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# taz.de -- Ein Jein der Grünen zur Enteignungsfrage: Der ewige Eiertanz
> Spitzenkandidatin Bettina Jarasch stellt die Idee eines
> Mietenschutzschirms vor und äußert sich zum Volksentscheid. Grüne wollen
> Enteignungen. Oder?
Bild: Bettina Jarasch hat einen Fahrplan in Sachen Enteignungen (hier bei der F…
Ein klares Jein in der Enteignungsfrage hat die grüne Spitzenkandidatin
[1][Bettina Jarasch am Mittwoch] geäußert. Sie werde zwar beim
Volksentscheid im September mit einem „Ja“ für das Anliegen der
[2][Kampagne Deutsche Wohnen und Co Enteignen] stimmen, sagte Jarasch.
Gleichzeitig aber solle die von über 350.000 Berliner*innen geforderte
Vergesellschaftung nur „Ultima Ratio“ sein, wenn die Wohnungswirtschaft
sich nicht unter einen zugleich vorgestellten Mietenschutzschirm der Grünen
flüchtet. Jarasch warb nämlich gleichzeitig für einen Pakt mit der
Wohnungswirtschaft – einem vermeintlich rechtssicheren Weg.
Laut Vorschlag der Grünen soll der Pakt verbindlich sein für
Vermieter*innen und Eigentümer*innen. Sie sollen für fünf Jahre auf
Mieterhöhungen verzichten, in Neuverträgen günstige Mieten anbieten, auf
Umwandlung in Eigentum und die Ausschüttung von Dividenden verzichten.
Stattdessen sollen sie investieren in Instandhaltung, Sanierung und Neubau
– und erhalten im Gegenzug Privilegien wie etwa ein Erbbaurecht auf
landeseigene Flächen. 50 Prozent von Berlins Wohnungsbeständen sollen so
nach gemeinwirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet werden. Wenn das Ziel
nicht erreicht werde, wird enteignet, so die Botschaft.
Mal abgesehen davon, dass [3][360.000] Berliner*innen [4][nicht für
einen Pakt mit der Wohnungswirtschaft unterschrieben] haben: Seit wann
funktioniert Gemeinwohl per Selbstverpflichtung? Konzerne wie Vonovia, die
Deutsche Wohnen, Akelius und Heimstaden betreiben seit dem bundesweiten
Erstarken von Mietenbewegungen schon länger Social Washing, indem sie
behaupten, sich sozialen Standards zu verpflichten.
## Sie gehen ihrem Geschäftsmodel nach
Hinterlegt ist das nicht: Gleichzeitig klagen Konzerne gegen den zusammen
mit der Wohnwirtschaft erarbeiteten Mietspiegel, setzen saftige
Mieterhöhungen durch, umgehen die Mietpreisbremse, zocken ab bei
Nebenkostenabrechnungen, wandeln in Eigentum um und führen
Luxusmodernisierungen durch. Man könnte auch sagen: Sie gehen ihrem
Geschäftsmodel nach. Denn Profite mit der Miete zu machen, ist nun mal ihr
Geschäft. Mit allen sozialen Konsequenzen.
Das Selbstverpflichtungen häufig eher wenig bringen, dürften die Grünen
eigentlich längst aus Erfahrungen mit der Lebensmittelindustrie oder der
Landwirtschaft wissen. Warum sollte das plötzlich bei Wohnraum klappen? Der
Wohnwirtschaftsverband [5][BBU war dann nach dem Grünen-Vorstoß auch leicht
pikiert] ob der mitschwingenden Enteignungsdrohung. Die Enteignungsfrage
bleibt ein Eiertanz für die Grünen, die auf Bundesebene immerhin zusammen
mit der CDU regieren wollen.
Gut ist angesichts dessen immerhin, dass Jarasch doch recht deutlich gesagt
hat, dass sie für den Volksentscheid stimmt. Das dürfte zumindest dem
Anliegen der Kampagne durchaus auch in einem enteignungsskeptischen Milieu
Auftrieb geben.
31 Jul 2021
## LINKS
[1] /Enteignungs-Volksentscheid/!5785988
[2] /Deutsche-Wohnen--Co-enteignen/!t5764694
[3] /Volksbegehren-Deutsche-Wohnen-Enteignen/!5783725
[4] /Mietenschutzschirm-der-Gruenen/!5786041
[5] /Vorstoss-der-Gruenen-Spitzenkandidatin/!5786169
## AUTOREN
Gareth Joswig
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