| # taz.de -- Wahlkampf: „Noch keine Wechselstimmung“ | |
| > "Vieles geht besser": Der Landesvorsitzende der CDU über Wohnungen in | |
| > Brokhuchting, den Soli, die eigene Verantwortung und das Schattenboxen. | |
| Bild: Die CDU, wie sie sich selbst sieht: Was wichtig ist, bleibt im Dunkeln. J… | |
| taz: Haben Sie wirklich keinen Bock auf den Wahlkampf, Herr Kastendiek? | |
| Jörg Kastendiek: Wie kommen Sie darauf? | |
| Der überall plakatierte Slogan „Vieles geht besser“ beispielsweise wirkt | |
| recht lustlos. | |
| Sie müssen die Kampagne am Ende des Wahlkampfs beurteilen. Ich bin | |
| überzeugt, dass Sie dann sagen werden: Wow! | |
| Glauben Sie wirklich, dass Sie nach der Wahl eine reelle Chance auf eine | |
| Regierungsbeteiligung haben? | |
| Sonst würden wir nicht antreten. | |
| Sie müssen das sagen! | |
| Wir machen hier kein Schattenboxen. Ich bin davon überzeugt, dass Bremen | |
| eine Veränderung benötigt. Warten wir mal ab, wie die Wahl ausgeht! Wir | |
| kämpfen dafür, dass wir ein starkes Ergebnis bekommen. | |
| In der Stadt kann man bislang keine Wechselstimmung wahrnehmen. Und die SPD | |
| regiert lieber mit den Grünen weiter. | |
| Ich bin davon überzeugt, dass die Unzufriedenheit in der Stadt über diese | |
| Regierung groß ist und wächst. Richtig ist, dass noch keine große | |
| Wechselstimmung da ist – aber dafür gibt es ja den Wahlkampf. | |
| Der Chefredakteur des Weser-Kurier schrieb: Meint man es gut mit der CDU, | |
| wünscht man ihr eine krachende Niederlage. | |
| Davon lassen wir uns nicht beirren. Unser Wahlziel sind 25 plus X Prozent | |
| der Stimmen. Außerdem wollen wir wieder zweitstärkste politische Kraft | |
| werden – und Regierungsverantwortung übernehmen. | |
| Was nutzt es, etwas besser abgeschnitten zu haben als die Grünen, wenn man | |
| nicht regiert? | |
| Natürlich wird man dann anders wahrgenommen und hat mehr parlamentarische | |
| Möglichkeiten, zum Beispiel in Ausschüssen. Das hat massive Konsequenzen – | |
| auch wenn wir Oppositionspartei bleiben sollten, wovon ich nicht ausgehe. | |
| Aber warum wollen Sie unbedingt Juniorpartner der SPD werden, wenn die so | |
| schlechte Politik macht, wie Sie sagen? | |
| Im Augenblick gibt es nur die Aussage, dass wir Regierungsverantwortung | |
| übernehmen wollen. Mit wem das dann im Falle des Falles möglich ist, wird | |
| sich nach der Wahl zeigen. | |
| Sie betonen stets, wie wichtig die Finanzpolitik ist. Warum gibt es dann so | |
| wenig Anträge von Ihnen dazu? | |
| Die erste Aufgabe der Opposition ist es, auf Fehlentwicklungen der | |
| Regierung hinzuweisen. Und das tun wir. Aber man muss feststellen, dass | |
| viele finanzpolitische Themen auf die Zeit nach der Wahl vertagt werden. | |
| Und anders als Rot-Grün haben wir uns schon zum Länderfinanzausgleich | |
| positioniert. | |
| Gerade an diesem Punkt ist Bremen von anderen abhängig. Die Frage ist doch: | |
| Was würden Sie in Bremen anders machen? | |
| Wir müssen die Einnahmen erhöhen. Denken Sie zum Beispiel an die Ausweisung | |
| von Wohnungsbaugebieten, etwa in Brokhuchting. Wenn man Bremens Steuerkraft | |
| stärken will, muss man dafür sorgen, dass Menschen nach Bremen ziehen, hier | |
| Steuern zahlen. | |
| Bringen uns Wohnungen in Brokhuchting wirklich weiter? | |
| Sie müssen viele kleine Maßnahmen auf den Weg bringen. | |
| Welche Maßnahmen? | |
| Strukturelle Maßnahmen, durch die dauerhaft mehr Geld eingenommen wird. | |
| Auch auf der Ausgabenseite gibt es Potential: Beim Klinikum Bremen-Mitte | |
| wurden einfach mal 100 Millionen Euro mehr ausgegeben, politisch motiviert | |
| durch falsche Entscheidungen am Anfang des Projektes. | |
| Um zu diesem Schluss zu kommen, haben Sie einen parlamentarischen | |
| Untersuchungsausschuss inszeniert, der viel Geld gekostet und wenig | |
