# taz.de -- Senat dealt mit Immobilienfirmen: Der Druck der Straße wirkt | |
> Die Vonovia will die Deutsche Wohnen übernehmen, die Berliner SPD jubelt. | |
> Doch die Forderung nach Vergesellschaftung ist damit nicht vom Tisch. | |
Bild: Michael Müller (SPD), Rolf Buch (Vonovia), Matthias Kollatz (SPD), Micha… | |
Deutschlands größter Vermieter kauft Deutschlands zweitgrößten Vermieter, | |
und Berlins SPD kriegt sich nicht mehr ein vor Jubel? Die Reaktionen der | |
Hauptstadtgenossen sind nur verständlich vor dem Hintergrund des Wahlkampfs | |
und der politischen Bedrohung, die die Partei im Volksbegehren Deutsche | |
Wohnen & Co enteignen sieht. Aber von vorne. | |
Am Dienstag traten die Chefs der beiden Immobilienkonzerne Vonovia und | |
Deutsche Wohnen mit dem Regierendem Bürgermeister Michael Müller und seinem | |
Finanzsenator Matthias Kollatz (beide SPD) vor die Presse und verkündeten | |
den Beginn einer wunderbaren Freundschaft sowie den Anfang vom Ende des | |
Kapitalismus auf dem brutalen Berliner Wohnungsmarkt. Die Vonovia will die | |
Deutsche Wohnen übernehmen und damit zum mächtigsten privaten Akteur mit | |
150.000 Wohnungen allein in Berlin aufsteigen. | |
Das Vonovia-Portfolio, wie es im Maklersprech heißt, entspricht zwar | |
weniger als 10 Prozent aller rund 1,9 Millionen Wohnungen in der Stadt. Die | |
Firma erhält kein Monopol, aber massive Marktmacht. Und 150.000 Einheiten | |
müssen ja nicht das Ende der Einkaufstour sein, auch wenn von diesen erst | |
mal 20.000 ans Land veräußert werden sollen. | |
Über dieses im Detail noch unklare Angebot freuten sich Müller und Kollatz | |
genauso wie über das Versprechen des neuen Supervermieters, die Mieten in | |
den nächsten fünf Jahren zu deckeln und irgendwann 13.000 Wohnungen zu | |
bauen. Schließlich liefert dieses Angebot nach Einschätzung der beiden | |
Sozis den Beleg, dass Verhandlungen letztlich mehr für die Mieter*innen | |
bringen als Konfrontation. Ein Argument, mit dem die SPD nach dem Scheitern | |
des Mietendeckels im Wahlkampf punkten will: Seht her, die SPD, die über | |
Jahrzehnte die Stadtentwicklungssenator*in stellte und für die | |
Misere auf dem Wohnungsmarkt politisch verantwortlich ist, setzt sich auch | |
für Mieter*innen ein. | |
Die Konfrontation wird vor allem von der Initiative Deutsche Wohnen & Co | |
enteignen forciert. Am Mittwoch gab die Landeswahlleiterin bekannt, dass | |
bereits rund 200.000 Berliner*innen für den Volksentscheid über die | |
Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen unterschrieben haben. | |
Eine Abstimmung parallel zur Wahl am 26. September dürfte also kommen. | |
Das dürfte auch Vonovia und Deutsche Wohnen bewusst sein. Ohne den Druck | |
der Straße wäre es wohl nicht zu den Zugeständnissen an die Politik | |
gekommen. Lohnen wird sich der Deal – wenn er zustande kommt, die Aktionäre | |
müssen noch zustimmen – für Vonovia dennoch. Bei einer Kaufsumme von 18 | |
Milliarden Euro kostet eine Wohnung der Deutschen Wohnen im Schnitt gut | |
115.000 Euro, ein Schnäppchen angesichts der jüngsten Preisentwicklung. | |
Zudem dürfte der Name Deutsche Wohnen verschwinden, zuletzt ein Synonym für | |
Raffgier. | |
Doch die Forderung nach Vergesellschaftung ist damit nicht vom Tisch. Im | |
Gegenteil, die Initiative hat – ohne das zu wollen – einen ersten Erfolg | |
errungen und kann nun argumentieren, dass es jetzt ums Ganze geht. Zweifel | |
an den geläuterten Großkapitalisten sind angebracht: Wer glaubt denn, dass | |
renditeorientierte Unternehmen sich in einem boomenden Markt zu sozialen | |
Vermietern wandeln? Dazu kommt: Eine SPD, die wunderbare Freundschaften mit | |
der Bau- und Immobilienlobby pflegt, hatte Berlin über Jahrzehnte. Das | |
Ergebnis ist bekannt. | |
29 May 2021 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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