# taz.de -- Spionage-Affäre von BND und NSA: Licht, auf der Suche nach Licht | |
> Der NSA-Ausschuss des Bundestags will die neue Spionage-Affäre gemeinsam | |
> mit der Bundesanwaltschaft aufklären. Die Linke fordert den Rücktritt des | |
> BND-Chefs. | |
Bild: BND-Chef Gerhard Schindler gerät unter Druck. | |
HALLE/KARLSRUHE/BERLIN afp/dpa | Zur Aufklärung der neuen Spionage-Affäre | |
von BND und NSA will der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags eng mit | |
der Bundesanwaltschaft zusammenarbeiten. Der Generalbundesanwalt habe | |
Akteneinsicht in die Protokolle des Untersuchungsausschusses erbeten, sagte | |
dessen Vorsitzender Patrick Sensburg am Freitag im ARD-Morgenmagazin. „Wir | |
werden ihm das natürlich gewähren, weil wir ein gemeinsames Interesse | |
haben, die Sachverhalte aufzuklären.“ | |
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass der BND für den US-Geheimdienst | |
NSA gezielt die Kommunikation europäischer Unternehmen und Politiker | |
ausgehorcht haben soll. Sensburg sagte in dem Interview, der | |
Generalbundesanwalt sei in die Affäre eingeschaltet: „Der | |
Generalbundesanwalt ermittelt.“ Dies wurde jedoch von der | |
Bundesanwaltschaft umgehend dementiert. | |
Eine Sprecherin sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Behörde habe | |
aufgrund von Medienberichten über Aktivitäten britischer und | |
US-amerikanischer Nachrichtendienste in Deutschland im Juni 2013 einen | |
„Prüfvorgang“ angelegt. „Mit Blick auf eine umfassende | |
Sachverhaltsaufklärung beabsichtigt sie, im Rahmen dieses Prüfvorgangs auch | |
die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages | |
einzubeziehen.“ Die Sprecherin betonte zugleich: „Ein Zusammenhang zu den | |
aktuell gegen den Bundesnachrichtendienst erhobenen Vorwürfen besteht | |
nicht.“ | |
Von der Spionage sollen unter anderem der Rüstungskonzern EADS, der | |
Hubschrauberhersteller Eurocopter und französische Behörden betroffen sein. | |
Die Bundesregierung forderte vom BND volle Aufklärung. Bei dem Dienst seien | |
„technische und organisatorische Defizite“ ausgemacht worden, sagte | |
Regierungssprecher Steffen Seibert. „Das Bundeskanzleramt hat unverzüglich | |
Weisung erteilt, diese zu beheben.“ | |
## Zeugen der BND-Abteilungen vernehmen | |
Der NSA-Untersuchungsausschuss werde Zeugen aus der entsprechenden | |
BND-Abteilung vernehmen, kündigte der Vorsitzende Sensburg an. „Ich denke, | |
wir werden auch Licht in diesen Themenkomplex bekommen.“ Der Ausschuss | |
werde auch ermitteln, ob Mitarbeiter die Informationen über den Einsatz | |
unzulässiger Suchkriterien (Selektoren) möglicherweise nicht an die | |
BND-Spitze weitergegeben haben. „Hat es da möglicherweise | |
Organisationsverschulden gegeben?“, fragte Sensburg. | |
Man müsse sich schon wundern, wenn über mehrere Jahre diese unzulässigen | |
Selektoren „eingesteuert“ wurden, „dass man da nicht mal die Reißleine | |
zieht und sagt: So geht das nicht“. | |
Linksfraktionschef Gregor Gysi warf dem Kanzleramt massives Versagen vor. | |
"Das Kanzleramt ist das Kontrollgremium. Entweder sie haben nichts gewusst, | |
dann funktioniert die Kontrolle nicht", sagte Gysi am Freitagmorgen im | |
Deutschlandfunk. „Oder sie haben es gewusst, dann hätten sie sich an | |
rechtswidrigen Handlungen beteiligt.“ Gysi forderte eine Umstrukturierung | |
des BND, um solche Vorgänge in Zukunft zu verhindern. | |
## „Eine Art Zweigstelle des US-Geheimdienstes“ | |
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat angesichts der | |
jüngsten Enthüllungen im NSA-Skandal den Rücktritt von BND-Präsident | |
Gerhard Schindler gefordert. Der Bundesnachrichtendienst (BND) „war | |
offenbar jahrelang eine Art Zweigstelle des US-Geheimdienstes“, sagte | |
Riexinger der in Halle erscheinenden [1][Mitteldeutschen Zeitung] | |
(Freitagsausgabe). Schindler müsse „die volle Verantwortung für den | |
Spionageskandal übernehmen und zurücktreten“. Die Bundesregierung wiederum | |
müsse „endlich schonungslos offenlegen, inwieweit deutsche Geheimdienste | |
ohne jegliche Form demokratischer Kontrolle als Handlanger der | |
US-Geheimdienste agiert haben“. „Der Generalbundesanwalt muss Ermittlungen | |
wegen des Verdachts auf Landesverrat einleiten“, verlangte Riexinger in der | |
Mitteldeutschen Zeitung. | |
Oppositionspolitiker haben den Verdacht, dass der BND und die NSA in Europa | |
mehr als 40.000 Mal rechtswidrige Abhöraktionen betrieben haben könnten. | |
Nach Informationen des Spiegel lieferte die NSA über Jahre hinweg so | |
genannte Selektoren an den BND. Dabei handelte es sich unter anderem um | |
Handynummern oder Internet-IP-Adressen, die dann vom BND zur Überwachung in | |
verschiedenen Weltregionen eingespeist worden seien. | |
Für den BND gelten strenge Regeln, wer überhaupt überwacht werden darf und | |
wer nicht. Laut Spiegel fiel BND-Mitarbeitern seit 2008 wiederholt auf, | |
dass einige der Selektoren aus den USA dem Aufgabenprofil des BND | |
zuwiderliefen; offenbar habe die NSA gezielt nach Informationen etwa über | |
den Rüstungskonzern EADS, über Eurocopter oder über französische Behörden | |
gesucht. | |
Regierungssprecher Steffen Seibert teilte am Donnerstag mit, das | |
Bundeskanzleramt habe „technische und organisatorische Defizite beim BND | |
identifiziert“ und „unverzüglich Weisung erteilt, diese zu beheben“. | |
24 Apr 2015 | |
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