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# taz.de -- Volontariat in Teilzeit: Eine Branche wandelt sich
> Die „Augsburger Allgemeine“ bietet ab sofort für junge Eltern ein
> Volontariat in Teilzeit an. Gut so, wenn nur der Lohn reichen würde.
Bild: Erst windeln wechseln, später Pressekonferenz muss möglich sein
Endlich! Die Augsburger Allgemeine bietet ab April offiziell ein
Teilzeitvolontariat an. „Wir wollen jungen Müttern und Vätern die Tür in
den Journalismus öffnen“, schreibt Ausbildungsleiterin Lea Thies auf
Linked-in. Eltern seien vernetzt, Organisations- und Improvisationstalente;
lernten jeden Tag dazu. Für ihre Kinder müssten sie Themen einordnen und
übersetzen, Erzähltalent hätten auch viele, schreibt Thies. „Eltern haben
Superkräfte. Sie bringen zusätzliche wertvolle Skills mit, die jedes
Redaktionsteam gebrauchen kann.“
Die Gegenargumente sind offensichtlich: Die Weltlage ist unvorhersehbar,
Journalist*innen müssen einspringen können, wenn etwas passiert.
Veranstaltungen, Termine und Ereignisse passen sich nicht an feste Arbeits-
oder Kita-Schließzeiten an. Das spiegelt auch die Ausbildung wider.
Allein ein [1][Volontariat] zu bekommen, also eine Ausbildung in einem
Verlag, oder einen Platz an einer der prestigeträchtigen
[2][Journalismusschulen], erfordert meist mehrere mies bezahlte
Vollzeitpraktika. Dabei versucht man ständig, sich zu beweisen und einen
guten Eindruck bei den Verantwortlichen zu hinterlassen. So klagen etwa
auch in der aktuellen Ausgabe des Branchenmagazins Medium Magazin 35
Nachwuchsjournalist*innen über die hohen Hürden beim Einstieg.
Mittlerweile gibt es Programme – wenn auch nicht ausreichend – für
Journalist*innen mit Migrationsgeschichte oder aus
Arbeiter*innenhaushalten. Wer jedoch nahezu überall hinten runterfällt,
sind junge Eltern und Menschen, [3][die Sorgearbeit übernehmen].
Dass die Augsburger Allgemeine diese Leerstelle nun angeht, ist ein gutes
Zeichen. Die erste Teilzeitvolontärin hat ihre Ausbildung bereits begonnen.
Dass das Volontariat nun auch offiziell für Teilzeit ausgeschrieben ist,
deutet darauf hin, dass das Modell funktioniert. Warum auch nicht? Gut
vernetzte Teams können sich gegenseitig ergänzen und vernetzen, hybrides
Arbeiten ermöglicht Eltern, auch mal von zu Hause an einer Pressekonferenz
teilzunehmen. In vielen Medienhäusern sind Journalist*innen in Teilzeit
angestellt, teils sogar in Führungspositionen. Warum sollte das nicht auch
in der Ausbildung funktionieren?
## Sorgearbeit gerecht verteilen
Also müssten nur die restlichen Medienhäuser nachziehen und alles wird gut?
Nein, denn auch das Teilzeitvolontariat ist zu schlecht bezahlt, als dass
es wirklich auch für alle zugänglich wäre. Es schließt zwar eine Lücke, was
die Zeitarmut von Sorgearbeitenden betrifft, für Alleinerziehende ist der
Lohn aber immer noch zu knapp. Und das, obwohl die Augsburger Allgemeine im
Vergleich zu anderen Journalismus-Ausbildungen besser bezahlt: In Vollzeit
bekommen die Volontär*innen 2.150 im ersten und 2.450 Euro brutto im
zweiten Jahr.
Die Teilzeitausbildung kann als 50- oder 75-Prozent Stelle in drei
beziehungsweise vier Jahren absolviert werden. Das hieße dementsprechend in
der ersten Ausbildungshälfte 1.612 Euro brutto bei einer 75-Prozent-Stelle
und 1.075 Euro bei einer 50-Prozent-Stelle. Das ist für Alleinerziehende,
eine der Gruppen mit dem höchsten Armutsrisiko in Deutschland, zu wenig.
Dennoch: Die Augsburger Allgemeine stärkt mit ihrem Teilzeitvolontariat
maßgeblich die Vereinbarkeit von Sorgeaufgaben und Journalismus. Es hilft
Paaren oder Ex-Partner*innen, Sorgearbeit gerechter zu verteilen. Andere
Verlage, Medienhäuser und Schulen sollten dem Beispiel folgen. Es ist an
ihnen, dabei in Zukunft auch Alleinerziehende stärker einzubeziehen und
mitzudenken. Damit in Zukunft auch wirklich alle Talente ihren Zugang in
die Branche finden können, gehört zu Teilzeit auch: eine Bezahlung, die für
den Lebensunterhalt einer Familie reicht.
30 Oct 2023
## LINKS
[1] /Studie-zum-Volontariat-im-Journalismus/!5927818
[2] /Evangelische-Journalistenschule-schliesst/!5842360
[3] /Diskussion-um-Care-Arbeit/!5947688
## AUTOREN
Moritz Müllender
## TAGS
Journalismus
Eltern
Care-Arbeit
GNS
Kolumne Der rote Faden
Kolumne Diskurspogo
Journalismus
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Studie zum Volontariat im Journalismus: Geboren, studiert oder angelernt?
Ein Buch über die Geschichte der journalistischen Ausbildung behandelt mehr
als das „Volontärunwesen“. ChatGPT würde es mit Gewinn lesen.
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