| # taz.de -- Neonazi-Partei „III. Weg“: Die rechte Sekte | |
| > Der „III. Weg“ ist dabei, im deutschen Rechtsextremismus die Führung zu | |
| > übernehmen. Und er profiliert sich mit der Nähe zu ukrainischen | |
| > Nationalisten. | |
| Zwickau taz | Matthias Fischer gibt sich gönnerhaft. Selbstverständlich | |
| unterstütze man die „Kameraden“ in der Ukraine, sagt der „III. Weg“-Ch… | |
| vergangenen Sonntag, als er anlässlich des Tags der Arbeit mit seiner | |
| Partei durch das sächsische Zwickau marschiert. Die „nationalrevolutionäre | |
| Demonstration“ läuft streng geordnet, vorneweg zwei Trommler, links und | |
| rechts Polizisten, rechtsextreme Parolen hallen durch abgesperrte Straßen, | |
| an den Straßenecken Gegenprotest. Fischer läuft mittendrin, tut | |
| unbeeindruckt und beantwortet nebenbei Fragen zum Krieg in der Ukraine. | |
| Denn in diesem will die Partei eine aktive Rolle spielen. | |
| Die Idee mit den Spendentransporten sei früh in der Partei entstanden, sagt | |
| der 45-Jährige, der sich „Aryan Hope“ über das linke Ohr tätowiert hat. … | |
| wolle aber nur liefern, was die „Truppen“ in der Ukraine wirklich | |
| bräuchten. [1][Deshalb die Militärkleidung, die Funkgeräte, die | |
| Wärmebildkameras]. Das alles habe sich „privat angefunden“, behauptet | |
| Fischer. Und in Wahrheit sei man nicht, wie bisher bekannt, zwei Mal in die | |
| Ukraine gefahren, sondern etwa ein Dutzend Mal. „Wir sammeln andauernd, und | |
| wenn genug zusammen ist, fahren wir los.“ | |
| Überprüfen lässt sich das nicht, es ist zunächst mal wieder Teil der | |
| Inszenierung des rechtsextremen „III. Wegs“. Und auf die setzt Fischers | |
| Partei auch am 1. Mai in Zwickau. Gleich in die erste Reihe wird ein | |
| Anhänger mit der Fahne des ukrainischen „Nationalen Korps“ geschickt – d… | |
| politischen Arms der Asow-Bewegung. Rechtsextreme gründeten diese beim | |
| Maidan-Aufstand 2014, mitsamt dem gleichnamigen Freiwilligenbataillon, das | |
| heute vor allem in Mariupol gegen die russischen Invasoren kämpft. | |
| Bei einer Rede ätzt Fischer später über Putins „Neobolschewiken“ und bit… | |
| um Spenden, „damit unsere Truppen da drüben besser dastehen“. Sein | |
| Stellvertreter und Parteigründer Klaus Armstroff verliest die Namen | |
| gefallener ukrainischer „Märtyrer“. Und am Ende lässt die Partei blau-gel… | |
| Luftballons aufsteigen. | |
| Schon zuvor fuhr die Partei ihr Militärgut ins Kriegsgebiet. Im Internet | |
| prahlte der „III. Weg“ mit zwei Fahrten, am 22. März und 1. April. Auf | |
| Fotos sieht man säckeweise Tarnfleckkleidung, auf einem anderen eine Frau | |
| in Armeekleidung mit einer Asow-Fahne, die eine Schutzplatte hält. Und | |
| immer wieder dazu drapiert die moosgrüne Flagge mit Eichenkranz des „III. | |
| Wegs“. | |
| 800 Kälteschutzanzüge der Bundeswehr will man an „nationalistische | |
| Einheiten“ geliefert haben, „direkt an die Front“. Dazu 200 Kampfwesten, | |
| vier Splitterschutzwesten, 24 Funkgeräte, zehn schusssichere Platten, drei | |
| Wärmebildkameras. Wie genau diese Lieferung in die Ukraine gelangte, | |
| darüber schweigt Anführer Fischer. Andere in der Partei mit mehr Zeit | |
| hätten sie rübergefahren, er selbst sei nicht dabei gewesen, sagt er. | |
| Die Materialfahrten jedenfalls sind ein Erfolg für die Neonazis, den es so | |
| eigentlich nicht geben sollte. Denn Bundesinnenministerin [2][Nancy Faeser | |
