# taz.de -- Umsetzung des Radentscheids: Lüneburger SPD blockt Radstreifen | |
> FDP und SPD haben sich dagegen gewandt, etwas von einer Hauptstraße für | |
> Radler:innen abzuzwacken. Die Bürgerini wirft SPD Inkonsistenz vor. | |
Bild: Heißes Thema in Lüneburg: Radfahrstreifen | |
LÜNEBURG taz | Der Teufel liegt im Detail, heißt es. Und in Lüneburg, das | |
eine Teufelsbrücke und ein Wohngebiet namens Teufelsküche hat, diskutiert | |
die Stadtpolitik wohl gerne über diesen Teufel. Die Stadt möchte in der | |
Hindenburgstraße den Fahrradweg erneuern und zukünftig auf der Straße | |
führen – nicht wie bislang auf dem Bürgersteig. Der Abschnitt, um den es | |
geht, ist rund 400 Meter lang, die Debatte darum deutlich länger. | |
Die Fraktionen von FDP und SPD im Stadtrat hatten sich mit Anträgen gegen | |
den Fahrradweg gewandt, nachdem die Lüneburger Landeszeitung einige | |
verärgerte Leser:innenbriefe zu den Plänen erhalten hatte. | |
Initiator Frank Soldan, FDP, sieht die [1][Sicherheit aller | |
Verkehrsteilnehmenden] gefährdet, sollte es zum Umbau der Straße kommen. | |
Der ADFC Lüneburg sagt, dass es den Fraktionen nicht um Sicherheit gehen | |
könne, da der aktuelle Fahrradweg nicht einmal die Mindestbreite für | |
Radverkehrsanlagen erfülle und daher bereits jetzt nicht sicher sei. | |
Der gemeinsame Antrag von FDP und SPD mit dem Namen „Kein Fahrradweg auf | |
der Hindenburgstraße“ ist schon deshalb kurios, weil die SPD noch als | |
Regierungsfraktion unter SPD-Oberbürgermeister Ulrich Mädge, der von 1991 | |
bis 2021 im Amt war, die sogenannte „Radverkehrsstrategie 2025“ initiierte, | |
die der Stadtrat dann 2019 beschloss. [2][Die Strategie sieht vor, die | |
Investitionen in die Fahrradinfrastruktur aufzustocken] und „ein | |
zusammenhängendes Fahrradnetz mit hohem Qualitätsstandard zu schaffen“. | |
## Keine Rettungsgasse möglich? | |
Basierend darauf hatte die Stadtverwaltung den Umbau des Radweges in der | |
Hindenburgstraße geplant. Die Straßendecke dort muss erneuert werden, was | |
eine günstige Gelegenheit darstellt, die Radverkehrsführung zu überdenken. | |
Der FPD-Mann Soldan kritisiert, dass die Verwaltung in dieser Planung die | |
Polizei in ihrer Funktion als Verkehrssicherheitsexpertin nicht eingebunden | |
habe. Die Verwaltung schreibt in einer Stellungnahme jedoch, dass die | |
Polizei auf einem Ortstermin mit dabei gewesen sei. | |
Die Hindenburgstraße ist Teil des Lüneburger Stadtrings und einer | |
Landesstraße, was für viel Verkehr sorgt. Auch viele Rettungswagen fahren | |
dort entlang. Darum glaubt Soldan, dass bei einer Beengung der Straße die | |
Autos keine Rettungsgasse mehr bilden könnten. | |
„Eine absurde Behauptung“, sagt Ronald Orth, [3][Sprecher des Radentscheids | |
Lüneburg, einem im Mai mit nur drei Gegenstimmen vom Stadtrat angenommenen | |
Bürgerbegehren, das umfangreiche Verbesserungen für den Radverkehr | |
vorsieht]. Es gebe einige andere Straßen in Lüneburg, die so breit seien, | |
wie die Hindenburgstraße werden soll, und durch die die Krankenwägen | |
dennoch kämen. | |
Abgesehen davon argumentiert Soldan, dass der Umbau unnötig sei, da es | |
einen guten Alternativweg über den Liebesgrund gebe – eine Strecke, die in | |
