinnvoll, wenn die Öffentlichkeit schneller und mehr darüber informiert | |
werden würden, woher deren Geld kommt“, so Lange. Für Bundestagsabgeordnete | |
fordert seine NGO eine Pflicht zur Veröffentlichung von Spenden ab 2.000 | |
Euro – und nicht erst ab 10.000 Euro. „In einem kleinen Land wie Bremen | |
können geringe Beträge einen entsprechend größeren Einfluss haben“, so | |
Lange. | |
Welche Auswirkungen das [3][neu eingeführte Personenwahlrecht] haben kann, | |
wurde 2011 nicht nur vielen WählerInnen erst nach der Stimmauszählung | |
richtig klar: Der Grüne Jan Saffe etwa rückte mit gerade mal 1.065 | |
Einzelstimmen nach und war darüber selbst ganz überrascht. | |
Zwar haben sich auch zur aktuellen Wahl alle Parteien auf einen fairen | |
Umgang unter den eigenen KandidatInnen geeinigt, doch mehr denn je scheren | |
KandidatInnen aus den Reihen. Alle haben ihre [4][Schöngeister.] | |
Gern gesehen ist das in keiner Partei. Besonders kritisch sieht man das in | |
der Linkspartei. „Wir wollen ausdrücklich nicht, dass private Mittel für | |
den Wahlkampf eingesetzt werden“, so Landessprecherin Doris Achelwilm. | |
„Alles andere wäre eine Ungleichbehandlung zwischen denen, die es sich | |
leisten könnten und denen, die wenig Geld haben.“ Das personalisierte | |
Wahlkampf-Material würde komplett von der Partei gestellt. Die Debatte über | |
die hohe Wahlkampf-Etats mancher KandidatInnen müsse geführt werden. | |
Für Heiko Strohmann, Landesgeschäftsführer der [5][CDU], überwiegen die | |
positiven Effekte. „Früher fehlte bei vielen das persönliche Engagement. | |
Jetzt ist ein Bewusstsein entstanden, dass man vielleicht nur 300 Leute | |
braucht, die einen wählen“, so Strohmann. | |
Für den Wahlkampf hätten die Christdemokraten einen Ehrenkodex aufgestellt, | |
niemand soll mit persönlichen Plakaten und alle nur in ihrem persönlichen | |
Umfeld werben. Eine Absprache zur Höhe der persönlichen Etats gebe es | |
nicht. Den Einfluss, den Privatvermögen auf den Wahlkampf haben können, | |
sieht auch Strohmann kritisch, hält dies aber bislang eher für ein | |
„virtuelles Problem“. Allerdings verweist er auf Bremerhaven, wo etwa die | |
DVU, von Millionär Gerhard Frey gesponsert, einst den Einzug in die | |
Bürgerschaft schaffte. | |
Dass allerdings nicht nur die Menge an Wahlwerbung über den Einzug in den | |
Bürgerschaft entscheidet, ergab eine [6][Studie vom Juli 2012 am Institut | |
für Politikwissenschaft der Uni Bremen. Jan-Hendrik Kamlage] wertete darin | |
die Wahlkampfstrategien der EinzelkandidatInnen aus und schreibt: „Der | |
erfolgreiche Personenwahlkampf der befragten Kandidaten beruhte in den | |
meisten Fällen auf direkter Kommunikation mit den Wählern.“ | |
4 May 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Inklusive-Demokratie/!157176/ | |
[2] http://www.lobbycontrol.de/ | |
[3] /Juergen-Wayand-uebers-Stimmenzaehlen/!157808/ | |
[4] /Glosse-Ego-Shooter/!159108/ | |
[5] /CDU-im-Bremen-Wahlkampf/!159066/ | |
[6] http://www.awapp.uni-bremen.de/wp-content/uploads/2013/04/burgerschaftskand… | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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