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# taz.de -- Innenminister und BND-Affäre: Nichts Gutes zu sagen
> Er sucht die Vorwärtsverteidigung – doch diese verfängt nicht. In der
> BND-Affäre steht Bundesinnenminister Thomas de Maizière massiv unter
> Druck.
Bild: Lieber nicht den Kopf hin halten: Die Füße links im Bild gehören Thoma…
BERLIN taz | Er versucht es ja, er versucht sich zu verteidigen. Doch wie
bitte sollte er damit voran kommen? In der Affäre um die Zusammenarbeit des
Bundesnachrichtendienstes mit der NSA steht der frühere Kanzleramtschef und
heutige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) massiv unter Druck. Der
Verdacht: Sein Ministerium und damit die Bundesregierung könnte das
Parlament mehrfach belogen haben.
Hintergrund sind parlamentarische Anfragen der Opposition, die die
Bundesregierung in der Vergangenheit wiederholt danach gefragt haben, ob
diese Kenntnisse über mögliche Wirtschaftsspionage durch den
US-Geheimdienst NSA habe. Die Antwort war stets die gleiche: Nein, schrieb
die Bundesregierung, es lägen keinerlei Erkenntnisse auf eine „angebliche
Wirtschaftsspionage“ seitens der NSA vor.
Das war schon immer eine gewagte Formulierung, denn spätestens seit dem
Jahr 2013 hatte es immer wieder Medienberichte über die Spionagetätigkeit
der NSA in Europa gegeben - unter anderem darüber, dass der US-Dienst auch
und gerade Interesse an für ihn interessanten Unternehmensgeheimnissen
hatte. Die Argumentation der Bundesregierung war also schon seit langem: So
weit, so komisch.
Halten lässt sich die Behauptung aber kaum noch seit in der vergangenen
Woche bekannt wurde, dass der Bundesnachrichtendienst selbst schon 2008
darauf gestoßen war, dass die NSA über gemeinsame Spionagenetzwerke genau
dies versucht hatte. Spätestens 2010, so räumte die Bundesregierung
schließlich ein, sei sie darüber auch seitens des BND in Kenntnis gesetzt
worden. De Maizière war von 2006 bis 2010 Kanzleramtsminister und damit
auch zuständig für die Kontrolle des Bundesnachrichtendienstes.
Ob er selbst persönlich im Bilde war, ist noch nicht geklärt. Jedenfalls
musste die Bundesregierung aus eigener Erkenntnis wissen, dass nicht nur
der Verdacht, sondern wohl auch der Beweis der Wirtschaftsspionage durch
die NSA in Europa gegeben war. In ihren Antworten auf die Kleinen Anfragen
aus dem Parlament bestritt sie dies aber. Erst durch das beharrliche
Nachhaken des NSA-Untersuchungsausschusses kamen diese Details nun ans
Licht.
## Rücktritt gefordert
Die Vorwürfe sind gravierend, weil das Auskunftsrecht der Mitglieder des
Deutschen Bundestages besonderen Stellenwert genießt. Die Bundesregierung
ist zur wahrheitsgemäßen Antwort verpflichtet. Linkspartei-Politikerin
Sahra Wagenkneckt forderte daraufhin am Mittwoch den Rücktritt von
Innenminister de Maizière. Der ging daraufhin in die Vorwärtsverteidigung
und kündigte an, dass er vollumfänglich zur Aufklärung beitragen wolle und
auf eine baldige Vorladung vor den NSA-Untersuchungsausschuss hoffe.
In einer Stellungnahme verkündete er blumig, dass die Geheimhaltungspflicht
ihm dabei aber zu seinem eigenen Bedauern enge Grenzen setze. Zwar wies de
Maizière die Anschuldigungen gelogen zu haben zurück, inhaltlich äußerte er
sich jedoch nicht.
Nun darf die Öffentlichkeit gespannt sein, wie die Bundesregierung sich aus
dieser Situation herauswinden möchte. Zwar kündigte Regierungssprecher
Seibert an, dass alte Erkenntnisse nun neu zu bewerten und auch die
Antworten der Bundesregierung daraufhin zu überprüfen seien, aber dass die
Bundesregierung bei weitem nicht so dämlich war und sein durfte, wie sie
sich selbst nun bevorzugt darstellt – das ist ja gerade der Kern dieser
Affäre, die womöglich gerade erst am Beginn ihrer Aufklärung steht.
29 Apr 2015
## AUTOREN
Martin Kaul
## TAGS
Thomas de Maizière
Bundesregierung
NSA-Skandal
BND-Affäre
Geheimdienst
Schwerpunkt Angela Merkel
Edward Snowden
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