Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Plan International zu Männlichkeit: Ein gewaltiges Problem
> Eine Befragung legt nahe, dass viele Männer Gewalt gegen Frauen
> gutheißen. Dass das so ist, liegt auch an den Männern, die sich für die
> Guten halten.
Bild: Viele Männer haben Gewalt verinnerlicht, streben nach Dominanz, wären g…
Jeder dritte junge Mann findet Gewalt gegen Frauen eher oder voll „okay“.
Diese Aussage aus einer [1][aktuellen Befragung von Plan International]
stürmt derzeit Social-Media-Feeds und Nachrichtenseiten. Doch es gibt auch
Kritik: Die Darstellung der Ergebnisse sei reißerisch und die Stichprobe
von 1.000 Männern zu klein – dabei ist Letzteres gar nicht unüblich für
repräsentative Studien. Einige Medien korrigierten ihre Meldungen aber
schon mal.
Doch selbst wenn die Plan-Befragung nicht seriös wäre, das Männerproblem
bleibt. Das belegen nämlich auch andere Untersuchungen, [2][etwa die
Leipziger Autoritarismus-Studie]. Ein Drittel der dort befragten 2.500
Personen findet, ein Mann solle bereit sein, Frau und Kinder mit Gewalt zu
verteidigen. Und ein Viertel meint, „Frauen, die mit ihren Forderungen zu
weit gehen“, müssten sich nicht wundern, wenn sie „in ihre Schranken
gewiesen werden“.
Diese Prozentzahlen beziehen sich auf alle befragten Geschlechter.
Womöglich sind die Zustimmungswerte unter Männern höher. Brisant obendrein:
Nach jahrelangem Rückgang der Zustimmungswerte zu sexistischen Aussagen
bemerkt die Studie für das Jahr 2022 einen Anstieg.
Wer in den letzten Jahren als Mann in einer x-beliebigen Kneipe mit Männern
ins Gespräch kam, wird kaum überrascht sein. Viele Männer haben Gewalt
verinnerlicht, streben nach Dominanz – wären gerne ein durchsetzungsstarkes
Alpha-Männchen. Das verbergen sie bei Tageslicht und in Gegenwart von
Frauen, non-binären oder trans Personen recht erfolgreich. In der dunklen
Kneipenecke kommt der Sexismus, umringt von den Kumpels, aber ungehemmt
durch.
## Menschenfeindlichkeit weglächeln
Die Erkenntnisse sind ein Weckruf: Als uns als feministisch verstehende
Männer dürfen wir uns nicht mehr darauf ausruhen, der Feminismus werde es
schon richten. Denn das Problem sind nicht nur die sexistischen Männer, es
ist auch ihr Umfeld, das ihre Menschenfeindlichkeit weglächelt: wir.
Wir dürfen uns nicht mehr auf ein paar bell hooks Büchern, unseren bunten
Fingernägeln beim Raven, unserem progressiven Lifestyle ausruhen. Es ist an
uns, unsere Männerbünde aufzubrechen. Wir müssen widersprechen, statt um
des lieben Friedens willen, stumm noch ein Bier zu trinken. Wir müssen
aufhören „Männerrunden“ zu romantisieren.
Dass viele Männer in einer Identitätskrise stecken, ist nicht
verwunderlich. Feminist:innen erwarten von Männern Sanftheit, radikale
Selbstkritik und Solidarität. Der freie Markt, Hollywood und Reaktionäre
jeglicher Ausrichtung vermitteln Ellbogen, Stärke und Eigenständigkeit.
Dass viele Männer sich aber statt feministischer Befreiung mittlerweile für
eine gewalttätige Männlichkeit [3][à la Andrew Tate] entscheiden, um der
Identitätskrise Herr zu werden, ist tragisch. Zuvorderst für die, die unter
diesen Männern noch werden leiden müssen: Frauen, non-binäre und
trans-Personen sowie schwule Männer. Aber auch die Männer, die zum
Alphatier werden wollen, werden an ihrem Ideal scheitern. Und noch mehr
frustrierte wütende Männer produzieren.
## Bislang versagt
Liebe selbsternannte feministische Männer, bislang haben wir versagt.
