# taz.de -- Verkehrswende läuft: Hamburg will Fußgänger ernst nehmen | |
> Der rot-grüne Senat erweitert sein Bündnis für den Radverkehr. Künftig | |
> will er so bauen, dass sich alle Verkehrsteilnehmer sicher fühlen. | |
Bild: Schon mal nicht schlecht: Zebrastreifen statt Bettelampel | |
HAMBURG taz | Der rot-grüne Senat in Hamburg treibt die Verkehrswende | |
weiter voran. Wie Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und | |
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) am Dienstag erläuterten, wird die | |
Radverkehrsstrategie des Landes künftig um eine Strategie für das | |
Zufußgehen ergänzt. Dabei soll bei den Planungen künftig darauf geachtet | |
werden, dass sich alle Verkehrsteilnehmer sicher fühlen und zum Beispiel | |
gerne Rad fahren. | |
Tschentscher wie Tjarks hatten im Bürgerschaftswahlkampf 2019/2020 große | |
Versprechen in der Verkehrspolitik gemacht. Tschentscher kündigte einen | |
Hamburg-Takt an: Niemand solle mehr als fünf Minuten zum nächsten | |
öffentlichen Verkehrsmittel brauchen. Tjarks entwarf eine Zukunftsvision | |
für einen modernen, teils digital gestützten Fahrradverkehr. | |
Dazu kommt, dass sich die Bürgerschaft [1][Anfang 2020 mit der | |
Volksinitiative Radentscheid einigte]. Deren Hauptziel war es, den | |
Radverkehr so sicher zu machen, dass mehr Menschen das Rad nutzen. Dem will | |
der Senat nun folgen. | |
Kirsten Pfaue, die Radverkehrskoordinatorin des Senats sprach in diesem | |
Zusammenhang von einem „Paradigmenwechsel bei der Planung der | |
Infrastruktur“. Sie bezog sich auf eine Meinungsumfrage im Auftrag des | |
Berliner Tagesspiegels, die ergab, dass sich Fahrrad- wie Autofahrer | |
sicherer fühlen, wenn ihre Fahrspuren baulich voneinander getrennt werden. | |
Dazu will der Senat Schwellen oder Kantsteine auf die Fahrbahn setzen. Er | |
will die Radwege verbreitern und auf Kreuzungsdesigns verzichten, [2][bei | |
denen der Radweg zwischen den Autospuren geführt wird]. Um das Radeln | |
attraktiv zu machen, sollen weitere Fahrradbügel aufgestellt und | |
Fahrradparkhäuser gebaut werden. Zudem soll der Fahrradverkehr besser mit | |
dem Busnetz verzahnt werden, etwa durch die Wegeführung oder die | |
Platzierung von Leihrädern. | |
## Beete, Blindenstreifen und Barriereabbau | |
An U-Bahnhöfen und Bushaltestellen, wo Radler auf Fußgängerströme treffen, | |
werden noch Lösungen gesucht. Überhaupt ist das Konzept für den Fußverkehr | |
zurzeit noch im Stadium eines Versprechens. Immerhin gibt es neben der | |
Radverkehrskoordinatorin jetzt auch eine Fußverkehrskoordinatorin und das | |
[3][Bündnis für den Radverkehr], das der Senat mit seinen Behörden und | |
öffentlichen Stakeholdern geschlossen hat, wird um den Fußverkehr | |
erweitert. | |
Konkret sollen die Fußwege attraktiver werden durch Büsche, Bäume und | |
Beete, bessere Beleuchtung, Blindenleitstreifen, den Abbau von Barrieren | |
und eine klare Ausschilderung. Verkehrssenator Tjarks kann sich auch | |
vorstellen, dass Radfahrer ähnlich wie Autofahrer an manchen Stellen | |
gegenüber Fußgängern zurückstecken müssen, etwa indem ein Zebrastreifen auf | |
einer Veloroute angelegt wird. | |
Bürgermeister Tschentscher erteilte dem Vorschlag, die Straßenbahn in | |
Hamburg wieder einzuführen, erneut eine Absage. Das sei ein altmodisches | |
Verkehrsmittel. „Keine Großstadt baut eine neue Straßenbahn ins Zentrum“, | |
sagte er. Dafür brauche eine Straßenbahn zu viel Platz und erzeuge | |
entsprechend Widerstand bei den Bürgern. Davon kann der vormalige | |
schwarz-grüne Senat ein Lied singen, der die Straßenbahn von 2008 bis 2011 | |
einzuführen versuchte. | |
Überall mit dem Auto hinkommen zu wollen, sei schlicht unrealistisch, sagte | |
Tschentscher. Der Autoverkehr sei überhaupt nur möglich, wenn die Straßen | |
entlastet würden. „Alle, die umsteigen, machen Straßenraum frei für | |
andere“, sagte der Bürgermeister. | |
„Zu Fuß und mit dem Rad bewegen sich Verkehrsteilnehmende nicht nur | |
klimaschonend, sondern auch besonders flächeneffizient und praktisch | |
emissionsfrei“, betonte auch der Naturschutzbund Hamburg (Nabu). Insofern | |
sei die Politik des Senats zu loben. Allerdings bleibe der Senat beim | |
dritten entscheidenden Pfeiler – der [4][Umverteilung von Raum] – weit | |
hinter seinen Möglichkeiten zurück. „Den Umweltverbund zu stärken, nur um | |
freiere Straßen für den Individualverkehr zu haben, sollte nicht Ziel | |
sein“, kommentierte der Nabu-Landesvorsitzende Malte Siegert. | |
## CDU erkennt Zweiklassengesellschaft | |
Dagegen sprach Richard Seelmaecker von der CDU-Bürgerschaftsfraktion von | |
einer Zweiklassengesellschaft in Hamburgs Verkehrspolitik. „Die Interessen | |
der auf das Auto angewiesenen Hamburger werden erneut völlig ignoriert und | |
fallen dem Fahrradpopulismus des Verkehrssenators erneut zum Opfer“, | |
kritisierte der Abgeordnete. | |
Tatsächlich hat der Senat bereits jetzt vielerorts Radwege auf die Straße | |
verlegt – und so nebenbei mehr Platz für Fußgänger geschaffen. | |
18 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Radverkehr-in-Hamburg/!5834297 | |
[2] /Radfahrstreifen-zwischen-Autospuren/!5815349 | |
[3] https://www.hamburg.de/radverkehrspolitik-hamburg/5345604/buendnis-radverke… | |
[4] /Das-Ringen-um-den-Parkraum/!5807133 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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