einem Park fast parallel zur Hindenburgstraße verläuft, allerdings | |
schlechter angebunden ist. Daher sieht die Verwaltung den Radweg im | |
Liebesgrund nicht als gute Alternative an. | |
Monika Scherf von der CDU-Fraktion im Stadtrat „versteht die Aufregung | |
nicht“. Sie hatte mit ihrer Fraktion einen Änderungsantrag eingereicht, um | |
die Planungen fortsetzen zu lassen und dann die fertigen Pläne mit | |
Sicherheitsexperten zu besprechen. Diesen Antrag hat der Stadtrat in seiner | |
letzten Sitzung angenommen – ein Kompromiss, mit dem alle Seiten ganz gut | |
leben können. | |
Die CDU-Fraktion findet, dass Lüneburg kein modernes Verkehrskonzept habe. | |
Deshalb stehe sie zur Radverkehrsstrategie, die der Stadtrat beschlossen | |
hat, sagt Scherf. Man könne nicht alle paar Jahre alle politischen | |
Entscheidungen wieder umwerfen und ständig Kehrtwenden vollziehen. | |
Orth vom Radentscheid ist vor allem von der SPD enttäuscht. Es sei langsam | |
auffällig, wie häufig sich die SPD inzwischen gegen [4][Planungen und | |
Umbauten für den Radverkehr] stelle, für die sie zum Teil selbst gestimmt | |
habe. Damit würde sie ihren eigenen Wahlversprechen widersprechen. Die SPD | |
Lüneburg war für einen Kommentar nicht zu erreichen. | |
## FDP-Mann bleibt stur | |
Orth war entsetzt über den Antrag. Im Gegensatz zu den beiden Fraktionen | |
habe er konstruktiv mit der Verwaltung gearbeitet, um Vorschläge zur | |
Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu machen. Den Antrag der CDU hält | |
er für „klug und vorausschauend“. | |
Nach einer langen Debatte, von der die eine Seite sagt, dass sie nur | |
geführt wurde, um billige politische Punkte zu erzielen und die andere sich | |
als Sprachrohr von legitimen Sicherheitsbedenken versteht, ist nun erst mal | |
alles wieder vertagt, bis ein fertiger Plan vorliegt. Sollten die | |
Expert:innen dann grünes Licht geben, will Soldan dennoch nicht die | |
Umbaumaßnahmen unterstützen. Seine Bedenken würden selbst dann noch | |
bestehen, sagt er. | |
13 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Wahlkampf-in-Niedersachsen/!5799685 | |
[2] /Buergerbegehren-in-Lueneburg/!5854712 | |
[3] https://radentscheid-lueneburg.de/ | |
[4] /Einigung-mit-Volksinitiative-ueber-Radwege/!5677177 | |
## AUTOREN | |
Hagen Gersie | |
## TAGS | |
Lüneburg | |
Verkehrswende | |
Verkehrssicherheit | |
Verkehrsplanung | |
Verkehrspolitik | |
Verkehr | |
Radwegenetz | |
Radverkehr | |
Verkehrswende | |
Lüneburg | |
Verkehrswende | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verkehrswende läuft: Hamburg will Fußgänger ernst nehmen | |
Der rot-grüne Senat erweitert sein Bündnis für den Radverkehr. Künftig will | |
er so bauen, dass sich alle Verkehrsteilnehmer sicher fühlen. | |
Bürgerbegehren in Lüneburg: Teilerfolg für die Fahrradfans | |
Der Stadtrat hat dem Bürgerbegehren „Radentscheid Lüneburg“ zugestimmt. | |
Wann welche Maßnahmen für den Radverkehr umgesetzt werden, ist noch unklar. | |
Radfahrstreifen zwischen Autospuren: Mit Angst in der Mitte | |
Radfahrstreifen zwischen Autospuren können den Fahrradverkehr sicherer und | |
schneller machen, sind für viele Radler aber auch Grund zur Angst. |