| # taz.de -- Enteignungs-Volksentscheid: Jarasch will mit „Ja“ stimmen | |
| > Die Grünen-Spitzenkandidatin stellt einen Mietenschutzschirm vor und legt | |
| > sie sich erstmals auf ihr Votum beim Volksentscheid am 26. September | |
| > fest. | |
| Bild: Grüne-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch will einen Mietenschutzschirm au… | |
| Berlin taz So voll ist in diesem Sommer mutmaßlich noch keine | |
| landespolitische Pressekonferenz gewesen. Bettina Jarasch, die grünen | |
| Spitzenkandidatin, sitzt vor weit über einem Dutzend Journalisten, als sie | |
| am Mittwochnachmittag in einem Hotel in Mitte [1][ihr neues Projekt] | |
| vorstellt: einen Mietenschutzschirm. Das Kommen lohnt sich zweifach. Denn | |
| Jarasch legt sich auch erstmals fest, wie sie beim [2][Volksentscheid] der | |
| Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen parallel zur Wahl am 26. | |
| September stimmen will: „Ich werde ein ‚Ja‘ ankreuzen“, sagt sie. Die | |
| Grünen hatten sich bisher zwar hinter die Ziele des Entscheids gestellt, | |
| aber anders als die Linkspartei nicht klar für Zustimmung geworben. | |
| Neben Jarasch steht eins der neun Wahlplakate, die sie Mitte Juni vor weit | |
| weniger Presse vorgestellt hat. „Ein Grundrecht für Wohnen. Nicht auf | |
| Profite“, lautet der Schriftzug. Das ist auch die Grundidee ihres heutigen | |
| Themas. Wohnungsbesitzer sollen sich dem Gemeinwohl verpflichten: Sie | |
| sollen Mieten – wie beim Mietendeckel gedacht – auf fünf Jahre einfrieren, | |
| keine Umwandlung in Eigentumswohnungen, drei Jahre lang keine Dividenden | |
| ausschütten, stattdessen Gewinne in Instandhaltung, Sanierung und Neubau | |
| stecken. | |
| Ziel ist es, dass, wie in Wien, 50 Prozent der Wohnungen in Landeshand sind | |
| oder fairen Vermietern gehören. Die Grenze zwischen fair und unfair | |
| verläuft laut Jarasch zwischen denen, die unter den Schirm kommen und | |
| denen, die das nicht tun. Sie wollte sich aber nicht auf einen Termin | |
| festlegen, wie lange ihr Angebot dafür gilt. | |
| Als Anreize im Gegenzug schweben den Grünen vor allem Erbbaurechte, | |
| verringerte Zinsen, höhere Förderzuschüsse und erleichterte Bürgschaften | |
| vor – die aber private Firmen oftmals nicht benötigten. Der größte Anreiz | |
| ist ein Druckmittel: Wenn sich nicht genug Eigentümer unter dem Schirm | |
| sammeln, dann soll es doch zu Enteignungen kommen, wie sie Initiative | |
| Deutsche Wohnen & Co enteignen fordert. Die hatten die Grünen schon bei | |
| einem kleinen [3][Parteitag vor zwei Jahren] nicht ausgeschlossen, als | |
| Ultima ratio bezeichnet und das [4][in diesem Frühjahr bekräftigt.] | |
| Vor diesem Hintergrund soll Jaraschs Schirm offenbar eine letzte Chance für | |
| große Wohnungseigentümer darstellen, einer Enteignung zuvorzukommen. Sie | |
| hätten „die einmalige Chance, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen“. | |
| Den Schirm, der nach ihren Worten die Rückendeckung der Parteiführung hat, | |
| zu dem es aber noch keinen Parteitagsbeschluss gibt, bezeichnete Jarasch | |
| als „rechtssicheren Weg“ zu einem besseren Wohnungsmarkt. Den Weg der | |
| Enteignung hält sie für langwieriger und durch Klagen erschwert – aus ihrer | |
| Sicht bringt das kurzfristig, anders als der Schirm, keine Verbesserung. | |
| Jarasch und auch ihre neben ihr sitzenden Parteifreunde Katrin | |
| Schmidberger, die Mietenexpertin der Abgeordnetenhausfraktion und Jörn | |
| Oltmann, Baustadtrat in Tempelhof-Schöneberg, wiederholten mehrfach, | |
| nötigenfalls Enteignungen zu nutzen. „Es ist ein großer Verdienst des | |
| Volksentscheids, dass wir jetzt auf einem sehr guten Weg sind, das Primat | |
| der Politik zurückzuholen“, sagte Schmidberger. Auch Jarasch betont, die | |
| Enteignungsinitiative habe für den nötigen Druck gesorgt. | |
| Die Grünen sehen auch nur bei einer von ihnen geführten Landesregierung | |
| genug Entschiedenheit: „Solange die Wohnungswirtschaft auf eine Regierung | |
| zählen kann, die ihr nichts abverlangt, wird sie keine ernsthaften | |
| Verhandlungen führen“, sagte Jarasch und verband das wenig später konkret | |
| mit den Namen Franziska Giffey und Kai Wegner, den Spitzenkandidaten von | |
| SPD und CDU. | |
| Für den Fall, dass sowohl der Volksentscheid als auch ihr Schirm | |
| erfolgreich sind, sieht Jarasch keine Verpflichtung für Senat und | |
| Parlament, in dem vom Volksentscheid geforderten Gesetz zwingend | |
| Enteignungen festzuschreiben. Aus ihrer Sicht gibt ein Erfolg der | |
| Abstimmung – bei der es anders als beim Tempelhof-Entscheid 2014 nicht um | |
| einen konkreten Gesetzentwurf geht – nur vor: „Handle und ergreife die | |
| geeigneten Maßnahmen. | |
| 28 Jul 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://gruene.berlin/mietenschutzschirm | |
| [2] https://www.dwenteignen.de/ | |
| [3] /Archiv-Suche/!5592953&s=alberti+enteignung+gr%C3%BCne+mittel&SuchR… | |
| [4] /Landesparteitag-Gruene-in-Berlin/!5756829 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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