# taz.de -- Aufrüstung im Wahlkampf: Frau Motschmanns Freunde | |
> Eine Abordnung der Bundes-CDU besucht die Bremer Waffenproduktion – ein | |
> Bekenntnis zu einer Branche mit prekärem Image. | |
Bild: Klare Kante zeigt in Sachen Waffen nur das Stadtamt. | |
BREMEN taz | Wahlkampf sollte es erklärtermaßen nicht sein, als | |
CDU-Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann mit 20 ihrer KollegInnen aus dem | |
Bundestag auf Bustour zu Bremer Rüstungsgrößen ging: Rheinmetall Defence | |
Electronics (RDE), die Weltraum- und Verteidigungssparte von Airbus und die | |
Lürssen-Werft standen am Freitag auf dem Programm. In Wahlkampfzeiten ist | |
so ein Besuch bemerkenswert: Waffenhändler zählen nicht zu den ausgemachten | |
Sympathieträgern. | |
Für den Auftakt bei RDE gilt das gleich verschärft. Schließlich hat das | |
Unternehmen doch gerade erst im Dezember ein Bußgeld von 37 Millionen Euro | |
zahlen müssen – wegen der Bestechung griechischer Beamter, die ihren | |
Staatshaushalt auch mit Rüstungsausgaben an das Bremer Unternehmen | |
ruinierten. Das allerdings, sagt Motschmann, sei beim Besuch „kein Thema“ | |
gewesen. Man habe sich stattdessen einen Hubschrauber-Simulator zeigen | |
lassen. | |
Motschmann kümmert sich aber auch um die großen Fragen: So lange es die | |
Bundeswehr gebe, müsse sie bestmöglich ausgerüstet sein. Das Problem mit | |
der Ideologie von der Truppe mit deutscher Wertarbeit im Holster ist nur, | |
dass sie längst ein Auslaufmodell ist. Die Bundeswehr wird immer kleiner, | |
der Rüstungsetat schrumpft mit. Und weil die Unternehmen dann eben doch dem | |
Profit und nicht dem Standort verpflichtet sind, gilt: Was hier keinen | |
Abnehmer findet, wird exportiert. Deutschland ist in Sachen Waffenexporte | |
weltweit die Nummer Drei. | |
Auf den stützt sich auch die Lürssen-Werft in Vegesack, wo Motschmanns | |
nächster Gastgeber seine umstrittenen Lieferungen an Saudi Arabien | |
herstellt – schwerbewaffnete Patrouillenboote für einen Staat, der sich um | |
Menschenrechte wenig kümmert. Henning Otte, der verteidigungspolitische | |
Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, spricht nicht von militärischen | |
Patrouillen-, sondern über „Küstenschutzboote“ für den Antiterrorkampf. | |
Über Rüstungsexporte entscheidet der Sicherheitsrat in Berlin geheim. | |
Trotzdem waren die Lürssen-Boote auch schon mal kurz Thema der | |
Bürgerschaft. Anfang 2013 scheiterte die Linke mit ihrem Antrag, Lürssen | |
keine politische Unterstützung zukommen zu lassen, solange die arabische | |
Halbinsel „von deutschen Waffen geflutet“ werde. Die CDU hatte ihrerseits | |
ein „klares Bekenntnis zu Lürssen“ gefordert. | |
Und um Bekenntnisse ging es nun auch hier. Denn obwohl Motschmann betont, | |
dass kein „militärisches Gerät wegen der Arbeitsplätze“ gebaut werde, | |
sprach sie dann doch hauptsächlich von ihnen: Einschließlich der Zulieferer | |
arbeiten rund 315.000 Deutsche für die Rüstungsindustrie. Ob sie nicht auch | |
in zivilen Projekten der Unternehmen Beschäftigung fänden, ist freilich | |
nicht gesagt. | |
Es ist die Argumentation der Branche, die Motschmann hier übernimmt. | |
Zumindest klingt es nicht so, als hätte Yachtbauer und Waffenlobbyist | |
Friedrich Lürßen bei der Reisegruppe noch viel Überzeugungsarbeit zu | |
leisten. Der Unternehmer ist im Vorstand des „Bundesverbands der Deutschen | |
Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“ (BDSV) aktiv – einer | |
einflussreichen Lobby-Gruppe. | |
„Ich wünschte, dass es möglich wäre, Frieden ohne Waffen zu schaffen“, | |
sagte Motschmann – aber da sei ja nun der Islamische Staat. Und der | |
Konflikt um die Ukraine. Wobei sie hier eigentlich doch eher auf eine | |
Lösung hofft, „die ohne militärische Ausrüstung aus dem Westen auskommt“. | |
Dafür wäre es im vergangenen Jahr beinahe zu spät gewesen. Da wollte | |
Rheinmetall, die Muttergesellschaft von RDE, noch ein | |
Gefechtssimulationszentrum bauen – für die russische Seite. Und trotz der | |
seit März verhängten Sanktionen. | |
Erst im August ist es Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) | |
gelungen, die weitere Auslieferung zu stoppen. Menschenleben seien | |
wichtiger als Arbeitsplätze, hatte er gesagt. Motschmann kritisierte | |
Gabriels Bearbeitungsstopp von Exportanträgen als Verunsicherung der | |
Branche. Mit solchen Fragen beschäftigt sich Motschmann in Berlin. Und | |
Bremen – „Bremen kann eigentlich nur froh sein, solche Unternehmen zu | |
haben“, so die CDU-Spitzenkandidatin der Bürgerschaftswahl im Mai. | |
Der rot-grüne Senat mache diesen Firmen „das Leben unnötig schwer“, ließ | |
sich Motschmann auf Nachfrage dann doch noch zu etwas Wahlkampf hinreißen: | |
„Die Zivilklausel lehne ich ab.“ Mit der, vor 30 Jahren beschlossen, | |
verspricht die Uni, die Finger von militärischer Forschung zu lassen. Das | |
neue Hochschulgesetz, über das die Bürgerschaft am Mittwoch debattiert | |
hatte, soll diese Beschränkung auf alle Hochschulen des Landes erweitern | |
und für sie verbindlich machen. „Das wollen wir nicht“, sagte Motschmann �… | |
„da haben Sie doch mal eine klare Trennung zur SPD.“ | |
22 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
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Hätte. |