| Erkenntnisse gebracht hat. | |
| Das sehe ich anders. Es ist nicht gottgegeben, wie Rot-Grün vermitteln | |
| will, dass Großprojekte länger dauern und teurer werden. Das ist Quatsch. | |
| Die Risiken, die es gab, hat die grüne Finanzsenatorin ignoriert. Und der | |
| Generalplaner hätte viel früher rausgeworfen werden müssen. | |
| Was viel Geld gekostet hätte. | |
| Das ist nicht bewiesen. Rot-Grün muss für dieses Desaster die Verantwortung | |
| übernehmen. | |
| Zurück zum Länderfinanzausgleich. Was kann Bremen da für Bremen erreichen? | |
| Es kann nicht angehen, das es sich nicht in den Steuereinnahmen | |
| niederschlägt, dass Bremen ein wirtschaftsstarker Standort mit | |
| erfolgreichen Unternehmen ist. Jetzt muss man abwarten, was der | |
| Bürgermeister da hinbekommt. | |
| Aber wie wollen Sie den Länderfinanzausgleich neu regeln? | |
| Die Mittel müssen anders zwischen den Ländern verteilt werden. Ich würde | |
| versuchen, Kombattanten in den anderen Bundesländern zu finden. Das schafft | |
| Herr Böhrnsen nicht, wie ich so höre. Und natürlich wollen Bund und Länder | |
| auch Eigenanstrengungen Bremens bei der Haushaltskonsolidierung sehen. | |
| Wer sind diese Kombattanten? | |
| Ich würde eine andere Gesprächsebene zu den anderen Ministerpräsidenten | |
| wählen, ganz unabhängig von der Partei. Olaf Scholz aus Hamburg lässt | |
| seinen Parteifreund Böhrnsen aber im Regen stehen. | |
| Wie soll eine Altschuldenregelung aussehen? | |
| Die Zinslasten könnten durch den Solidarzuschlag übernommen werden, die | |
| Länder müssten dann die Schulden abtragen. | |
| Aus der CDU kommt aber die Idee, den Soli abzubauen. | |
| Diese Debatte gibt es. Klar ist, Bremen benötigt Unterstützung bei der | |
| Bewältigung der Altschulden. | |
| Als die CDU noch mitregierte, wurden 500 Millionen Euro wegen eines | |
| wertlosen Kanzlerbriefs in den Haushalt eingestellt. Vom CDU-Finanzsenator. | |
| Den Kanzlerbrief ist das, was Henning Scherf (SPD) herausgehandelt hat und | |
| dem CDU-Finanzsenator dann mit auf den Weg gegeben hat. | |
| Jetzt fordern Sie mehr Lehrer, mehr Polizisten. Wie passt das mit der | |
| Forderung zusammen, es muss mehr gespart werden? | |
| 30 Prozent unserer öffentlichen Ausgaben werden dazu verwendet, dass wir | |
| uns selbst verwalten. Da muss man auch an die Strukturen ran. Hier kann man | |
| durch Einsparungen Spielraum schaffen, um solche Maßnahmen zu finanzieren. | |
| Auf einem Wahlplakat heißt es: „Das ist Rot-Grün. Letzter in Bildung“. | |
| Reichen mehr Lehrer? | |
| Das kann schon viel bringen, wenn man sich den massiven Unterrichtsausfall | |
| anschaut. Mit Blick auf die Verlässlichkeit der Schulstrukturen wäre man | |
| gut beraten, nicht weiter zu Lasten des durchgängigen Gymnasiums | |
| Bildungspolitik zu betreiben. Das entspricht nicht dem Geist des | |
| Schulkonsenses. Es geht aber auch um die Frage, wann man mit frühkindlicher | |
| Bildung beginnt. Das schließt sich auch der Bogen zu Armutsbekämpfung – | |
| einem zentralen Thema von Rot-Grün. Da sind sie völlig gescheitert. Und | |
| nirgendwo hängt der Schulerfolg so sehr von Einkommen der Eltern ab wie in | |
| Bremen. | |
| Die Spaltung zwischen Arm und Reich wächst schon seit Langem. | |
| Unter Rot-Grün verfestigt sie sich. Die Zahl der Beschäftigten wächst – | |
| trotzdem beträgt der Anteil der Langzeitarbeitslosen in Bremen über 40 | |
| Prozent. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 30 Prozent. Da muss man mehr Wert | |
| auf die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt legen. Da muss man aber auch | |
| an den Strukturen in den Schulen ansetzen. Die Kinder hier sind doch nicht | |
| blöder als die in Niedersachsen. Trotzdem wird über die Hälfte der Plätze | |
| für Azubis von Niedersachsen besetzt. | |
