# taz.de -- Soldatinnen an der Bremer Hochschule: Studier, was wirklich zählt | |
> Trotz Zivilklausel kooperiert die Bundeswehr mit der Hochschule. Kein | |
> Problem, findet Rot-Grün: Sie ist ja Friedensarmee und habe keinen | |
> Einfluss auf die Inhalte | |
Bild: Blöd, wenn man dann im Hörsaal plötzlich neben lauter Soldatinnen sitz… | |
Bremen taz | Der Studiengang Fraueninformatik an der Hochschule Bremen | |
beschäftigte nun auch die Bürgerschaft. Der Grund dafür: Eine umstrittene | |
Kooperation mit der Bundeswehr. KritikerInnen sehen in ihr einen Verstoß | |
gegen die Zivilklausel. 10 Studentinnen sollen ab dem kommenden | |
Wintersemester den dualen Studiengang besuchen. Das lässt sich die | |
Bundeswehr kosten: Laut dem Kooperationsvertrag zahlt sie 250 Euro für | |
jeden Studienplatz pro Monat an die Hochschule. | |
„Wie kann die Bundeswehr an eine Hochschule gehen, an der es eine | |
Zivilklausel gibt?“, fragt Miriam Strunge, wissenschaftspolitische | |
Sprecherin der Linksfraktion. Es sei eindeutig, dass die Bundeswehr nicht | |
friedlich ist. Somit verfolge das duale Studium von Informatikerinnen an | |
der Hochschule militärische Zwecke. In ihrem Antrag fordert daher die | |
Linksfraktion, dass sich die Bürgerschaft gegen die Bundeswehr-Kooperation | |
ausspricht. | |
Die Senatorin für Wissenschaft, Eva Quante Brandt (SPD), verteidigte vor | |
dem Landtag die Kooperation. „Ich halte die Zivilklausel für richtig“, | |
betonte sie in der Debatte. Dennoch gelte die Hochschulautonomie: Die | |
Bundeswehr, so Quante-Brandt, habe keinen Einfluss auf die Inhalte des | |
Studiums. Sie schlug in der Debatte eine Kommission an der Hochschule vor, | |
welche die Einhaltung der Klausel sichern sollte. | |
Ganz so scharf scheint die Trennung zwischen Geldgeber und Studieninhalten | |
indes nicht zu sein. So sieht der Kooperationsvertrag zwischen der | |
Hochschule und der Bundeswehr vor, dass „die jeweiligen Belange der | |
Vertragspartner Berücksichtigung zu finden haben“ – und zwar in der | |
„zeitlichen und thematischen Aufteilung“ des Studienverlaufsplans, also | |
sowohl in der Form als auch im Inhalt. | |
Der Vorgang ist ein erster Belastungstest für die Zivilklausel im | |
bremischen Hochschulgesetz: Die ist darin seit 2015 verankert, und ihr | |
zufolge dürfen Lehre und Forschung „ausschließlich friedliche Zwecke | |
verfolgen“. Bereits im Mai wurde der Kooperationsvertrag zum dualen | |
Studiengang von der Hochschule und Bundeswehr unterzeichnet. Erst | |
vergangene Woche wurden Details des Vertrags öffentlich. | |
Besonders brisant ist, dass der Studiengang, der eingerichtet wurde, um dem | |
radikalen Männerüberhang in der zukunftsträchtigen IT-Branche etwas | |
entgegenzusetzen, ohne die Drittmittel der Bundeswehr große Schwierigkeiten | |
hätte zu überleben: Strategisch geschickt werden damit friedens- und | |
genderpolitische Ziele gegeneinander in Stellung gebracht. | |
Die Studierenden der Hochschule stellen sich dabei mit großer Mehrheit | |
gegen den Bundeswehr-Studiengang. „Für uns ist das ein absolutes Unding“, | |
erklärt ein Sprecher des Hochschul-Asta. Er betont: „Mit der Bundeswehr als | |
Kooperationspartner ist kein Frieden möglich.“ Auch in Hinblick auf die | |
„Diskussion um Bundeswehreinsätze im Inneren“ sei die Zusammenarbeit | |
kritisch und nicht vereinbar mit der Zivilklausel. | |
„Wir werden nicht aufhören, dagegen zu protestieren“, heißt es seitens des | |
Asta. Derzeit nehme ein Arbeitskreis gegen die Bundeswehr-Kooperation die | |
Arbeit auf. Im neuen Semester sollen dann Veranstaltungen folgen. Bereits | |
im April machten die Studierenden ihren Unmut deutlich, bei einer Blockade | |
des akademischen Senats. Die hochschulinterne Kritik an dem dualen | |
Studiengang wurde vom Rektorat jedoch übergangen. | |
Die Abhängigkeit von Drittmitteln nennt der Asta einen „fatalen Umstand“. | |
Um sie zu beenden, muss nach seiner Auffassung eine auskömmliche staatliche | |
Finanzierung der Hochschule sichergestellt werden. | |
Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung | |
(Fiff) erkennt in der Kooperation ein System: „Wir sehen einen direkten | |
Zusammenhang zwischen der verstärkten Präsenz des Militärs in zivilen | |
Bildungseinrichtungen und den Plänen der Bundesregierung, einen neuen | |
militärischen Organisationsbereich für den Cyber- und Informationsraum | |
aufzustellen“, erklärt Hans-Jörg Kreowski. | |
Er ist Vorstandsmitglied des Fiff und Professor an der Uni Bremen. Die | |
Bemühungen der Bundeswehr stellen „für sich genommen bereits eine äußerst | |
problematische Entwicklung im weltweiten Rüstungswettlauf“ dar, so | |
Kreowski. Seit März wirbt die Bundeswehr vermehrt für das „Projekt Digitale | |
Kräfte“. | |
Eine solche Kooperation ist kein Einzelfall. Bundesweit bietet die | |
Bundeswehr 63 Studiengänge an. An zivilen Hochschulen und an zwei | |
Bundeswehr-Unis. Der Bremer Friedensaktivist Rudolph Bauer fordert, „dass | |
die gesetzliche Vorgabe ernst genommen wird“. „So etwas wie pazifistische | |
Sensibilität und eine militarismuskritische Grundhaltung würden vollauf | |
genügen, um derlei Kumpanei auszuschließen“, sagt er. | |
27 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Jannik Sohn | |
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