# taz.de -- Teresa Bücker über Arbeit und Freizeit: „Wir brauchen Zeitgerec… | |
> Zeit ist eine wichtige Dimension von Gerechtigkeit, sagt Teresa Bücker. | |
> Ein Gespräch übers Putzenlassen und die Nachfolge von Alice Schwarzer. | |
Bild: Immer mehr Männer wollen sich in Familie und Pflege einbringen, sagt Aut… | |
Die meisten kennen [1][Teresa Bücker] vermutlich von Twitter. Seit Jahren | |
ist sie auf der Plattform aktiv, kommentiert das politische Tagesgeschäft | |
und formuliert feministische Kritik. Privates gibt sie nur selten preis, | |
deswegen überrascht es mich, dass das Interview bei ihr zu Hause | |
stattfinden soll. Eine Ausnahme, schreibt sie mir, denn ihr Kind habe | |
Ferien und ihr Partner müsse ins Büro. Bevor unser Gespräch in ihrer | |
Altbauwohnung in Berlin-Steglitz beginnt, schmiert sie ihrem Kind noch | |
schnell eine Scheibe Brot. Im Wohnzimmer setzen wir uns an den großen | |
Esstisch, die farbenfrohen Überreste eines Kindergeburtstags drum herum | |
sind noch gut zu erkennen. | |
wochentaz: Frau Bücker, wie viele Stunden pro Tag verbringen Sie mit Lohn- | |
und [2][Care-Arbeit], wie viele mit Freizeit und Schlafen? | |
Teresa Bücker: Ich rechne das nicht konkret aus, aber ich erlebe meinen | |
Alltag als deutlich entspannter, seit ich selbstständig bin, weil ich meine | |
Zeit selbstbestimmter einteilen kann. Doch natürlich bleibt das | |
Grundgefühl, dass für keinen der Bereiche genug Zeit da ist. Dadurch, dass | |
ich auch viel am Abend arbeite, verwässert die Trennung bei mir auch ein | |
bisschen. Das Einzige, was ich mit Gewissheit sagen kann, ist, dass ich | |
definitiv zu wenig schlafe, aber das liegt an meinem jüngsten Kind. | |
Diese Verwässerung, was Arbeit und was Freizeit ist, spüren mehr Menschen | |
als früher. Arbeiten wir zu gerne? | |
Es ist eine der großen Lügen des Kapitalismus, zu sagen, dass Arbeit keine | |
Arbeit sei, wenn man sie liebt. Dieses neoliberale Narrativ soll dir | |
vermitteln, dass es egal ist, wie lange du arbeitest, wenn dein Beruf sich | |
mit deiner Leidenschaft deckt. Das stimmt nicht, deswegen ist es wichtig, | |
sich immer bewusst zu machen, wann etwas Arbeit ist. | |
Sie sind eine [3][der bekanntesten deutschen Feminist*innen]. In Ihrem | |
neuesten Buch beschäftigen Sie sich mit der gerechten Verteilung von Zeit. | |
Das ist nicht unbedingt das Erste, was einem zum Thema Feminismus einfällt. | |
Wieso haben Sie genau darüber geschrieben? | |
Ich bin in den letzten Jahren immer wieder von Verlagen angesprochen | |
worden, ob ich nicht eine feministische Bestandsaufnahme oder einen | |
Karriereratgeber schreiben möchte. Doch ich schreibe nur dann ein Buch, | |
wenn ich in einem Thema etwas Neues sehe. Bei meiner feministischen Arbeit | |
habe ich mich immer wieder gefragt, wieso Gleichberechtigung sich so | |
schleppend realisiert. Und dabei ist mir aufgefallen, dass der Aspekt Zeit | |
in der Debatte zu kurz kommt. | |
Weshalb ist Zeit so wichtig im Feminismus? | |
Zeit ist neben Geld und Repräsentation eine wichtige Dimension von | |
Gerechtigkeit. Denn wer hat neben der Pflege von Angehörigen und Betreuung | |
von Kindern überhaupt Zeit lohnzuarbeiten? Wer hat Zeit, für seine | |
Interessen politisch einzutreten? Wer hat Zeit, um in seiner Freizeit | |
kulturelles Kapital aufzubauen? Es gibt keine einfache gemeinsame Antwort | |
auf all diese Fragen. Geschlecht, Herkunft und Einkommen spielen dabei eine | |
Rolle. Doch der Spruch „Zeit ist Geld“ allein stimmt so nicht. | |
Wieso nicht? Wenn eine reiche Person eine Putzkraft oder einen Babysitter | |
beschäftigt, hat der Spruch schon einen wahren Kern. | |
