# taz.de -- Asta gegen Hochschule Bremen: Das Transpi des Anstoßes | |
> Ohne Erfolg blieb eine Klage des AStA gegen die Hochschule Bremen. Es | |
> ging um ein Protestplakat, im Kern aber um Meinungsfreiheit und die | |
> Zivilklausel | |
Bild: Protestaktion vor dem Verwaltungsgericht Bremen. Rechts: das Corpus Delic… | |
BREMEN taz | Das ging schnell: Einschließlich Urteilsspruch und -begründung | |
dauerte das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht am Freitag nur gut eine | |
Stunde. Geklagt hatte der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der | |
Hochschule gegen sein Rektorat – erfolglos: Die Klage wurde abgewiesen. | |
Der Grund für sie liegt fast vier Jahre zurück: Damals, im Oktober 2016, | |
hatte der Asta ein großes Plakat an der Fassade der Hochschule angebracht, | |
darauf stand, weiß auf tarnfarben und über dem Logo von Hochschule und | |
Bundeswehr: „Wir bilden zum Töten aus“. Die Studierenden protestierten | |
damit gegen zehn Plätze im Internationalen Frauenstudiengang Informatik für | |
Studentinnen der Bundeswehr – in ihren Augen ein klarer Verstoß gegen die | |
[1][Zivilklausel]. | |
Die Hochschule sah das anders: Es nähmen schließlich bloß angehende | |
Beamtinnen der Bundeswehrverwaltung an dem Studiengang teil, argumentierte | |
die Rektorin – und fand die satirische Anlehnung des Asta an eine damalige | |
Werbekampagne der Bundeswehr gar nicht witzig. Das Rektorat störte sich vor | |
allem am Hochschul- und Bundeswehr-Logo – und verlangte, das Plakat | |
unverzüglich abzunehmen. | |
Der Asta gehorchte, aber damit war das Thema nicht erledigt, denn Monate | |
später sollte es erneut aufgehängt werden, aber auch das wurde, diesmal | |
unter Androhung von Zwangsgeld, [2][vom Rektorat unterbunden.] Im Keller | |
verstauben musste das Transparent dennoch nicht: Es wanderte an die Uni und | |
an die Hochschule für Künste (HfK) und hing dort in nun modifizierter Form: | |
Über dem Logo der Hochschule stand nun in roten Lettern: „Zensiert.“ Das | |
Bundeswehr-Logo blieb, wie es war, „und die Bundeswehr hat sich nicht daran | |
gestört“, so der Asta-Anwalt Anatol Anuschewski. | |
## Keine inhaltlichen Debatten über die Zivilklausel | |
Anders hingegen soll sie sich gegenüber der Hochschule verhalten haben, | |
behauptet deren Justitiar: Sie habe mit rechtlichen Schritten gedroht, | |
sollte das Transparent nicht verschwinden. „Anstatt zu erwidern: Wendet | |
euch an den Asta, der ist Urheber des Plakats, nicht wir, hat sich | |
Hochschule eindeutig positioniert – und zwar gegen ihre Studierenden“, | |
sagte Anuschewski. | |
Und genau hier liegt das Kernproblem, das sagt auch die ehemalige | |
Asta-Sprecherin Paulina Schade: „Das Rektorat hatte kein Interesse an einem | |
Diskurs – wäre es anders gewesen, hätten wir keine Klage einreichen | |
müssen.“ | |
Inhaltliche Debatten darüber, argumentierte auch Anuschewski vor Gericht, | |
was mit der Zivilklausel vereinbar sei und was nicht, würden nicht | |
zugelassen: „Darüber entscheidet einzig das Rektorat.“ Die Hochschule müs… | |
sich angesichts dessen nicht wundern, wenn der Asta als Form der | |
Meinungsäußerung solch ein Transparent wähle: „Einen anderen Rahmen bietet | |
sie ja nicht.“ Und mit der Aufforderung, das Plakat wieder abzuhängen, habe | |
sie den Asta in seiner Meinungsfreiheit beschnitten. | |
Kein Einzelfall: Nur kurze Zeit später, ebenfalls 2017, forderte das | |
Rektorat erneut, [3][ein Plakat zu entfernen]. Diesmal ging es weder um die | |
Hochschule noch um die Bundeswehr. Das Transparent rief lediglich zu einer | |
Demonstration gegen einen AfD-Parteitag auf. „Damals bekamen wir Besuch vom | |
BIW-Mitglied Martin Korol, der sich über das Plakat aufgeregt hatte. Er | |
erzählte uns, ihm sei vom Rektorat versichert worden, dass es die Wegnahme | |
des Transpis veranlasst hat“, berichtet Schade. Auch hier habe sich das | |
Rektorat gegen seine Studierenden gerichtet. | |
Vor Gericht ging es freilich nur um das Bundeswehr-Plakat und die Frage: | |
Durfte die Hochschule dem Asta vorschreiben, es abzunehmen? Ja, lautete das | |
Urteil. Die Hochschule verbiete weder das Plakatieren an einem eigens an | |
der Hochschule dafür vorgehaltenen Platz noch die freie Meinungsäußerung | |
über die Zivilklausel oder andere Themen noch das Plakatieren an der | |
Fassade; hier stehe es lediglich unter Genehmigungsvorbehalt, | |
festgeschrieben in der Hausordnung. Damit folgte es der Auffassung, die die | |
Hochschule bereits im Vorfeld der Verhandlung geäußert hatte. | |
## Androhung von Zwangsgeld unzulässig | |
Unzulässig, so das Urteil, sei aber die Androhung von Zwangsgeld gewesen, | |
weil sich in den entsprechenden Bescheiden keine Ermessenserwägungen | |
befunden hätten. Richtig, räumte der Hochschul-Justitiar auch ein und | |
ergänzte: „Wir wollten damit halt Druck ausüben.“ | |
Paulina Schade fühlt sich dadurch bestätigt: „Auch das zeigt deutlich, dass | |
ein Dialog nie erwünscht war.“ Sie ist nicht unzufrieden mit dem Ausgang | |
der Verhandlung: „Ich freue mich, dass sich auch die nachfolgenden Asten | |
bis heute solidarisch zeigen, denn das Thema ist ja nicht vom Tisch.“ Damit | |
meint sie das Verhältnis zum Rektorat, aber vor allem die Zivilklausel: | |
Denn bis heute gibt es kein sowohl von der Hochschule als auch von der Uni | |
unabhängiges Gremium, das entscheidet, ob gegen sie verstoßen wird oder | |
nicht. „Die Zivilklausel ist nichts als ein Papiertiger“, sagt Schade. | |
Auch deswegen wurde das Transparent des Anstoßes im Anschluss an die | |
Verhandlung erneut aufgehängt: an der Hochschule – für Künste. | |
13 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hs-bremen.de/internet/de/hsb/zivilklausel/ | |
[2] /Bundeswehr-kritisiert-AStA-in-Bremen/!5429481&s=zivilklausel+bremen/ | |
[3] /Archiv-Suche/!5467772&s=zivilklausel+bremen&SuchRahmen=Print/ | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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