# taz.de -- Enteignungs-Debatte in Berlin: Deutsche Wohnen sahnt ab | |
> Im April erklärte das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel für | |
> nichtig. Die Deutsche Wohnen, größter Vermieter Berlins, proftierte | |
> davon. | |
Bild: Jede Bilanz der Deutschen Wohnen ist ein Argument für ihre Enteignung | |
BERLIN dpa/taz | Der [1][Immobilienkonzern Deutsche Wohnen] hat in den | |
ersten sechs Monaten von höheren Mieten profitiert. Die Vertragsmieten | |
legten im ersten Halbjahr im Jahresvergleich um 0,9 Prozent auf 425,8 | |
Millionen Euro zu, wie das Dax-Unternehmen am Freitag in Berlin mitteilte. | |
Die Vertragsmiete im Gesamtportfolio kletterte zum 30. Juni um 3,2 Prozent | |
auf durchschnittlich 7,15 Euro pro Quadratmeter. Auch in Berlin stiegen die | |
Mieten. An der Börse sorgten die Zahlen zunächst für keine Reaktion. | |
Vor wenigen Monaten hatte das Bundesverfassungsgericht das seit mehr als | |
einem Jahr geltende Berliner [2][Mietendeckel-Gesetz in einem Beschluss für | |
nichtig erklärt.] Unter anderem mussten Vermieter in dieser Zeit ihre | |
Mieten zum Teil deutlich senken. Nun können sie diese wieder auf das | |
ursprüngliche Niveau anheben. Die Deutsche Wohnen hat bereits entgangene | |
Zahlungen von Mietern nachgefordert. | |
Um der Corona-Pandemie und dem Urteil zum Mietendeckel Rechnung zu tragen, | |
will die Deutsche Wohnen aber nach früheren Angaben im laufenden Jahr keine | |
Mieterhöhungen umsetzen. Dem Konzern gehören in Deutschland rund 154.750 | |
Wohnungen. Rund drei Viertel davon stehen in Berlin. Wie in vielen | |
Ballungsräumen sind die Mieten dort in den vergangenen Jahren besonders | |
stark gestiegen. | |
Dennoch dürfte die Bilanz Wasser auf die Mühlen des Volksbegehrens Deutsche | |
Wohnen und Co. enteignen sein, über das am 26. September in Berlin | |
abgestimmt wird. Die Initiative, die den Entscheid durchgesetzt hat, | |
fordert die Vergesellschaftung des Bestandes von allen Unternehmen, die | |
mehr als 3.000 Wohnungen in der Stadt besitzen. Angesichts dramatisch | |
gestiegener Mieten in Berlin in den vergangenen zehn Jahren stößt der | |
Entscheid auf großes Interesse. | |
Künftig will sich Deutsche Wohnen auf Neubau konzentrieren. Damit will der | |
Konzern das Problem der Wohnungsknappheit in deutschen Wachstumsregionen | |
angehen, wie er weiter mitteilte. Deutsche Wohnen werde über die | |
Immobilien-Plattform Quarterback in den kommenden Jahren rund 18.000 | |
Wohnungen in Berlin, Dresden, Leipzig, München, Frankfurt und Stuttgart | |
bauen. | |
Deutsche Wohnen ist an Quarterback mit rund 40 Prozent beteiligt. Mit der | |
Umsetzung der Neubaupläne liege das Unternehmen im Plan, hieß es. Die | |
Investitionen erhöhten sich deshalb im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von | |
24,8 Millionen auf nun 184 Millionen Euro. | |
## Neuer Anlauf für Fusion mit Vonovia | |
Im Fokus steht aber vor allem die geplante Übernahme von Deutsche Wohnen | |
durch den Konkurrenten Vonovia. Erst jüngst hatte Vonovia einen neuen | |
Anlauf für den Kauf von Deutschlands zweitgrößtem Vermieter gestartet. Der | |
Chef des Marktführers Vonovia, Rolf Buch, kündigte ein verbessertes Angebot | |
an – gerade eine Woche nachdem ihm viele Aktionäre der Deutsche Wohnen die | |
kalte Schulter gezeigt hatten. Grünes Licht für die Übernahme hat Vonovia | |
von der Finanzaufsicht Bafin bereits erhalten. | |
Vorstand und Aussichtsrat der Deutsche Wohnen bewerten den angestrebten | |
Zusammenschluss mit Vonovia nach wie vor positiv, teilte der Berliner | |
Immobilienkonzern weiter mit. Vonovia-Chef Buch will den bislang größten | |
Deal in der deutschen Wohnungswirtschaft möglichst noch vor der | |
Bundestagswahl im September unter Dach und Fach bringen. Deutschlands | |
größter Vermieter will den Eignern der Deutsche Wohnen nun 53 Euro je Aktie | |
zahlen. Damit würde die Deutsche Wohnen insgesamt mit etwa 19 Milliarden | |
Euro bewertet. | |
## Gewinn gesteigert | |
Im ersten Halbjahr steigerte Deutsche Wohnen den operativen Gewinn im | |
Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent auf 291,4 Millionen Euro. Der | |
Überschuss legte um gut 18 Prozent auf 256,4 Millionen Euro zu. Dazu trug | |
vor allem eine höhere Bewertung der Immobilien bei. Für das laufende Jahr | |
erwartet der Konkurrent von Vonovia, LEG Immobilien und TAG Immobilien | |
weiterhin einen operativen Gewinn etwa auf dem Niveau des Vorjahres. | |
13 Aug 2021 | |
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