Auf den ersten Blick sieht das so aus, aber ich kaufe mir ja keine Zeit, | |
sondern nehme die Zeit von anderen in Form von Dienstleistungen in | |
Anspruch. Das lohnt sich im Regelfall nur dann, wenn der Stundenlohn meiner | |
Putzkraft oder Babysitterin deutlich unter meinem liegt. Es funktioniert | |
also nur innerhalb sozialer Ungerechtigkeit. Dabei will ich nicht die Idee | |
stärken, man könne alles alleine hinbekommen. Doch wir sollten fragen, wie | |
wir Zeitgerechtigkeit für alle Menschen herstellen können und nicht nur für | |
die, die es sich leisten können, Arbeit auszulagern. Denn wer putzt die | |
Wohnung meiner Putzkraft? Oder wer pflegt die Familienangehörigen der | |
polnischen Pflegekraft, die gerade in Deutschland arbeitet? | |
Mit besserer Bezahlung ist es also nicht getan? | |
[4][Faire Bezahlung und eine Sozialversicherung] sind essenziell. Doch der | |
Anspruch auf eine private Putzkraft entsteht aus einem Klassendenken | |
heraus: Ich bin zu gut zum Putzen, das liegt unterhalb meiner Kompetenzen. | |
Aber daneben spielt auch Zeitarmut eine Rolle: Vollzeitarbeit lässt wenig | |
Zeit für anderes. Und daran muss sich etwas ändern, deswegen brauchen wir | |
Zeitgerechtigkeit. | |
[5][Jüngere Menschen wollen immer seltener in Vollzeit arbeiten.] Dafür | |
werden sie oft als faul bezeichnet. Stimmt das, oder ist ihr Vorgehen ein | |
Schritt in Richtung Zeitgerechtigkeit? | |
Die jüngere Generation hat einen anderen Blick auf ihre Lebenszeit. Sie | |
wollen nicht so leben wie ihre Elterngeneration, und das führt bei den | |
Älteren zu einer starken Abwehrreaktion. Dabei sind die Generationen in dem | |
Wunsch nach weniger Lohnarbeit gar nicht so weit von einander entfernt. | |
Laut Studien möchten viele, die jetzt 50 oder 60 Jahre alt sind, früher als | |
mit 67 in Rente gehen. Einige gehen in Altersteilzeit. Sie nehmen also | |
finanzielle Verluste in Kauf, um die Freizeit nicht auf ihre Rente zu | |
verschieben. Der Wunsch, mehr Zeit für andere Dinge zu haben, eint die | |
Generationen also. | |
Viele Menschen [6][arbeiten aber über das Rentenalter hinaus]. Einige aus | |
finanziellen Nöten. Andere, weil sie nicht aufhören wollen. | |
Dieses Phänomen trifft Männer stärker als Frauen. Der Renteneintritt führt | |
bei ihnen häufiger zu Identitätskrisen und depressiven Verstimmungen, weil | |
sie ihr Selbstwertgefühl stärker an Erwerbsarbeit knüpfen. Das würde ich | |
aber nicht als individuelle Fehler betrachten, sondern als etwas, das | |
unsere Gesellschaftsorganisation und Geschlechterrollen hervorbringen. | |
Frauen ziehen ihren Sinn häufig aus verschiedenen Bereichen. Das ist für | |
den Selbstwert besser, weil immer etwas wegbrechen kann: Rente, Jobverlust, | |
Kinder, die ausziehen, oder Freund*innen, die man verliert. | |
Bei vielen ist das Selbstwertgefühl stark mit Lohnarbeit verknüpft. Haben | |
wir Freizeit verlernt? | |
So würde ich das nicht sagen. Das Problem ist, dass wir Erwerbsarbeit mit | |
Sinnstiftung und Freizeit mit Erholung verbinden. Pausen sind zwar | |
elementar, aber auch in der Freizeit kann Sinnvolles entstehen. Es heißt | |
immer, ein Job tut uns gut wegen der sozialen Kontakte, der Wertschätzung, | |
der Möglichkeit, Sinnstiftendes zu schaffen. Dabei gilt das alles auch bei | |
ehrenamtlichem oder politischem Engagement und bei Hobbys. | |
SPD-Chefin Saskia Esken hat kürzlich die Debatte um eine Vier-Tage-Woche | |
wieder in Gang gebracht, in der Bevölkerung gibt es laut Umfragen große | |
Zustimmung dazu. Kann das eine allgemeine Lösung für alle sein? | |
Die hohen Zustimmungswerte zu einer Vier-Tage-Woche bei Lohnausgleich unter | |