| hatte zuvor erklärt], Ausreisen von Rechtsextremisten ins ukrainische | |
| Kriegsgebiet verhindern zu wollen. Die Bundesregierung aber bestätigt, dass | |
| die beiden Fahrten am 22. März und 1. April tatsächlich stattfanden. Zu | |
| Weiterem schweigt auch sie: um die Arbeit des Verfassungsschutzes nicht zu | |
| gefährden, der die Partei überwacht. | |
| Tatsächlich gibt es für den „III. Weg“ mit der Ukraine momentan im Grunde | |
| nur ein Thema. Seit Beginn der russischen Invasion stellt sich die Partei | |
| auf deren Seite – wegen dortiger nationalistischer Kämpfer. Fast täglich | |
| berichtet sie auf ihrer Webseite von vermeintlichen Erfolgen vor allem des | |
| Asow-Regiments. Gepriesen werden die „ukrainischen Brüder“, deren | |
| „Widerstandswillen noch lange nicht gebrochen“ sei. | |
| Der „III. Weg“ ist damit [3][ein Solitär in der deutschen rechtsextremen | |
| Szene]. Denn dort wird mehrheitlich weiter zu Putins Russland gehalten und | |
| die Nato als Schuldiger für den Krieg propagiert. Der „III. Weg“ geißelte | |
| dagegen schon vor Jahren Russland als „Vielvölkerstaat“, in dem Asiaten, | |
| Juden und Muslime ihren Platz hätten. Zwar ätzte die Partei auch, dass der | |
| ukrainische Präsident Wolodimir Selenski „korrupt und jüdisch“ sei. Man | |
| stehe aber nicht zur Regierung, sondern zu den dortigen Nationalisten – und | |
| diese hätten die „mittelfristig größten Potenziale“ in Europa. | |
| Die Solidarität kommt nicht von ungefähr: Schon seit Jahren hält der „III. | |
| Weg“ Kontakt zu Asow-Vertretern. Und von jeher propagiert die Partei auch | |
| hierzulande beständig Widerstands- und Umsturzaufrufe, bildet ein | |
| Auffangbecken für Militante. Damit ist der „III. Weg“ inzwischen zum | |
| radikalsten und aktivsten Posten der rechtsextremen Szene in Deutschland | |
| avanciert. Und das bisher fast gänzlich ungestört. | |
| „Der III. Weg sucht klar eine Führungsrolle in der rechtsextremistischen | |
| Szene“, erklärt Jörg Müller, Verfassungsschutzchef in Brandenburg, der | |
| Matthias Fischer genau im Blick hat – der Parteichef wohnt in dem | |
| Bundesland. „Schon heute stellt die Partei mit ihren Aktivitäten die NPD in | |
| den Schatten. Gleichzeitig ist sie mit ihrer Ideologie und | |
| Gewaltbereitschaft besonders gefährlich.“ Und auch der Verfassungsschutz in | |
| Sachsen, wo die Partei in Plauen ihre Zentrale hat, nennt den „III. Weg“ | |
| inzwischen die „aktivste“ erwiesen rechtextreme Parteistruktur. | |
| Nach dem 1. Mai in Zwickau sind es indes andere Schlagzeilen, mit denen der | |
| „III. Weg“ mal wieder in der Öffentlichkeit steht. Anhänger hatten auf dem | |
| Weg zu ihrem Aufmarsch [4][im sächsischen Glauchau linke Gegendemonstranten | |
| in einem Zug mit Steinwürfen attackiert]. Einer, in grüner Parteijacke, | |
| zeigte den Hitlergruß, dann schlug er Richtung Gegendemonstranten gegen | |
| eine Zugscheibe. Videos dokumentieren den Angriff. Und dort auch zu sehen: | |
| Parteigründer Armstroff, der der Gewalt ungerührt zuschaut. | |
| Es ist das Bild, das den „III. Weg“ seit seiner Gründung 2013 prägt: | |
| Radikale Neonazis, die den Nationalsozialismus verherrlichen und die es zur | |
| Gewalt zieht. Und die für Aufmerksameit immer wieder provozieren – mit | |
| Erfolg. | |
| Schon 2015 veröffentlichte die Partei Standorte von Asylunterkünften und | |
| befeuerte so Proteste und Gewalt gegen Geflüchtete. Am 1. Mai 2019 | |
| imitierte sie in Plauen mit Fackeln, Trommeln und einem Galgen einen | |
