# taz.de -- Steigende Preise, sinkende Einkommen: Im Griff der Dreifachkrise | |
> Ostafrika hat sich noch nicht von der Coronapandemie erholt, da wirkt | |
> sich schon der Ukraine-Krieg negativ aus. Und jetzt herrscht auch noch | |
> Dürre. | |
Bild: Futtermitteltransport in einer dürre- und hungergeplagten Region in Äth… | |
KAMPALA taz | Bedrückt schaut Babila Kanunga auf das Obst und Gemüse auf | |
ihrem Marktstand in Ugandas Hauptstadt Kampala. Wo sich sonst Tomaten, | |
Paprika und Melonen türmen, liegen jetzt nur ein paar Kartoffeln, Kürbisse | |
und Bohnen. „Tomaten gibt es derzeit keine, und wenn, nur für hohe Preise“, | |
erklärt die Marktverkäuferin. Auch Erbsen, Avocados, Ananas – Fehlanzeige. | |
[1][Uganda] ist sonst ein fruchtbares Land mit einer Überproduktion an | |
Nahrungsmitteln, die an UN-Organisationen zur Versorgung der Millionen | |
Flüchtlinge in der Region verkauft werden. | |
Doch derzeit sind wie auf diesem Markt überall in Ostafrika die | |
Lebensmittel extrem teuer und knapp. Die Gründe: Die für Februar | |
vorhergesagte Regenzeit setzte in Uganda mehr als acht Wochen zu spät ein. | |
In Kenia, Somalia, Südsudan und Äthiopien regnet es noch immer nicht. Es | |
herrscht extreme Dürre. | |
Ohne Regen werden bald 28 Millionen Menschen in Ostafrika Hunger leiden, | |
warnt die Hilfsorganisation Oxfam. 13 Millionen seien bereits auf der | |
Flucht. Sie suchen nach Grasland und Wasserquellen für ihr Vieh. | |
## Hohe Preise für Lebensmittel und Benzin | |
Zudem hat der Ukraine-Krieg die [2][Lebensmittelpreise] weltweit in die | |
Höhe schnellen lassen: vor allem für Weizen und Sonnenblumenöl. Davon kamen | |
bisher 30 Prozent der Weltproduktion aus Russland und der Ukraine. Ein | |
halber Liter Sonnenblumenöl kostete in Uganda bisher umgerechnet 1 Euro. | |
Inzwischen ist es doppelt so teuer. | |
Hinzu kommen die hohen Kraftstoffpreise. In Uganda ist das Benzin mit | |
umgerechnet fast 2 Euro pro Liter teuer wie noch nie. In Kenia und der | |
Demokratischen Republik Kongo haben manche Tankstellen keinen einzigen | |
Tropfen mehr. | |
Das wirkt sich auf die Preise von Produkten aus, die per Lkw von den Häfen | |
am Indischen Ozean ins Innere des Kontinents transportiert werden müssen. | |
So kostete ein Sack Zement bisher knapp 30.000 Schilling, jetzt liegt der | |
Preis bei 50.000 Schilling (rund 12 Euro). | |
Schon im Zuge der Coronapandemie waren die Preise gestiegen, die Einkommen | |
wegen der Lockdowns aber geschrumpft. Die Wirtschaft erholte sich langsam, | |
doch dann begann der Krieg in der Ukraine. | |
## Afrika importiert fast 30 Prozent seiner Lebensmittel | |
UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte am Dienstag bei seinem Besuch in | |
Moskau, die Preissteigerungen, die nun nach dem „Schock der anhaltenden | |
Covid-19-Pandemie“ einsetzen, „bestrafen vor allem die Entwicklungsländer | |
weltweit sehr hart.“ | |
Ostafrikas Regierungen versuchen die Preisschocks aufzufangen. In Uganda | |
will das Landwirtschaftsministerium die lokale Produktion von Palmöl | |
ausbauen. Im Parlament wird über niedrigere Steuern auf Benzin diskutiert. | |
In Kenia hat die Regierung schon Sonderetats ausgezahlt, um die hohen | |
Benzinpreise aufzufangen. Doch weniger Steuereinnahmen und hohe | |
Sonderposten lassen die ohnehin massiven Schulden weiter ansteigen, die | |
Inflation auch. Die liegt im Südsudan schon bei 25 Prozent. | |
In Ruandas Hauptstadt Kigali diskutierten in den letzten Tagen | |
Agrarexperten und Landwirtschaftsminister, wie die Preissteigerungen | |
aufgefangen werden können. „Der Kontinent ist sehr anfällig, weil wir fast | |
30 Prozent der Lebensmittel importieren“, sagt Martin Bwalya, Direktor für | |
Wissensmanagement und Programmbewertung bei der Entwicklungsagentur der | |
Afrikanischen Union (Auda-Nepad). | |
Die Lösung dafür liege in Afrika selbst, meint Bwalya. Der Ausbau der | |
[3][Afrikanischen Freihandelszone AfCFTA] könnte den Handel und die | |
Lebensmittelproduktion innerhalb des Kontinents ankurbeln. Technologische | |
Innovationen wie dürreresistentes Saatgut sowie Bewässerungssysteme könnten | |
den Bauern helfen, ausbleibende Regenzeiten zu überbrücken. Es sein | |
dringend nötig, die Millionen Kleinbauern des Kontinents aus der | |
Armutsfalle zu retten und die Produktion zu steigern. | |
29 Apr 2022 | |
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[1] /Bericht-eines-NGO-Leiters-aus-Uganda/!5823491 | |
[2] /Energie--und-Lebensmittelpreise/!5848235 | |
[3] /Panafrikanisches-Freihandelsabkommen/!5605318 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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