Feminismus ist zwar Popkultur, ist Mainstream geworden; gewalttätige Männer
sind das aber schon lange. Wir müssen endlich raus aus der
kritisch-männlichen Selbstreflexion. Die bleibt zwar wichtig, doch auf der
eigenen Couch auch bequem. Wir müssen den Feminismus, den wir uns tagsüber
so gerne auf die Fahnen schreiben, auch in die dunklen Kneipenecken tragen.
Notfalls müssen wir ihn den anderen auch mal auf der Straße ins Gesicht
schreien, uns unbeliebt machen.
Das zu fordern, ist basic, es ist das absolute Minimum. Es ist, was
Feminist:innen schon lange fordern. Es ist an uns vermeintlich
feministischen Männern, das endlich umzusetzen.
Transparenzhinweis: In einer vorherigen Version hieß es, dass es sich bei
Plan International um eine Studie handelt. Dies haben wir durch den Begriff
„Befragung“ ersetzt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. A.d.R.
12 Jun 2023
## LINKS
[1] https://www.plan.de/fileadmin/website/04._Aktuelles/Umfragen_und_Berichte/S…
[2] https://www.boell.de/de/leipziger-autoritarismus-studie
[3] /Thunberg-Musk-und-der-Gaspreis/!5901723
## AUTOREN
Moritz Müllender
## TAGS
Männergewalt
Feminismus
Verantwortung
häusliche Gewalt
Gewalt gegen Frauen
Sexuelle Gewalt
Gewalt
Frauenrechte
Frauen
Kolumne Einfach gesagt
TikTok
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Stadtland
Antifeminismus
Interview
Feminismus
Feminismus
Online-Spiele
Kolumne Gossip Girl
taz.gazete
## ARTIKEL ZUM THEMA
Männer und Menschheit: Der Fisch stinkt vom Schwanz her
Die Menschheit hat ein Männerproblem, aber sich für die Fehler anderer
Männer zu entschuldigen, ist keine Lösung. Ein fiktives Gespräch unter
Männern.
„Hoss und Hopf“ auf Tiktok gesperrt: Zu viel rumgesponnen
Fan-Kanäle des Podcasts wurden von Tiktok wegen Verschwörungserzählungen
entfernt. Doch bei Spotify & Co steht er weiter zum Streaming bereit.
Die Zukunft der Männer: Darf er so?
Das gesellschaftliche Bild von Männlichkeit schadet allen Geschlechtern.
Was Männer tun können, um sich davon zu emanzipieren.
Über das Genderverbot in Zwickau: Zivilcourage at its best
Das Thema Gendern sorgt in Zwickau für Wirbel. Der Stadtrat hat ein Verbot
erlassen. Die Verantwortlichen des Stadttheaters wollen es ignorieren.
Frauenfeindlicher Influencer Andrew Tate: Der Boss im Frauenhass
Ex-Kickboxer Andrew Tate profiliert sich mit Misogynie und spricht
Millionen Männer an. Dass er vor Gericht steht, schadet seiner Popularität
nicht.
Psychologe über Männlichkeit: „Patriarchat frisch legitimiert“
Statt progressiver Männlichkeit dominiert wieder Frauenhass. Wieso? Und was
kann man dagegen tun? Männerforscher Markus Theunert im Gespräch.
Teresa Bücker über Arbeit und Freizeit: „Wir brauchen Zeitgerechtigkeit“
Zeit ist eine wichtige Dimension von Gerechtigkeit, sagt Teresa Bücker. Ein
Gespräch übers Putzenlassen und die Nachfolge von Alice Schwarzer.
Umfrage zu Männlichkeit und Gewalt: Unseriöse Botschaft
Viele Männer neigen zur Gewalt gegen Frauen – das legt eine
aufsehenerregende Umfrage nahe. Nur: Sie ist methodisch höchst fragwürdig.
Frauen in E-Sports: Game und Geschlecht
Die Welt der professionellen Gamer ist männlich dominiert. Das wollen
Computerspielfirmen jetzt ändern.
Problematische Aussagen zu Andrew Tate: Wer Männlichkeit verteidigen will
Misogyne Aussagen können nicht durch ein „Ich kenne viele Frauen“
relativiert werden. Der Schauspieler Vincent Cassel hat’s trotzdem
versucht.
Neue Bücher von David Shields: Ärger mit toxischer Männlichkeit
Wie soll man mit dem Syndrom der toxischen Männlichkeit umgehen? Essayist
David Shields hat gleich zwei Bücher zum Thema geschrieben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.