| NS-Aufmarsch – anschließend wurde bundesweit darüber diskutiert. Gleiches | |
| geschah, als sie zuletzt im Bundestagswahlkampf in Zwickau Plakate mit der | |
| Aufschrift „Hängt die Grünen“ aufhängte. Oder in Würzburg drei Leichens… | |
| auf die Straße legte, vor den Bildern der Kanzlerkandidaten Laschet, Scholz | |
| und Baerbock. Später sorgte der „III. Weg“ für Wirbel, als er in | |
| Brandenburg Grenzkontrollgänge gegen Geflüchtete ausrief. Zudem reihte sich | |
| die Partei zuletzt offensiv in die bundesweiten Coronaproteste ein. Und nun | |
| folgt das Thema Ukraine. | |
| Dabei ist die Partei immer noch überschaubar, 600 Mitglieder zählt der | |
| Verfassungsschutz bundesweit und 20 „Stützpunkte“, vor allem in | |
| Ostdeutschland, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Aber ihre Zahl steigt. Im | |
| September 2013 hatte Klaus Armstroff, ein 65-jähriger Elektriker mit | |
| Schnauzer und früherer NPD-Funktionär aus Rheinland-Pfalz, den „III. Weg“ | |
| ins Leben gerufen – weil ihm die NPD zu lasch wurde. Die Partei wurde | |
| schnell zum Auffangbecken für radikale Neonazis, deren Kameradschaften von | |
| Verboten bedroht waren. Allen voran das 2014 verbotene „Freie Netz Süd“, zu | |
| dem auch der heutige Parteichef Fischer gehörte. | |
| Auch Matthias Fischer ist seit vielen Jahren eine Szenegröße. Der | |
| großgewachsene Handwerker, 45 Jahre alt, mit dem strengen Scheitel lebte | |
| lange Jahre in Bayern, baute dort Kameradschaften mit auf, die | |
| NSU-Terroristen führten ihn auf einer Kontaktliste. Zunächst war auch | |
| Fischer in der NPD, wurde Bezirksvorsitzender in Mittelfranken, bevor er | |
| 2008 austrat, weil auch ihm die Partei zu wenig „revolutionär“ war. Zuletzt | |
| kehrte Fischer nach Brandenburg zurück, in die Uckermark. Den „III. Weg“ | |
| baute er mit auf, lange Jahre als Vizechef. | |
| Seit November 2021 führt Fischer nun die Partei an, mit straffer Hand und | |
| radikalen Tönen. Bei seiner Antrittsrede hetzte er über eine „bunte | |
| Republik der Antimenschen“, das „totalitäre antideutsche System“ und ein… | |
| „Coronawahnsinn“. Danach pilgerte die Partei in das oberfränkische | |
| Wunsiedel, zum Gedenken an den dort einst begrabenen Hitler-Stellvertreter | |
| Rudolf Heß. | |
| Das passt zum Parteiprogramm. Ideologisch gehört der „III. Weg“ zum | |
| Radikalsten, was die rechtsextreme Szene in Deutschland derzeit zu bieten | |
| hat. Angestrebt wird ein „deutscher Sozialismus“, samt Wiederherstellung | |
| eines „Gesamtdeutschlands“, das „größer als die BRD“ sei. Die „biol… | |
| Substanz des Volkes“ sei zu erhalten, erwerbslose Migranten „stufenweise | |
| auszuweisen“. Der Verfassungsschutz sieht Anleihen bei der NSDAP. | |
| Der „III. Weg“ macht aus seinen Umsturzplänen keinen Hehl. „Eine nationa… | |
| Revolution ist nicht nur nötig, sondern auch machbar“, verkündete Fischer | |
| zuletzt. Freiheit werde einem nicht geschenkt, „die muss erkämpft werden“. | |
| Die Partei selbst versteht sich dabei als revolutionäre Elite. | |
| Parteimitglieder müssen sich erst als Anwärter bewähren und Schulungen | |
| absolvieren. Mit Kampfsport und einem „Ordnungsdienst“ wird Gewalt | |
| eingeübt, veranstaltet werden „Leistungsmärsche“. Auf Demonstrationen | |
| präsentiert man sich geschlossen mit den moosgrünen Parteihemden und | |
| Fahnen. In Sicherheitskreisen zieht man Vergleiche zu einer Sekte. | |
