# taz.de -- Konzernfusion auf dem Wohnungsmarkt: Wohnen bleibt Renditeobjekt | |
> Die umstrittene Deutsche Wohnen geht im Immobilienkonzern Vonovia auf. | |
> Trotz einiger Kompromisse bleibt die Hauptmisere bestehen. | |
Bild: Protest in Berlin am 23. Mai 2021, für die Enteignung des Immobilienkonz… | |
Es war eine nahezu perfekte Inszenierung. Zusammen mit Michael Müller, dem | |
Regierenden SPD-Bürgermeister von Berlin, präsentierten die beiden Chefs | |
der zwei Dax-Wohnungskonzerne Vonovia – größter Vermieter in der | |
Bundesrepublik – und Deutsche Wohnen – zweitgrößter Vermieter – [1][ihre | |
Fusionspläne]. | |
Vonovia will mit der besonders in Berlin umstrittenen Deutschen Wohnen | |
zusammengehen. Damit entsteht ein Immobilienriese mit 550.000 Wohnungen. | |
Von „gemeinsamen Interessen“ war die Rede (Müller); der Vonovia-Chef will | |
den MieterInnen gar „die Angst nehmen“ und sprach selbstkritisch von | |
Mietsteigerungen, die MieterInnen überfordert hätten. | |
Mit der Deutschen Wohnen wird ein Unternehmensname verschwinden, der zum | |
Synomym für rein [2][renditeorientierte Vermietung] schlechthin geworden | |
ist. Vonovia verfolgt als börsennotierter Konzern natürlich die gleichen | |
Interessen – aber er ist kein Hassobjekt, wie es für viele MieterInnen und | |
AktivistInnen die Deutsche Wohnen ist. | |
Vonovia hält seine Wohnungen eher in mittelgroßen Städten, die bislang | |
nicht so stark von exorbitanten Mietsteigerungen betroffen sind wie Berlin | |
oder München. Die beiden Dax-Konzerne wollen dem Land Berlin die Fusion | |
unter anderem durch Mietbegrenzungen in den nächsten Jahren schmackhaft | |
machen. Müller wiederum will der Berliner Enteignungsinitiative, die | |
Wohnungen großer Unternehmen gegen Entschädigung in Gemeineigentum | |
überführen will, den Wind aus den Segeln nehmen. Und die Deutsche Wohnen | |
hat erkannt, dass sie ihr Imageproblem nicht mehr lösen kann. | |
Die Gesten an die MieterInnen ändern nichts daran, dass Wohnen in | |
Ballungsräumen zu erträglichen Preisen in den vergangenen 20 Jahren in | |
erster Linie kein soziales Anrecht mehr ist, sondern zu einem | |
renditeorientierten Investitionsobjekt verkommen ist. Die Politik im Bund | |
und in den Ländern trägt dafür eine zentrale Verantwortung: Sozialer | |
Wohnungsbau ist immer mehr zurückgeschraubt worden. | |
Und Vonovia und Deutsche Wohnen sind nicht in Geheimlaboren böser | |
KapitalistInnen entstanden, sondern das Ergebnis von | |
Privatisierungsentscheidungen der Politik. Vonovia entstand einst durch die | |
Übernahme der Wohnsiedlungen der ehemaligen staatlichen Bundesbahn, und die | |
Deutsche Wohnen ist groß geworden durch [3][den Verkauf einer kommunalen | |
Wohnungsbaugesellschaft] in Berlin. | |
Nur zur Erinnerung: Zu den größten Aktionären beider Konzerne gehören der | |
Vermögensverwalter Blackrock und der staatliche norwegische Ölfonds – | |
weitere Großaktionäre sind Pensionsfonds und internationale | |
Investmentgesellschaften. Deren Ziel ist langfristige Rendite und sonst | |
nichts. Das Grundproblem, dass das massenhafte Aufkaufen von Mietwohnungen | |
lukrativer ist als Investitionen in andere Branchen, bleibt. Es reicht | |
nicht, nette Kompromissformeln mit Dax-Vorständen zu schließen. | |
Die Bundestagswahl ist eine gute Gelegenheit, für wirklich verbindliche | |
Maßnahmen zu trommeln – wie etwa einen bundesweiten Mietendeckel. | |
25 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Gunnar Hinck | |
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