# taz.de -- SPD auf Distanz in Geheimdienst-Affäre: Kanzleramt hat „kläglic… | |
> SPD-Generalsekretärin Fahimi kritisiert offen Kanzlerin Merkel. | |
> Grünen-Chef Hofreiter sekundiert: Dem Kanzleramt sei die Kontrolle über | |
> den BND entglitten. | |
Bild: SPD-Generalsekretärin Fahimi will den Untersuchungsauftrag des NSA-Aussc… | |
BERLIN afp | In der Affäre um mutmaßliche Spähaktionen des | |
US-Geheimdienstes NSA und seine Unterstützung durch den | |
Bundesnachrichtendienst (BND) geht die SPD zunehmend auf Distanz zum | |
Kanzleramt. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte am Sonntagabend in der ARD | |
umfassende Aufklärung. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte | |
[1][Spiegel Online am Montag], nachdem das Kanzleramt bei der Aufsicht des | |
BND „kläglich versagt“ habe, müsse sich womöglich der | |
NSA-Untersuchungsausschuss damit befassen. | |
Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, dass sich der BND von den USA unter | |
anderem auch für Wirtschaftsspionage habe einspannen lassen, „dann wäre das | |
eine völlig neue Qualität“, sagte Vize-Kanzler Gabriel im Bericht aus | |
Berlin der ARD. Es sei „offensichtlich“ so, dass der BND ein Eigenleben | |
führe. Dies sei „skandalös“ und müsse beendet werden, forderte der | |
Bundeswirtschaftsminister. | |
Hintergrund der Affäre sind die vor ein paar Tagen öffentlich bekannt | |
gewordenen [2][mutmaßlichen Spähaktionen der NSA mit Hilfe des BND] | |
([3][taz-Kommentar]). Nach Informationen des Spiegel lieferte die NSA über | |
Jahre hinweg sogenannte Selektoren an den BND. Dabei handelte es sich unter | |
anderem um Handynummern oder Internet-IP-Adressen, die dann vom BND zur | |
Überwachung in verschiedenen Weltregionen eingespeist worden seien. | |
Offenbar suchte die NSA gezielt nach Informationen etwa über den | |
Rüstungskonzern EADS, über Eurocopter oder über französische Behörden. | |
Das Kanzleramt soll bereits 2008 vom BND über NSA-Spähaktionen informiert | |
worden sein, wie die Bild am Sonntag berichtete. Ein Regierungssprecher | |
erklärte dazu, dass das Kanzleramt die in dem Bericht aufgeführten | |
Unterlagen vergangenes Jahr dem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur | |
Verfügung gestellt habe. | |
## Fahimi: „Kanzleramt hat kläglich versagt“ | |
Die Bild berichtete am Montag, das Bundeskanzleramt habe spätestens seit | |
2008 gewusst, dass die NSA den Konzern EADS und die Tochterfirma Eurocopter | |
ausspähen wollte. „Man hat damals gesagt: 'Wir brauchen die Informationen | |
der Amerikaner, so läuft es nun mal, wir wollen die Zusammenarbeit nicht | |
gefährden'“, zitierte die Bild einen Beteiligten. Es sei unwahrscheinlich | |
und „höchst unüblich, wenn der Chef des Kanzleramts über so einen Vorgang | |
nicht informiert worden wäre“, zitierte die Zeitung einen | |
Untersuchungsausschuss-Insider. | |
„Die jüngsten Enthüllungen in der NSA-Affäre legen nahe, dass das | |
Kanzleramt bei der Aufsicht des Bundesnachrichtendienstes kläglich versagt | |
hat“, sagte die SPD-Generalsekretärin Fahimi Spiegel Online. „Wir sollten | |
dringend prüfen, ob der Untersuchungsauftrag des NSA-Ausschusses ausgedehnt | |
werden muss“, sagte Fahimi. | |
„Hier deutet sich eine Weiterung der Affäre an, die möglicherweise zu einem | |
handfesten Problem des Kanzleramtes wird“, sagte auch der innenpolitische | |
Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, laut Spiegel Online. | |
## Hofreiter: „Verantwortung wird verschleiert“ | |
Der Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, sagte der Passauer Neuen | |