den Arbeitnehmer*innen sind ein Signal an Politik und Wirtschaft: | |
Viele Menschen wollen ihre Zeit grundlegend anders auf die Lebensbereiche | |
verteilen, weil sie Schieflagen wahrnehmen. Das ist keine Luxusdebatte, | |
sondern verweist auf Probleme, die gelöst werden müssen, wie Überlastung im | |
Beruf, die krank machen kann oder soziale Beziehungen schwächt. Gesundheit, | |
Familie und Freundschaft lassen sich materiell nicht aufwiegen, und ich | |
halte es für klug, wenn auch Politiker*innen das zu ihrer Haltung | |
machen, sonst entfremden sie sich von gesellschaftlichen Werten, die breit | |
geteilt werden. | |
Weniger Arbeit und mehr Freizeit klingt für viele verlockend. Aber ist | |
diese Forderung in Zeiten von Inflation und Fachkräftemangel realistisch? | |
In der Politik wird von vielen das Bild aufrechterhalten, dass eine | |
allgemeine Arbeitszeitverkürzung zum Zusammenbruch der Wirtschaft führt. | |
Und das stimmt nicht. Ich habe mir das Arbeitsvolumen angeguckt: Wie viele | |
Stunden werden insgesamt gearbeitet und wie sähe es aus, wenn man diese | |
gleichmäßig auf alle Menschen, die arbeiten können und wollen, verteilen | |
würde? Das Ergebnis: Alle würden knapp unter 30 Stunden pro Woche arbeiten. | |
Die Rechnung ist theoretisch, man müsste sich das im Detail angucken, aber | |
es ist in jedem Fall vereinfacht zu sagen: Wenn weniger Menschen in | |
Vollzeit arbeiten, bricht alles zusammen. Und was definitiv nicht | |
realistisch ist, ist die Forderung, alle Frauen sollten in Vollzeit | |
arbeiten, um die Renten zu sichern und den Fachkräftemangel zu beenden. | |
Wieso nicht? | |
Es herrscht noch immer das Bild vor, dass viele Frauen den ganzen Tag mit | |
Freundinnen Kaffee trinken. In Realität hängen viele von ihnen in prekären | |
Beschäftigungsformen wie Minijobs oder Hilfsarbeit fest, die nachweislich | |
keine Brücke in den regulären Arbeitsmarkt sind. Wir haben zudem schon | |
jetzt einen eklatanten Betreuungsmangel, und der wird sich noch | |
verschärfen. Die Lösung, mehr Erzieher*innen auszubilden, wird nicht | |
schnell genug greifen. Ähnlich sieht es bei der Pflege von Angehörigen aus, | |
auch hier leisten vor allem Frauen die unbezahlte Arbeit, und durch den | |
demografischen Wandel steigt der Bedarf. Wenn es keine politischen Lösungen | |
gibt, werden also vor allem Frauen betreuen und pflegen und beruflich | |
Abstriche machen. Politisch muss deshalb im Vordergrund stehen, wie wir | |
Sorgearbeit fairer verteilen und finanziell ausgleichen. | |
Auch in feministischen Bewegungen ist „Raus aus der Teilzeit“ eine häufige | |
Forderung. | |
Wer sagt: Frauen sollen in Vollzeit arbeiten, um Altersarmut zu vermeiden, | |
macht ein strukturelles Problem zu einem individuellen. Das findet in | |
feministischen Debatten tatsächlich so statt, der sogenannte | |
Choice-Feminismus, der sagt, alles sei eine freiwillige Entscheidung. Und | |
dieses Narrativ wird von Journalismus und Politik verstärkt. Viele haben | |
vermutlich keine Ahnung, dass es in vielen ländlichen Regionen nur | |
Kinderbetreuung bis mittags gibt und Vollzeitarbeit für Eltern also gar | |
nicht möglich ist. Es ist wichtig, dass Problem aus der Privatsphäre zu | |
holen und endlich auch mal Männer an ihre gesellschaftliche Verantwortung | |
zu erinnern, das Gleichberechtigung auch ihnen etwas abfordert. Die | |
Bundesregierung traut sich das nicht einmal rhetorisch. Man sieht daran | |
stark, wie wirksam patriarchale Strukturen auch in vermeintlich modernen | |
Bundesregierungen sind. | |
Viele Männer sagen zum Vorwurf, sie würden Frauen in der Care-Arbeit | |