| Dennoch kann der „III. Weg“ bereits seit fünf Jahren in Plauen ungehindert | |
| ein „Bürgerbüro“ betreiben, dort Frühstücke, Nachhilfe oder eine | |
| Kleiderkammer anbieten, fast alles kostenlos und natürlich „nur für | |
| Deutsche“. Gezielte Imagepflege, die verfängt: Der Chef des Plauener | |
| Parteibüros und sächsische „III. Weg“-Anführer Tony Gentsch sitzt | |
| inzwischen im Stadrat und Kreistag, gibt sich dort aber zurückhaltend. | |
| Wie die Partei wirklich tickt, zeigt sich am 1. Mai in Zwickau auf der | |
| Straße. Ordner choreografieren die Aufmarschteilnehmer, verteilen Fahnen | |
| und Schilder. Präsentiert wird ein Banner mit Gefängnisstäben und dem | |
| Slogan „Reserviert für Volksverräter“. Auf die Parole „Kriminelle Ausl�… | |
| raus“, skandiert ein Redner: „Und die anderen?“ Antwort der Meute: „Auch | |
| raus!“ Die Polizei lässt es zu. Dazwischen geht sie erst, als Neonazis | |
| Pressevertreter bedrängen und Parteichef Fischer einige von ihnen | |
| „Dreckschweine“ nennt. Am Ende wird auf der Bühne ein Soldatenlied von Hans | |
| Baumann angestimmt, der einst zur NS-Reichsjugendführung gehörte. | |
| Es ist die alte Neonazi-Schule. Und Zwickau zeigt auch: Die Mobilisierung | |
| stößt an ihre Grenzen. Dass trotz bundesweiter Bewerbung nur gut 250 | |
| Anhänger nach Zwickau reisen, ist für den „III. Weg“ eine Enttäuschung. … | |
| den Gekommenen zählen indes einige, die man früher bei der NPD-Jugend oder | |
| in der Kameradschaftsszene sah. Doch tatsächlich erfährt der „III. Weg“ | |
| Zuwachs – während sich die restliche Neonaziszene in der Dauerkrise | |
| befindet. So zählt zwar die NPD immer noch weit mehr Mitglieder. Deren Zahl | |
| aber sinkt seit Jahren, auch finanziell steht die Partei vor dem Ruin, | |
| politische Impulse kommen von ihr schon länger keine mehr. Die Parteispitze | |
| plädiert derzeit für eine Umbenennung. Auch die Neonazi-Partei „Die Rechte�… | |
| bleibt ein nordrhein-westfälisches Regionalphänomen, ebenso wie die „III. | |
| Weg“-Abspaltung „Neue Stärke“ in Thüringen. | |
| Und mit dem Thema Ukraine hat der „III. Weg“ ein neues | |
| Alleinstellungsmerkmal. Eines mit Vorlauf. Schon 2017 berichtete der „III. | |
| Weg“ von einem Besuch in Kiew bei der Asow-Bewegung und dem „Nationalen | |
| Korps“. Mit dabei: Fischer, Armstroff und Gentsch. Gemeinsam standen die | |
| deutschen Neonazis beim „Marsch der Nation“ auf der Straße, der von | |
| ukrainischen Nationalisten veranstaltet wurde. Auch in den Folgejahren | |
| beteiligte sich die Partei an dem Marsch und vernetzte sich in Kiew auf | |
| einer „Reconquista“-Konferenz mit anderen Rechtsextremen aus dem Ausland. | |
| Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Asow-Bewegung in der Ukraine längst | |
| nicht so verankert ist, wie der „III. Weg“ es propagiert. Das gleichnamige | |
| Regiment hat sich inzwischen von der Bewegung abgekoppelt, sich teils von | |
| seinen rechtsextremen Wurzeln losgesagt und ist schon länger der | |
| Nationalgarde unterstellt. Und auch das „Nationale Korps“ verpasste bei der | |
| ukrainischen Wahl 2019, obwohl es sich mit anderen rechtsextremen Parteien | |
| zusammentat, den Parlamentseinzug. | |
| Der „III. Weg“ feiert in einem Parteibericht dennoch Asow als „bewaffneten | |
| Arm der nationalen Bewegung“, der sich in einem „heldenhaften Kampf um die | |
| Freiheit“ der Ukraine befinde. Unverhohlen wird auch bewundert, wie | |