| Dabei werden die doch auch rot-grün regiert! | |
| Aber erst seit Kurzem. | |
| Schadet es Ihnen, dass sich Elisabeth Motschmann nicht festlegen will, ob | |
| sie nach der Wahl in Bremen bleibt? | |
| Sie kämpft dafür, dem nächsten Senat anzugehören und steht für führende | |
| Aufgaben in der nächsten Legislaturperiode zur Verfügung. Das ist eine | |
| klare Aussage. | |
| Weniger klar war ihre Nominierung. Sie wurde gefragt, weil sonst keiner | |
| wollte oder durfte. | |
| Das hätte besser laufen können, da muss man nicht drumherumreden. Das ist | |
| meine Verantwortung, ganz klar. | |
| 29 Mar 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
| ## TAGS | |
| Länderfinanzausgleich | |
| Elisabeth Motschmann | |
| Bürgerschaftswahl | |
| CDU Bremen | |
| FDP | |
| Bremen | |
| Jens Böhrnsen | |
| Hamburg | |
| Wahlkampf | |
| Bremen | |
| Sicherheitsgefühl | |
| Elisabeth Motschmann | |
| Bremen | |
| Bürgerschaftswahl | |
| Bremen | |
| Bremen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| FDP zur Bremer Bürgerschaftswahl: Die Verpackung entscheidet | |
| Die FDP wird wohl auf Bremens politische Bühne zurückkehren. Dank einer | |
| externen Spitzenkandidatin wirken dieselbe, alten Inhalte plötzlich | |
| anziehend. | |
| Einzelkandidaten im Wahlkampf: Mein Haus, mein Auto, mein Mandat | |
| Deutlich mehr Einzel-KandidatInnen als 2011 kämpfen um einen Platz in der | |
| Bürgerschaft – teils mit tausenden Euros. „Lobby Control“ fordert mehr | |
| Transparenz. | |
| Wahl in Bremen: Der nette Herr Böhrnsen | |
| Bürgermeister Jens Böhrnsen wünscht sich die Schulden weg, hört geduldig zu | |
| und knallt die Hacken nur selten zusammen. Er möchte weiterregieren. | |
| Kommentar Rot-Grün in Hamburg: Grüne Mehrheitsbeschaffer | |
| Rot-Grün in Hamburg steht. Ob Elbvertiefung, Stadtbahn oder | |
| Flüchtlingspolitik – kaum eine ihrer Forderungen konnten die Grünen | |
| durchsetzen. | |
| Die "Weiter so"-Politik der SPD: „Wir werden kämpfen müssen“ | |
| SPD-Chef Dieter Reinken über Machtdemonstration, die Schuldenbremse, eine | |
| Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft und fehlende Wohnungsnot. | |
| Aufrüstung im Wahlkampf: Frau Motschmanns Freunde | |
| Eine Abordnung der Bundes-CDU besucht die Bremer Waffenproduktion – ein | |
| Bekenntnis zu einer Branche mit prekärem Image. | |
| Kommentar: CDU für Bremen ohne Ideen: Eine unscharfe Vision | |
| Mit ihrem Wahlprogramm beweist die CDU nur, dass ihr zu Bremen nichts | |
| einfällt, was über Zündeleien im Kapitel Innere Sicherheit hinausginge. | |
| Bürgerschaftswahl 2015: Man muss nur wollen | |
| Die CDU legt ihren Programmentwurf für die Bürgerschaftswahl vor. Sie | |
| möchte Schulden abbauen, das Personal in Schulen und bei der Polizei | |
| aufstocken und Ängste ernst nehmen | |
| Streit um Klinikum Mitte: CDU nutzt Bauskandal | |
| Ein neues Gutachten bestätigt ein altes – die CDU fordert die Entlassung | |
| des „Generalplaners“. | |
| Staatsrat im Klinik-Ausschuss: Der erste Zeuge | |
| Beim Untersuchungsausschuss zur Kostensteigerung und Bauverzögerung des | |
| Teilersatz-Neubaus am Klinikum-Mitte begann die Beweisaufnahme. Eintritt | |
| frei. | |
| Bremer Bürgerschaftswahl im Mai 2015: Eine hält den Kopf hin | |
| Beinahe hätte die CDU ohne Spitzenkraft in die Bürgerschaftswahl im Mai | |
| 2015 ziehen müssen. Jetzt macht's Elisabeth Motschmann - und stellt | |
| Bedingungen. | |
| Klinikum Bremen Mitte: Krankenhaus-Ausschuss Nr. 2 | |
| Der Untersuchungsausschuss zum Klinikneubau ist eingesetzt – gegen die | |
| Stimmen der Linken, Rot-Grün enthielt sich. Kosten wird er mindestens | |
| 850.000 Euro. | |
| Hohe Baukosten: Eine Bühne für die CDU | |
| CDU und Bürger in Wut beantragen einen Untersuchungsausschuss zur | |
| Aufklärung der Probleme beim Klinik-Neubau. |