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# taz.de -- Protest bei den Golden Globes: Frauen in Schwarz
> Bei den Golden Globes feierte sich die Filmbranche als Spiegel einer
> Aufbruchsstimmung in der Ära Trump, Post-Weinstein und #Metoo.
Bild: Natalie Portman war not amused: Die besten Regisseure waren mal wieder al…
Sind das noch die oft als kulturell unbedeutende, weil lediglich
alkoholseligere Ausgabe der Oscars verlachten Golden Globes? Auf dem Roten
Teppich wird statt über Designernamen über Mobbing, [1][Lohngleichheit] und
sexuellen Missbrauch im Militär gesprochen; bei den Auszeichnungen haben
Frauen die Oberhand, die sich ihren männlichen Gegenparts, statt sich
unterstützend anzuschmiegen, wehrhaft entgegenstellen; die mitreißendste
Rede des Abends kommt von der schwarzen Talkshow-Moderatorin und
Schauspielerin Oprah Winfrey, die sich damit in Augen von Vielen als
Kandidatin für den US-Präsidentschaftswahlkampf 2020 empfiehlt.
Noch vor wenigen Jahren hätte man so etwas in der Häufung allenfalls auf
einem Frauenfilmfestival vermutet. Aber der Zeitgeist machte es offenbar
möglich, dass eine ganz auf die Selbstverliebtheit der Filmbranche
ausgerichtete Veranstaltung wie die 75. Verleihung der Golden Globes durch
den kleinen, versprengten Haufen der Hollywood Foreign Press Association
diesmal zu einem einzigartigen Spiegel einer kulturellen Aufbruchsstimmung
der Ära Trump, Post-Weinstein und [2][#Metoo] wurde.
Dieser Stimmung vielleicht mehr als allem anderen verdankt denn auch Fatih
Akin [3][seinen Golden Globe] in der Sparte „Bester fremdsprachiger Film“:
Sein von der Geschichte der NSU-Morde inspirierter „Aus dem Nichts“ stieß
sowohl bei der Premiere in Cannes als auch beim deutschen Kinostart im
vergangenen November auf eher zwiespältige, nur zögernd-lobende Reaktionen.
Positiv wurde allerdings stets die Leistung von Diane Krüger in der
Hauptrolle hervorgehoben; in Cannes war sie mit dem Preis der Besten
Schauspielerin ausgezeichnet worden.
Im Kontext einer Preisverleihung, in der es wie selten in Hollywood darum
ging, wieder und wieder starke Frauenrollen und -geschichten zu feiern,
fügte sich Akins „Aus dem Nichts“ nun besser ins Bild als etwa der
Europäische Filmpreis-Gewinner „[4][The Square]“. So perfekt, dass in Akins
Dankesrede weder der für die Anwesenden unverständliche Hinweis darauf,
dass dieser Preis ihm 100.000 weitere Kinobesucher in Deutschland
einbringe, noch sein etwas deplatzierter und für amerikanische Ohren mehr
als veralteter Wortwitz über Warner Brothers („If you see a cop – warn a
brother“) groß störten.
## Vorbild: die grausame Realität der NSU-Morde
Diane Krüger spielt in „Aus dem Nichts“ eine Frau, die erleiden muss, wie
ihr Mann und ihr kleiner Sohn einem ausländerfeindlichen Attentat zum Opfer
fallen und im Anschluss die Justiz versagt. Auch wenn Akin für seinen Film
die grausame Realität der NSU-Morde zum Vorbild nahm, setzt er den Akzent
mit Krügers kämpferischer Frauenrolle doch ganz ähnlich wie der Ire Martin
McDonagh in seinem „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, der mit
insgesamt vier Golden Globes der überraschend große Gewinner des Abends
war.
Auch in „Three Billboards“ steht eine Frau im Zentrum, die Gerechtigkeit
verlangt, wo die Polizei versagt. Frances McDormand erhielt dafür den Preis
der besten Schauspielerin, Sam Rockwell als einer jener böse versagenden
Polizisten den als bester Nebendarsteller und McDonagh wurde für sein
Drehbuch bedacht, das – ganz anders als bei Akin – all seinen Figuren so
knapp geschliffene Repliken in den Mund legt, dass der Film mehr durch
seine Dialoge Funken sprüht als durch überzeugende Charakterdynamik.
Auf der Fernsehpreis-Seite zeigte sich ganz Ähnliches: Hier wurden mit „The
Handmaid's Tale“ und Elizabeth Moss, mit „Big Little Lies“ und Nicole
Kidman, Laura Dern und Alexander Skarsgard ebenfalls Serien ausgezeichnet,
die von Frauen handeln, die sich gegen Unterdrückung und Missbrauch wehren
müssen. Wie noch nie zuvor zieht sich der Frauentrend dabei durch sämtliche
Preiskategorien: Sowohl in der Komödiensektion siegte in der Filmsparte
Greta Gerwigs weibliches Coming-of-Age-Drama „Lady Bird“ und ihre
jugendliche Hauptdarstellerin Saoirse Ronan, und in der TV-Sektion das
Amazon-Prime-Drama „The Marvelous Mrs. Maisel“ und deren „wehrhafte“
Hausfrau mit Comedian-Ehrgeiz Rachel Brosnahan.
Und obwohl im Fach Regie einmal mehr nur Männer nominiert waren – worauf
Natalie Portman in ihrer Präsentation so neutral wie deutlich mit einem
„Hier sind die rein männlichen Kandidaten“ hinwies –, so steht doch selb…
in Guillermo del Toros Monsterfilm „Shape of Water“ eine Frau, nämlich
Sally Hawkins' stumme Putzfrau, im Zentrum.
## Solidarisch schwarz
Man schmälert die Bedeutung der Golden Globes gern damit, dass hier eine
unbedeutend kleine Gruppe ihren kapriziösen Vorlieben nachgibt. Aber
vielleicht gerade deshalb gelang in diesem Jahr eine stimmige
Gesamtinszenierung, die Zeichen setzte: etwa dafür, wie das leere Ritual
des Roten Teppichs durch den Verzicht auf bedeutungslose Mode-Interviews –
die überwältigende Mehrheit der Stars trug solidarisch schwarz – gewinnen
könnte.
Dass einige Stars sich von namhaften Aktivistinnen begleiten ließen,
verlieh den Lippenbekenntnissen tatsächlich etwas mehr Gewicht. Und Oprah
Winfrey, die als erste schwarze Frau in der Geschichte der Globes für ihr
Lebenswerk ausgezeichnet wurde, bewies mit ihrer einschlagenden Rede, in
der sie alle virulenten Themen von Rassismus über Missbrauch bis zur freien
Presse anschaulich, präzis und überzeugend unterbrachte, für alle, die es
noch nicht wussten: dass sie ein echtes politisches Talent ist.
Der Moderator der Preisverleihung, Seth Meyers hatte es in seinem ansonsten
nur sparsam mit Trump-Witzen ausgestatteten Einleitungsmonolog schon
vorweggenommen: Donald hatte er 2011 die Kandidatur öffentlich abgeraten.
Dies würde er wegen des einschlägigen Erfolgs nun für Oprah – und ihren
potentiellen Vizekandidaten Tom Hanks – genauso tun.
8 Jan 2018
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## AUTOREN
Barbara Schweizerhof
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