| Rechtextreme in der Ukraine „gegen alles kämpfen, was sie schädigt und ihre | |
| Zukunft zerstört“: Spielkasinos würden angegriffen, Genderaktivismus | |
| „militant bekämpft“, für die Jugend gebe es „Ausbildung an der Waffe“… | |
| Faszination des „III. Wegs“ für den Ukrainekrieg liegt wohl hierin | |
| begründet: dass hier auch Rechtsextremisten mit Waffen für ihre Sache | |
| kämpfen. | |
| Die Sicherheitsbehörden beobachten das mit Sorge. Tatsächlich wissen sie | |
| von bisher rund 20 deutschen Rechtsextremen, die ins ukrainische | |
| Kriegsgebiet ausreisten, eine Handvoll soll feste Kampfabsichten gehabt | |
| haben. Innenministerin Faeser versicherte zuletzt, dies „sehr stark im | |
| Blick“ zu haben. Und Brandenburgs Verfassungsschutzchef Müller erinnert an | |
| Kampftrainings, die deutsche Rechtsextremisten schon in der Vergangenheit | |
| in der Ukraine absolvierten. „Wenn wir eins nicht gebrauchen können, dann | |
| sind es Neonazis, die nun an Waffen kommen und weiter verrohen.“ | |
| Matthias Fischer weist solche Pläne nur halbherzig zurück. Er selbst rate | |
| seinen Parteifreunden ab, sich an den Kämpfen in der Ukraine zu beteiligen, | |
| behauptet er. „Wir führen in Deutschland ja auch einen politischen Kampf, | |
| für den wir jeden brauchen.“ Aber letztlich sei das, so Fischer, eine | |
| individuelle Entscheidung, die er niemandem verbieten könne. | |
| Tatsächlich ist „Der III. Weg“ bereits heute ein Sammelbecken für Militan… | |
| – auch wenn Fischer erklärt, die Partei lehne Gewalt ab. Auch die Angriffe | |
| seiner Leute in Glauchau bezeichnet er als „kontraproduktiv“ – wobei er | |
| sogleich einschränkt, es sei erst mal zu klären, was genau passiert sei. In | |
| einem Parteihandbuch wird Gewalt sogar legitimiert: „Aus Gründen des | |
| Selbstschutzes“ sei diese durchaus vertretbar. Und auch Fischer ist wegen | |
| Volksverhetzung vorbestraft, saß bereits im Gefängnis, ebenso wie | |
| Sachsen-Chef Tony Gentsch. Klaus Armstroff wiederum reiste nach | |
| taz-Informationen mit Parteifreunden im August 2020 zu einem Schießtraining | |
| nach Tschechien. Und zum bayerischen Parteivorstand gehört mit Karl-Heinz | |
| S. ein Mann, der 2003 einen Anschlag auf die Grundsteinlegung des jüdischen | |
| Gemeindezentrums München plante – und der im NSU-Prozess Kontakt zu den | |
| Angeklagten André Eminger und Ralf Wohlleben hielt. Das Verfahren geißelte | |
| die Partei als „Schauprozess“. | |
| Im vergangenen Jahr wurde zudem [5][die bayrische „III. Weg“-Aktivistin | |
| Susanne G.] wegen eines rechtsterroristischen Anschlagsplans verurteilt: | |
| Sie hatte Morddrohungen samt Patronen an Politiker, eine Moschee und einen | |
| Hilfsverein für Geflüchtete verschickt und bereits Material zum Bombenbau | |
| beschafft. Laut Anklage gehörte sie seit 2015 zum „III. Weg“, nahm an | |
| Parteitreffen und Aufmärschen teil, hielt ebenfalls engen Kontakt zu den | |
| NSU-Helfern Eminger und Wohlleben. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe trat sie | |
| zwar aus der Partei aus – hielt aber weiter Kontakt insbesondere zu | |
| Armstroff. Und: Auch Susanne G. reiste nach taz-Informationen im Oktober | |
| 2019 mit dem „III. Weg“ nach Kiew. | |
| Trotz alledem kann die Partei bislang recht ungestört agieren. In Plauen | |
| verfügt der „III. Weg“ neben seinem Parteibüro inzwischen über eine zwei… | |
| Immobilie. Und deren soziale Angebote fänden regen Zuspruch, berichtet | |
