# taz.de -- Neuer BND-Skandal: Einfach mitgemacht? | |
> Jahrelang soll der BND für die NSA in Europa spioniert haben. Und das | |
> Bundeskanzleramt will davon nichts erfahren haben. Angeblich. | |
Bild: Gilt nicht für die NSA: Warnhinweise an der BND-Baustelle in Berlin. | |
BERLIN taz | Der deutschen Bundesregierung steht ein neuer | |
Geheimdienstskandal ins Haus. Und wenn der Bericht stimmt, den Spiegel | |
Online [1][am Donnerstag veröffentlicht hat], so dürften bald im | |
Bundeskanzleramt und im Bundesnachrichtendienst auch personelle | |
Konsequenzen folgen. | |
Demzufolge soll der deutsche Auslandsgeheimdienst BND über Jahre aktiv | |
daran beteiligt gewesen sein, gemeinsam mit der NSA innereuropäische Ziele | |
auszuspionieren – darunter das europäische Rüstungsunternehmen EADS, | |
französische Behörden und womöglich sogar europäische Politiker. | |
Hintergrund sind gemeinsame Spionagetätigkeiten zwischen dem BND und dem | |
insbesondere für internationale Kommunikationsüberwachung zuständigen | |
US-Geheimdienst NSA. Dieser liefert dem Bundesnachrichtendienst unter | |
anderem sogenannte „Selektoren“, die der BND in sein weltweites | |
Überwachungsnetz einspeist und für seine Spionagetätigkeit benutzt. | |
Bei solchen Selektoren handelt es sich beispielsweise um IP-Adressen oder | |
Handynummern, mit deren Hilfe die Geheimdienste die Kommunikation | |
bestimmter Zielpersonen oder Institutionen gezielt in Angriff nehmen | |
können. Die Ergebnisse aus der Überwachung gehen dann auch zurück an die | |
NSA. | |
Laut Bericht des Nachrichtenmagazins speiste die NSA dabei auch Selektoren | |
ein, die europäische Unternehmen und Institutionen ins Visier nahmen und | |
weder mit dem Aufgabenprofil des BND zu tun hatten noch vom gemeinsamen | |
Anti-Terror-Auftrag gedeckt waren. Merkten die deutschen Agenten also | |
nicht, dass sie sich für den US-Dienst direkt in den Dienst | |
innereuropäischer Spähaktionen stellten? | |
## 40.000 Selektoren? | |
Oder taten sie es gar wissentlich? Das Pikante: Obwohl BND-Mitarbeitern die | |
Praxis spätestens 2008 aufgefallen sein soll, zog der BND offenbar keine | |
Konsequenzen. Auch das Kanzleramt, das die Rechtsaufsicht über den | |
Nachrichtendienst hat, erfuhr – angeblich – nichts davon. | |
So sollen die Selektoren erstmals nach den Snowden-Enthüllungen 2013 | |
überhaupt systematisch betrachtet worden sein. Doch auch nachdem | |
schließlich rund 2.000 fragwürdige Selektoren gefunden wurden, soll | |
angeblich nicht das Kanzleramt informiert worden sein, sondern lediglich | |
eine Bitte von BND an NSA ergangen sein, die Praxis künftig zu unterlassen. | |
Eine neue Prüfung im Zusammenhang mit der Arbeit des eingerichteten | |
NSA-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag ergab nun, dass nicht nur | |
2.000, sondern gar 40.000 solcher auftrags- und rechtswidriger Selektoren | |
in das Spionagenetz des BND eingeschleust wurden. Demnach beteiligte sich | |
der BND offenbar in großem Stil daran, innereuropäische Spionage zu | |
betreiben. | |
Bundeskanzleramtschef Peter Altmaier hatte am Mittwochabend die Mitglieder | |
des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das die BND-Arbeit kontrollieren | |
soll, und die Mitglieder [2][des NSA-Untersuchungsausschusses] informiert. | |
Der NSA-Untersuchungsauschuss, der am Donnerstagnachmittag planmäßig den | |
früheren BND-Chef Ernst Uhrlau befragen wollte, unterbrach seine Sitzung | |
kurz nach der Spiegel-Veröffentlichung. | |
Zahlreiche Bundespolitiker reagierten empört auf bekannt gewordenen | |
Details. Für den Nachmittag wurden Vertreter des Bundeskanzleramts beim | |
NSA-Untersuchungsausschuss erwartet, um Stellung zu den neuen Details zu | |
beziehen. | |
23 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ueberwachung-neue-spionageaffaere… | |
[2] /!t13474/ | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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