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# taz.de -- Diskussion um Care Arbeit: Auch Kinderlose kümmern sich
> Sorgearbeit ist ein weites Feld – der sehr deutsche Kleinfamilien-Fokus
> wird dem nicht gerecht. Von einer familienfreundlichen Arbeitskultur
> müssen alle profitieren können.
Bild: Sorgearbeits-Diskussionen werden zu oft auf Elternthemen verkürzt
Karriere war nie ein Anlass für mich, keine Kinder zu bekommen. Ein Grund,
warum ich mich gegen Kinder entschieden habe: die Sorgearbeit. Nicht die,
die mit Kindern auf mich zukäme, sondern die, die ich schon mache oder die
in meiner Familie in absehbarer Zeit anfallen wird.
Ich habe genug familiäre Aufgaben, denen ich neben meinem Job nachkommen
muss und will. Nicht nur Eltern haben Familie. Viele Menschen übernehmen
Verantwortung für andere, obwohl sie niemanden in die Welt gesetzt haben.
In der Diskussion um Vereinbarkeit von Familie und Beruf kommen kinderfreie
Personen und Familienmodelle und Sorgegemeinschaften, in denen man sich
jenseits der Papa-Mama-Kind-Kleinfamilie umeinander kümmert, jedoch kaum
vor.
Sorgearbeit gilt [1][nicht ohne Grund als unsichtbare Arbeit]. Trotz aller
feministischer Bemühungen, sie anzuerkennen und Menschen, die Sorge tragen
– besonders Frauen – gesellschaftlich und politisch zu unterstützen und die
Bedingungen ihrer Sorgearbeit zu verbessern, geht schnell vergessen, dass
alle Menschen Zeit und Energie brauchen, ihr Leben außerhalb der Lohnarbeit
zu organisieren.
Eine Gemeinschaft funktioniert nur, wenn man füreinander da sein kann. Wir
müssen uns gegenseitig betreuen, helfen und pflegen. Dabei bekommt die
Sorgearbeit von Eltern die meiste Sichtbarkeit. Eine Bildersuche zu
[2][„Vereinbarkeit von Familie und Beruf“] zeigt Fotos von jungen weißen
Frauen am Laptop und Kleinkind auf dem Arm. Das meint nicht mich, dabei
brauche ich auch flexible Arbeitszeiten und Homeoffice. Und weiß manchmal
nicht, wie ich alles unter einen Hut bekommen soll.
## „Ich selbst habe da aber auch Verpflichtungen“
Menschen kümmern sich nicht nur um eigene Kinder, sondern auch um die von
Geschwistern, Freund*innen oder in Wohngemeinschaften. Sie pflegen
Angehörige, finanzieren Eltern oder Großeltern mit, deren Rente nicht
reicht, kaufen für Nachbar*innen ein, stehen Freund*innen in Krisen
bei – und dann ist da noch der eigene Haushalt. Der sehr deutsche
Kleinfamilien-Fokus wird alldem nicht gerecht. Wahlfamilien und
Freund*innenschaften können nicht mit Verständnis und Unterstützung
von Kolleg*innen und Arbeitgeber*innen rechnen. Auch in der Politik
kommen sie nicht vor.
All diese vielschichtigen Sorgearbeits-Diskussionen werden zu oft auf
Elternthemen verkürzt. Es gilt schnell als unfeministisch, wenn auf „Kannst
du mal? Ich muss früher los wegen der Kinder“ mit „Ich selbst habe da aber
auch Verpflichtungen“ reagiert wird. Dabei könnte man doch so schön
gemeinsam fordern: mehr Geld und weniger Arbeit für alle. Von einer
familienfreundlichen Arbeitskultur müssen alle profitieren können. Wir
sollten sie einfach „gesellschaftsfreundlich“ nennen. Mehr Lebensqualität,
mehr Freizeit, mehr Gemeinschaft und Solidarität und trotzdem eine saubere
Küche. Dafür hätte ich gern Zeit.
2 Aug 2023
## LINKS
[1] /Sally-Haslanger-ueber-sozialen-Wandel/!5943583
[2] https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=%E2%80%9EVereinbarke…
## AUTOREN
Simone Dede Ayivi
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