Presse (Montagsausgabe), die „Verantwortung des Kanzleramts und von Frau | |
Merkel“ in der Spionage-Affäre solle verschleiert werden. „Frau Merkel tut | |
wieder einmal so, als ob sie selbst mit dem Handeln des Kanzleramts nichts | |
zu tun hätte“, kritisierte Hofreiter. Er forderte, der damals zuständige | |
Kanzleramtsminister und heutige Bundesinnenminister Thomas de Maizière, | |
Ronald Pofalla als dessen Nachfolger sowie der amtierende | |
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (alle CDU) sollten vor dem | |
NSA-Untersuchungsausschuss ins Kreuzverhör genommen werden. | |
„Frau Merkel und ihren jeweiligen Kanzleramtsministern ist offensichtlich | |
die Kontrolle über den BND entglitten“, sagte Hofreiter der PNP. „Schlimmer | |
noch: Sie haben es ganz bewusst ignoriert oder sogar verschleiert.“ Die | |
Kanzlerin müsse sich „an ihrer Aussage messen lassen, dass Ausspähen unter | |
Freunden gar nicht geht.“ | |
Der frühere Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Peter Schaar, sagte | |
der Neuen Osnabrücker Zeitung (Montagsausgabe), schon jetzt sei deutlich, | |
dass die datenschutzrechtlichen und parlamentarischen Mechanismen zur | |
Kontrolle der Geheimdienste „endlich verbessert werden“ müssten. | |
27 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bnd-affaere-spd-fordert-erklaerun… | |
[2] /NSA-Tricks-vor-Jahren-von-BND-gemeldet/!158903/ | |
[3] /Kommentar-BND/NSA-Affaere/!158904/ | |
## TAGS | |
SPD | |
Anton Hofreiter | |
Sigmar Gabriel | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Yasmin Fahimi | |
NSA-Untersuchungsausschuss | |
NSA-Affäre | |
BND | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Edward Snowden | |
Thomas de Maizière | |
Kanzleramt | |
NSA-Affäre | |
USA | |
de-cix | |
Wirtschaftsspionage | |
Bundesanwaltschaft | |
NSA | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Essay BND und NSA: Eine grauenhafte Allianz | |
Mit einer Reform der Geheimdienste ist es nicht getan. Denn: Geheimdienste | |
und Demokratie sind nicht miteinander vereinbar. | |
Innenminister und BND-Affäre: Nichts Gutes zu sagen | |
Er sucht die Vorwärtsverteidigung – doch diese verfängt nicht. In der | |
BND-Affäre steht Bundesinnenminister Thomas de Maizière massiv unter Druck. | |
BND-Affäre: Piraten wollen Anzeige erstatten | |
In der BND-Spionageaffäre wollen die Piraten in NRW Beamte im Kanzleramt | |
anzeigen. Indes erhöht die SPD weiter den Druck auf das Amt. | |
Kommentar BND-Affäre: Das ist Chefinsache | |
In der BND-Affäre werden die Namen möglicher Bauernopfer sortiert. Das darf | |
nicht blind machen: Verantwortlich ist Angela Merkel. | |
NSA und BND: Eine Beziehung mit Knacks | |
Die Beziehung zwischen BND und NSA gerät aus den Fugen. Nun hat die Affäre | |
die Spitze des Bundeskanzleramts erreicht. | |
Kommentar BND/NSA-Affäre: Opfer oder Mittäter? | |
Die Rolle des BND in der Spionageaffäre ist unklar. Und die der | |
Bundesregierung auch. Es könnte in dem Fall noch einige Überraschungen | |
geben. | |
NSA-Tricks vor Jahren von BND gemeldet: Die Regierung wusste Bescheid | |
Die Bundesregierung war seit Jahren über Versuche der NSA informiert, den | |
Bundesnachrichtendienst zur Wirtschaftsspionage zu benutzen. | |
Spionage-Affäre von BND und NSA: Licht, auf der Suche nach Licht | |
Der NSA-Ausschuss des Bundestags will die neue Spionage-Affäre gemeinsam | |
mit der Bundesanwaltschaft aufklären. Die Linke fordert den Rücktritt des | |
BND-Chefs. | |
Neuer BND-Skandal: Einfach mitgemacht? | |
Jahrelang soll der BND für die NSA in Europa spioniert haben. Und das | |
Bundeskanzleramt will davon nichts erfahren haben. Angeblich. |