| Doritta Kolb-Unglaub vom Colorido-Verein, der vor Ort Demokratiearbeit | |
| leistet. „Das zieht viel Jugend an.“ Die Stadt tue dagegen wenig. „Außer | |
| heißen Worten kommt da nichts.“ Oberbürgermeister Steffen Zenner (CDU) | |
| erklärt dazu, der „III. Weg“ sei eine zugelassene Partei, man habe „wenig | |
| Möglichkeiten der Einflussnahme“. Mehrfach sei die Stadt etwa mit | |
| Demonstrationsverboten vor Gerichten gescheitert. Man fördere aber breite | |
| soziale Angebote, „um Kinder und Jugendliche nicht dem braunen Spektrum zu | |
| überlassen“, versichert Zenner. | |
| Tatsächlich geht das Kalkül der Neonazis, sich als Partei zu gründen, | |
| bisher auf. Umso mehr, seit das Bundesverfassungsgericht 2017 ein Verbot | |
| der NPD ablehnte: Die Partei sei zwar klar verfassungsfeindlich, aber viel | |
| zu einflusslos, um die Demokratie an sich zu gefährden, befanden die | |
| Richter damals. Für den „III. Weg“, mit noch mal weniger Mitgliedern dürf… | |
| dies nach dieser Logik umso mehr gelten. | |
| Immerhin: In Zwickau erhält der Aufmarsch der Partei enge Auflagen. Fackeln | |
| und paramilitärisches Formieren sind verboten, nur zwei Trommeln erlaubt – | |
| zum Unmut Fischers. Auch die Grenzaktion seiner Partei im Herbst in | |
| Brandenburg wurde von der Polizei gestoppt. Und in Siegen verlor der „III. | |
| Weg“ zuletzt ein Parteibüro, der Mietvertrag wurde gekündigt. | |
| Dennoch baut der „III. Weg“ weiter seine Strukturen aus. Zuletzt schuf sich | |
| die Partei einen Nachwuchsverband, die „Nationalrevolutionäre Jugend“. Erst | |
| zu Jahresbeginn eröffnete die Partei ein weiteres Büro im Thüringer | |
| Ohrdruf, im März dann eines in Hilchenbach in Nordrhein-Westfalen. Zudem | |
| gründete die Partei neue „Stützpunkte“ in Baden-Württemberg und | |
| Sachsen-Anhalt. Parteichef Fischer reiste jeweils eigens dafür an, pries | |
| die „stabile Basisarbeit“. Für Brandenburgs Verfassungsschutzpräsidenten | |
| Müller ist der nächste Schritt schon absehbar: „Demnächst wird der ‚III. | |
| Weg‘ der NPD-Jugend den Rang ablaufen oder versuchen, diese zu | |
| vereinnahmen.“ | |
| Die Linken-Innenexpertin Martina Renner fordert nun deutlich mehr Druck auf | |
| die Partei: Die Behörden müssten deren Finanzen und Immobilien genau in den | |
| Blick nehmen, Verstöße sofort ahnden. Vor allem aber müsse die hohe | |
| Gewaltbereitschaft der Parteianhänger konsequenter bekämpft werden. „Dort, | |
| wo Angriffe geschehen, muss schneller und umfassender als bisher gehandelt | |
| werden.“ In der Ampelkoalition gehen einige sogar noch weiter. Der „III. | |
| Weg“ sei eine „glasklare Neonazi-Partei“, sagt dort SPD-Innenexperte Uli | |
| Grötsch. „Ein Verbotsverfahren ist längst überfällig.“ | |
| Matthias Fischer sagt, mit einem Verbot müsse seine Partei immer rechnen. | |
| Wenn der Staat das wolle, werde er es tun. Auch dann würden er und die | |
| anderen aber ihren Kampf weiterführen, gibt sich der Neonazi trotzig. | |
| Dennoch wäre es ein Schlag: Fischers neunjährige Aufbauarbeit für den „III. | |
| Weg“ wäre erst mal hinfällig. Bisher aber muss der 45-Jährige wenig | |
| fürchten. Fragt man im Bundesinnenministerium zu der Verbotsforderung nach, | |
| wird darauf verwiesen, dass der Bundestagspräsident dem „III. Weg“ zuletzt | |
| die Parteieigenschaft anerkannte. Und dass ein Parteiverbot „sehr hohe | |
| Hürden“ habe. | |
| 7 May 2022 | |
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