alleinlassen, dass sie sich ja gerne mehr kümmern würden, es ihnen an Zeit | |
fehle, sie lohnarbeiten müssen oder Frauen ein Großteil der Elternzeit in | |
Anspruch nehmen wollen. | |
[7][Die Anzahl der Männer, die sich stärker in Familie und Pflege | |
einbringen wollen, wächst.] Auch sie merken die Überforderung, die aus | |
gleichzeitiger Lohn- und Care-Arbeit entsteht, doch es gelingt ihnen nicht, | |
daraus Forderungen für strukturelle Veränderungen abzuleiten. Im Gegensatz | |
zur feministischen Bewegung haben Männer nicht gelernt, sich für neue | |
Lebensentwürfe untereinander zu solidarisieren und für politische | |
Veränderungen einzutreten. | |
Unter Männern fehlt häufig Solidarität, die Politik tut nichts, | |
Feminist*innen werden immer heftiger angegriffen: Sind Sie noch | |
optimistisch, dass wir Geschlechtergerechtigkeit erreichen, oder entwickeln | |
wir uns eher zurück? | |
Das Risiko gibt es auf jeden Fall. Gleichberechtigung steht im Grundgesetz, | |
aber von der politischen Seite sehe ich da bislang wenig Einsatz. Die Ideen | |
von Aktivist*innen oder Wissenschaftler*innen im politischen | |
Diskurs werden momentan nicht aufgegriffen, sondern eher blockiert. Wir | |
bräuchten wieder mehr Ehrgeiz in der Geschlechter- und Frauenpolitik. | |
War der denn mal ausgeprägter? | |
In der Bonner Republik waren die Politikerinnen noch richtig auf Krawall | |
gebürstet, radikal und provokativ. Die heutige Frauenpolitik ist sehr | |
verträglich geworden, sucht keinen Konflikt und stellt keine Machtfragen. | |
Forderungen aus der Zivilgesellschaft werden viel zu wenig aufgenommen. | |
Die Abschaffung des Paragrafen 219 a, des Informationsverbots für | |
Schwangerschaftsabbrüche, ist ein Beispiel, wo die Politik auf den Druck | |
aus der feministischen Bewegung reagiert hat. Ein ähnliches Großthema, das | |
alle vereint, fehlt. Stattdessen kämpfen gerade viele in der Bewegung für | |
unterschiedliche Anliegen. Ein Fehler? | |
Für mich zeigt das eher, wie komplex es geworden ist, Gleichberechtigung zu | |
erreichen. Unterdrückungsmechanismen sind viel subtiler geworden. Die ganz | |
großen Fragen sind geklärt, jetzt muss in vielen verschiedenen Bereichen | |
gekämpft werden. Dabei geht es vor allem auch um Mehrfachdiskriminierung: | |
Migrantinnen und geflüchtete Frauen, behinderte Frauen und queere Menschen | |
sind stärker von Ausbeutung, Armut und Gewalt betroffen und haben weniger | |
diskursive Macht. Für sie ist ein selbstbestimmtes Leben noch weiter weg. | |
Trotz der „Ehe für alle“ haben lesbische Mütter weiterhin nicht die | |
gleichen Rechte wie Hetero-Paare. Daneben bin ich überzeugt, dass wir ohne | |
ein Ende der 40-Stunden-Woche Gleichberechtigung für alle Frauen niemals | |
erreichen. | |
Gleichzeitig droht die Gefahr, dass der Antifeminismus bisherige Erfolge | |
zunichte macht. In den USA, Polen, Italien sieht man, wie Regierungen | |
reproduktive Rechte einschränken. Reagiert man darauf, lässt man sich von | |
Gender-Kritiker*innen und Transfeind*innen treiben. Wie kommt man da | |
raus? | |
Man muss sich entscheiden, ob man in erster Linie Angriffe abwehrt oder | |
proaktiv Themen setzt. Häufig folgt das medialen Logiken. Die Co-Chefin des | |
Spiegels, Melanie Amann, hat vor einiger Zeit einen Leitartikel geschrieben | |
mit der berühmt-berüchtigten Frage: Wo ist die neue Alice Schwarzer? Dieser | |
Wunsch nach einem Gesicht des Feminismus entspricht der medialen Logik, | |
dass es eine Frau geben muss, die in die Talkshows eingeladen wird. Aber | |
warum können da nicht auch zwei Feministinnen sitzen? Die Vorstellung, dass | |
