# taz.de -- Unglückliche Stadtwerbung in Hamburg: Beach für alle | |
> Von Eimsbüttel fährt jetzt ein „BeachBus“ an die Elbe, beschriftet mit | |
> „Welcome to Eimsbeach!“. Sensibel gegenüber anderen ist diese PR-Aktion | |
> nicht. | |
Bild: Wenn es richtig heiß wird, will man da hin: Elbstrand in Hamburg Övelg�… | |
Wohnst du in Eimsbüttel, kannst du künftig mit einer Buslinie direkt an den | |
[1][Elbstrand bei Neumühlen] fahren, dort im Sand ein leckeres Bier trinken | |
oder sogar die Füße im Wasser kühlen. Der Hamburger Verkehrsverbund und der | |
grüne Verkehrssenator Anjes Tjarks stellten einen mit Cocktailgläsern, | |
Hängematten und Palmen bunt bemalten Bus vor, der aus seiner Längsseite | |
verheißungsvoll mit „Welcome to Eimsbeach!“ wirbt. | |
„Hier in Eimsbüttel war die Nachfrage nach einer neuen Buslinie hoch, da | |
die Menschen mehrfach umsteigen müssen, um an den Elbstrand zu gelangen“, | |
sagte Hochbahn-Chef Hendrik Falk dem Hamburger Abendblatt. Und Senator | |
Tjarks, wie stets im blütenweißen Hemd, ergänzte: „Der direkte Weg hin zum | |
Elbstrand mit dem Beach-Bus ist natürlich besonders an heißen Tagen wie | |
diesen eine richtig gute Nachricht für die Menschen in Eimsbüttel“. | |
Ja, lieber Senator, für die Menschen im Stadtteil Eimsbüttel. An jenem | |
Donnerstag waren es an die 30 Grad. Und was ist mit den Menschen in | |
Barmbek, in Wandsbek, in Horn oder Billstedt? Wissen die an solchen Tagen | |
nicht, dass es in Hamburg diesen Elbstrand gibt? Und müssen die nicht | |
umsteigen, wollen sie an den Strand? | |
Gut, das sind vielleicht unangebrachte Eifersüchteleien. Aber das ist ja | |
nicht alles. Da ist noch mehr. Nichts gegen Buslinien-Optimierung. Und | |
nichts dagegen, dass der HVV-Chef den Menschen vermitteln will, dass | |
Busfahren „nicht dröge sein muss“, und man mit der bunten Bemalung dem | |
Ganzen etwas „Lifestyle“ verpassen will – abgesehen davon, das in Punkt | |
Bequemlichkeit und Lebensgefühl so eine meist doch ruckelige Busfahrt | |
niemals gegen das angenehme Dahingleiten in [2][einer echten Straßenbahn] | |
antreten kann. | |
Aber hier kommt es mal wieder [3][zum Matthäus-Effekt]. Nach dem Motto: Wer | |
hat, dem wird gegeben. Eimsbüttel ist zwar relativ dicht bebaut, es gehört | |
aber zu den reichen Stadtteilen mit hoher Akademiker-Quote und | |
[4][gigantischem Grünen-Wähler-Anteil]. Hier wohnen die Lehrer und | |
Professoren in ihren Altbauwohnungen und ihr Nachwuchs in studentischen | |
WGs. | |
## In der Sandburg | |
Eimsbüttel hat auch mit dem „Kaifu“ eines der wenigen Freibäder, die der | |
Senat [5][noch nicht plattgemacht hat], und mit Schanzenviertel und St. | |
Pauli in der Nachbarschaft genügend kulturelle Abwechslung und Aufregung. | |
Wenn die jetzt einen Beach-Express kriegen, dann ist das so, als würde eine | |
Lehrerin immer nur dem gleichen Lieblingsschüler ihre Einsen geben. | |
Oder ist es vielleicht gar keine Ignoranz, diese PR-Nummer? Können Altonaer | |
und Eimsbüttler Livestyle-Grüne sich tatsächlich nicht vorstellen, was das | |
einfache Volk aus Barmbek, Hamm oder Horn am Elbstrand zu suchen hat? Es | |
gibt Schulkinder aus den ärmeren Randstadtteilen, die beim Ausflug in der | |
4. Klassen zum ersten Mal das Wasser sehen. | |
Hinzu kommt: Der Slogan „Welcome to Eimsbeach!“ suggeriert, dass den an | |
dieser 113er-Linie Wohnenden ein Platz am Elbufer gehört. So als hätten | |
Eimsbüttels Bürger dort schon ihr Handtuch hingelegt oder ihre eigne | |
Sandburg abgesteckt. Dabei dauert laut Google-Maps die reine Fahrt von | |
Barmbek, Horn oder Wandsbek aus nur vier bis acht Minuten länger. | |
Ist das alles nicht so gemeint, sollte jetzt ganz schnell eine „Welcome to | |
Beach“-Kampagne für alle anderen Stadtteile folgen. Die Anreise | |
funktioniert zum Beispiel auch mit der U-Bahn bis Landungsbrücken und | |
Umstieg in die Fähre ganz gut. Ist doch nett, wenn sich alle dort treffen. | |
13 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-Elb-Strand/!5445156 | |
[2] /Hamburger-Debatte-um-Nahverkehr/!5858347 | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Matth%C3%A4us-Effekt | |
[4] /Gruen-Schwarz-wieder-gescheitert/!5647388 | |
[5] /Hitzetage-in-der-Stadt/!5868043 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Elbe | |
Strand | |
Eimsbüttel | |
Bus | |
Anjes Tjarks | |
GNS | |
Straßenbahn | |
Verkehrswende | |
Verkehrswende | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debatte um Hamburgs Verkehrspolitik: Tramophobie im Rathaus | |
Hamburgs Bürgermeister bezeichnet Straßenbahnen als „altmodische | |
Stahlungetüme“. Keine Großstadt baue sie heute noch in ihr Zentrum. Aber | |
stimmt das? | |
Verkehrswende läuft: Hamburg will Fußgänger ernst nehmen | |
Der rot-grüne Senat erweitert sein Bündnis für den Radverkehr. Künftig will | |
er so bauen, dass sich alle Verkehrsteilnehmer sicher fühlen. | |
Senator Tjarks über die Mobilitätswende: „Deutlich mehr Radverkehr“ | |
Mehr Radwege, eine autoarme Innenstadt, besserer öffentlicher Nahverkehr: | |
Anjes Tjarks (Grüne) will den Straßenraum umverteilen. |