| # taz.de -- Vonovia und Deutsche Wohnen: Deutsche Wohnen wegshoppen | |
| > Die börsennotierte Vonovia kauft die Deutsche Wohnen, und in Berlin | |
| > jubeln SPD und CDU. Dabei ist längst noch nicht klar, was der Deal mit | |
| > dem Senat bedeutet. | |
| Bild: Mobilisierung für das Volksbegehren Deutsche Wohnen enteigen. Nimmt der … | |
| Berlin taz | Wer ist da auf welchem Auge blind? „Wir haben einen | |
| DAX-Konzern in die Knie gezwungen“, freut sich Rouzbeh Taheri, Sprecher des | |
| [1][Volksbegehrens Deutsche Wohnen & Co. enteignen], um 10.15 Uhr. 48 | |
| Minuten später meldet sich SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey zu Wort: | |
| „Wir müssen weg von der Konfrontation hin zur Kooperation.“ | |
| Miethai frisst Miethai, macht ein paar Zugeständnisse, und die SPD ist aus | |
| dem Häuschen. Man muss sich schon die Wirklichkeit zurechtbiegen, um wie | |
| Giffey mit keinem Wort zu erwähnen, dass es ohne den Druck des | |
| Volksbegehrens keine Zugeständnisse der börsennotierten Wohnungsunternehmen | |
| Vonovia und Deutsche Wohnen an den Senat gegeben hätte. | |
| Eine Art privatwirtschaftlichen Mietendeckel will der fusionierte | |
| Wohnungsriese mit dann insgesamt 500.000 Wohnungen einführen und 20.000 | |
| Wohnungen an das Land Berlin verkaufen. Das ist, wie Giffey schreibt, | |
| tatsächlich „ein gutes Signal“. Ohne die Drohung aber, dass nach einem | |
| erfolgreichen Volksbegehren der gesamte Bestand der Deutsche Wohnen mit | |
| ihren 110.000 Wohnungen in Berlin (und der Vonovia mit 40.000 Wohnungen) | |
| rekommunalisiert werden würde, wäre es nicht zustande gekommen. Erst | |
| Konfrontation, dann Kooperation, hätte es bei Giffey also richtigerweise | |
| heißen müssen. | |
| Im Gegensatz zur SPD-Kandidatin ist sich die Initiative für das | |
| Volksbegehren der Ambivalenz des überraschend zustande gekommenen Deals | |
| bewusst. Ja, die Mobilisierung der Enteignungskampagne hat nicht nur die | |
| Deutsche Wohnen, sondern auch den neuen Großkonzern dazu gezwungen, sich zu | |
| bewegen. Aber wird deshalb alles gut? „Das Angebot, Wohnungen zu | |
| hochspekulierten Marktpreisen zu kaufen, ist unattraktiv“, heißt es bei der | |
| Kampagne zum Verkauf der 20.000 Wohnungen. Das kurzfristige Begrenzen von | |
| Mietpreisen könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mieten mittel- und | |
| langfristig weiter gesteigert werden sollen. | |
| ## Details noch nicht bekannt | |
| Tatsächlich ist über die Konditionen des Pakets bislang wenig bekannt. | |
| Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach auf der | |
| Pressekonferenz mit Vonovia-Chef Rolf Buch und Deutsche-Wohnen-Vorstand | |
| Michael Zahn lediglich davon, dass die Wohnungen zum „Ertragswert“ gekauft | |
| werden sollen. Die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sollen die | |
| Ankäufe über Kredite finanzieren. Alleine der Streit darüber, ob sich | |
| Degewo und Co. auch nach dem Karlsruher Urteil an die Vorgaben des | |
| Mietendeckels halten, gibt einen Vorgeschmack darauf, dass auch die | |
| Berliner Wohnungsbaugesellschaften bald wieder ihre Zügel straffer ziehen | |
| könnten. | |
| Unklar ist auch, auf welcher Grundlage die Selbstbeschränkung der | |
| Mieterhöhungen für jene Bestände verankert wird, die beim neuen Großkonzern | |