es eine Feministin gibt, die man zu allen Themen interviewen kann, ist | |
absurd. | |
Ihr Name fällt in dem Leitartikel auch, als einer der wenigen klugen Köpfe | |
in der feministischen Bewegung. Viele sehen Sie als eine Art Nachfolgerin | |
von Alice Schwarzer. | |
Wie Alice Schwarzer sitze auch ich gerne in Talkshows, denn ich streite | |
unheimlich gerne. Der Wunsch nach einem Gesicht des Feminismus ist ein | |
Wunsch nach Vereinfachung. Ich bin froh, dass heute viele verstanden haben, | |
dass feministische Arbeit auf unterschiedliche Schultern verteilt werden | |
muss, um Schlagkraft zu entwickeln. Wer soll denn gleichzeitig für | |
[8][feministische Außenpolitik], reproduktive Gerechtigkeit, eine bessere | |
Verteilung von Care-Arbeit und die Umstrukturierung der Arbeitswelt | |
kämpfen? | |
Sie wurden schon in der Schule als Emanze beschimpft. Waren Sie damals | |
schon Feministin? | |
Zu meiner Schulzeit gab es keine Auseinandersetzung mit dem Begriff, ich | |
hatte kaum Wissen über die feministische Bewegung. Vielleicht ging es kurz | |
einmal um die Einführung des Frauenwahlrechts, aber das war’s. Es ist schön | |
zu sehen, dass das heute viel selbstverständlicher für junge Menschen ist, | |
die Sichtbarkeit und Thematisierung von feministischen und queeren Themen | |
ist viel zugänglicher geworden. Ich habe Benachteiligung von Frauen immer | |
schon als ungerecht empfunden, aber die richtige Auseinandersetzung mit | |
Feminismus begann erst im Studium. | |
Nach Ihrem Studium haben Sie erst beim Freitag, später bei der SPD | |
gearbeitet. Ihre letzte Festanstellung war als Chefredakteurin [9][beim | |
Online-Medium Edition F], das für einen Karrierefeminismus steht, | |
gegen den Sie sich jetzt in Ihrem Buch aussprechen. Wie blicken Sie heute | |
auf diese Zeit zurück? | |
Edition F war von den Gründerinnen als Wirtschaftsmedium für Frauen | |
angelegt, ich hatte Lust, journalistisch zu arbeiten, und fand das | |
spannend. Das daraus eine feministische Plattform wurde, war ursprünglich | |
nicht so geplant, sondern lag vermutlich auch an mir. Es gab dann öfters | |
Konflikte. Edition F war ein Unternehmen, das Geld verdienen musste mit | |
Werbekunden, das vertrug sich aber nicht immer mit meinem feministischen | |
Anspruch. Wie wir viele Themen angegangen sind, sehe ich kritisch, das war | |
währenddessen oft ein Kompromiss. | |
Mittlerweile arbeiten Sie selbstständig als Autorin und Kolumnistin. Können | |
Sie sich vorstellen, in die Politik zu gehen? | |
Aktuell nicht, weil ich meine Kinder mag und Zeit mit ihnen verbringen | |
möchte. Um den feministischen Diskurs am Laufen zu halten, braucht es an | |
ganz unterschiedlichen Stellen Menschen. Man kann nicht unbedingt in der | |
Politik am meisten bewegen. Es braucht überall Menschen, die Lust haben, | |
die Machtfrage zu stellen. Wahrscheinlich muss der Feminismus dafür wieder | |
krawalliger werden – vielleicht doch ein bisschen mehr wie Schwarzer | |
früher. Da sind wir wieder beim Thema Zeit: Viel feministischer Aktivismus | |
wird als unbezahlte Arbeit neben der Lohnarbeit organisiert und kann | |
dementsprechend wenig Schlagkraft entwickeln. Es fehlt an der Zeit. | |
18 Jun 2023 | |
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[1] https://twitter.com/teresabuecker | |
[2] /Podcast-We-care/!t5712367 | |
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[4] /Weibliche-Altersarmut/!5906230 | |
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[6] /Debatte-um-Rente-mit-70/!5898702 | |
[7] /Vaterschaftsurlaub-und-Elternzeit/!5895201 | |
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