| bleiben. Nebenkosten jedenfalls fallen nicht darunter. Dabei verweist die | |
| Kampagne ausdrücklich darauf, dass es das Geschäftsmodell der Vonovia sei, | |
| überhöhte Nebenkostenabrechnungen zu verschicken, „die über Tochterfirmen | |
| in die Tasche des Mutterkonzerns zurückfließen“. Wird das künftig auch in | |
| den Wohnungen der ehemaligen Deutsche Wohnen so laufen? | |
| Es ist deshalb wenig überraschend, wenn der Mieterverein skeptisch auf den | |
| Deal reagiert. „Besonders leidtragend werden die Wohnungssuchenden sein“, | |
| sagt [2][Geschäftsführer Reiner Wild]. „Denn bei Wiedervermietung machen | |
| beide Konzerne derzeit ein dickes Geschäft, weil sie die Ausnahmen von der | |
| Mietpreisbremse nutzen.“ Auch deshalb sei es „kein Zufall, dass die | |
| Entscheidung zur Fusion erst nach dem Aus für den Mietendeckel vollzogen | |
| wird“. | |
| Die IG Bau wiederum erinnert an die Wohnungspolitik der vergangenen | |
| Jahrzehnte. „Vor gut zwanzig Jahren haben der Bund, Bundesunternehmen, | |
| Länder und Kommunen damit begonnen, mehr als 620.000 Wohnungen zu | |
| verkaufen“, sagt Gewerkschaftschef Robert Feiger. „Gekauft wurden die | |
| günstigen XL-Wohnungspakete von profitorientierten Immobilienfonds, von | |
| Heuschrecken. Die haben damit ihre Geschäfte gemacht und die Mieten enorm | |
| nach oben getrieben.“ Ohne diesen „wohnungsbaupolitischen Sündenfall“, so | |
| Feiger, würde es die Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen gar nicht | |
| geben. | |
| Von einem Erfolg zu sprechen, wie es Giffey tut, verbietet sich also. | |
| Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer hat recht, wenn er anmerkt, dass die | |
| Zugeständnisse „nichts an dem zu Grunde liegenden Geschäftsmodell der | |
| großen börsennotierten Immobilienunternehmen“ änderten. „Sie sind weiter | |
| ihren Aktionärinnen und Aktionären verpflichtet und erwirtschaften Gewinne | |
| auf Kosten der Mieterschaft.“ Deshalb unterstütze die Linke auch zukünftig | |
| das Volksbegehren zur Vergesellschaftung. | |
| Nicht in den Chor der Erfolgsmeldungen will auch Bettina Jarasch | |
| einstimmen. „Wer eine solch große Machtkonzentration anstrebt, muss zeigen, | |
| dass das einen Mehrwert für die Berlinerinnen und Berliner hat“, teilt die | |
| grüne Spitzenkandidatin für die Wahl am 26. September mit. Es brauche nun | |
| „verbindliche Vereinbarungen zu Themen wie Mieterhöhungsstopp, bezahlbarem | |
| Neubau und einem stärker gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt“. Zu | |
| Gesprächen mit der Vonovia stehe sie bereit, teilt Jarasch mit. Um ein | |
| Statement zum Volksbegehren drückt sie sich allerdings. | |
| Wer ist da auf welchem Auge blind? Interessant ist, dass sich die | |
| Mitteilung von CDU-Chef Kai Wegner nur in Nuancen von der der SPD | |
| unterscheidet. Für ihn gilt deshalb auch, was Mietervereinschef Wild sagt: | |
| „Wir sind überrascht, mit welcher Naivität der Regierende Bürgermeister | |
| Müller und Finanzsenator Kollatz den Immobiliendeal begrüßen“, so Wild. | |
| 25 May 2021 | |
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| [1] https://www.dwenteignen.de/ | |
| [2] https://www.berliner-mieterverein.de/presse/pressearchiv/fusion-vonovia-deu… | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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