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# taz.de -- Ankauf von 20.000 Wohnungen durch Berlin: Nicht alle jubeln
> Eine Projektgruppe soll die 20.000 Wohnungen prüfen, die das Land von
> Deutsche Wohnen und Vonovia ankaufen soll. Abgeordnete sind wenig
> begeistert.
Bild: Im Angebot für den Rückkauf: Wohnhaus am Kottbusser Tor
Berlin taz | Die Debatte über den [1][Ankauf von 20.000 Wohnungen] durch
die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften im Zuge der [2][Fusion von
Deutsche Wohnen und Vonovia] hat am Mittwoch erstmals das Parlament
erreicht. Im Stadtentwicklungsausschuss erläuterte die Staatssekretärin für
Wohnen, Wenke Christoph (Linke), das geplante Prozedere. Seit vergangener
Woche arbeite demnach eine Projektgruppe unter Federführung der
Senatsverwaltung für Finanzen, an der auch die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung sowie die vorgesehenen Käuferinnen Degewo, Howoge und
Berlinovo beteiligt sind.
Diese werde sich, so Christoph, in den nächsten Wochen mit der Prüfung der
Bestände beschäftigen und dabei den Zustand der Wohnungen, der möglichen
Schadstoffbelastung, die Situationen in den Quartieren und die Wohnlage
beleuchten. Laut Christoph werde erst auf Grundlage dieser Prüfung „in
konkrete Preisverhandlungen eingestiegen“. Laut Finanzsenator Matthias
Kollatz (SPD) soll der Kauf zum Ertragswert der Wohnungen erfolgen; der
bezieht sich auf die zu erwartenden Mieteinnahmen und liegt unter dem
Marktwert. Ab nächster Woche sollen konkrete Gespräche mit der Deutsche
Wohnen und Vonovia beginnen.
Anders als in der SPD-Spitze um Kollatz und Michael Müller zeigten sich die
Fachpolitiker*innen keineswegs rundum begeistert. Daniel Buchholz,
Sprecher für Stadtentwicklung der SPD, sagte: „Ich glaube nicht, dass die
Fusion grundsätzlich ein Gewinn für Mieter*innen ist.“ Vonovia wolle
weiterhin „Rendite und damit Kapital erwirtschaften und an die Eigentümer
ausschütten“.
Für die Fraktion forderte Buchholz, dass alle noch bestehenden oder
ehemaligen Seniorenwohnhäuser zurückgekauft werden sollen. Deren
Instandhaltung und auch die Zielgruppenausrichtung hätte die Deutsche
Wohnen vernachlässigt. Zugleich äußerte er den Wunsch, dass es nicht nur
ein Rückkauf einer „Resterampe“ werde. Buchholz mahnte an, das
Abgeordnetenhaus über die Vorgänge zu informieren.
## Teure Sozialbauten
Einig waren sich die Abgeordneten, auch von CDU und FDP, in ihrer Sorge,
dass Berlin womöglich zu viel Geld für sanierungsbedürftige Wohnungen
ausgebe, etwa für das asbestbelastete Quartier Falkenhagener Feld.
Christoph verteidigte es, Bestände des sozialen Wohnungsbaus, besonders
jene mit demnächst auslaufender Sozialbindung, zurückzukaufen.
Katrin Schmidberger (Grüne) äußerte die Befürchtung, „dass sich der Senat
über den Tisch ziehen lässt“. Es könne nicht sein, dass der Regierende
Bürgermeister und einzelne Senatoren „Hinterzimmer-Milliardendeals“
einfädelten – „und dann auch noch schlechte“. Sie verwies auf die
schlechten Erfahrungen Berlins mit Immobiliendeals sowie auf einstige
Mieterschutzversprechen an die verkauften GSW-Mieter*innen, die dann aber
nur für jene galten, die individuelle Rechte in ihren Mietverträgen
vereinbart hatten.
Staatssekretärin Christoph äußerte sich zurückhaltend zu den Plänen
Vonovias, wie dem Neubauziel von 13.000 Wohnungen. Sie sagte: „Ich würde
mich über einen verbindlichen Zeitplan für die Neubaupläne freuen.“ Die
Ankündigung, die Mieten in den kommenden drei Jahren nur um maximal ein
Prozent zu erhöhen, bezeichnete Christoph als „gewisses Zugeständnis“, ab…
angesichts der geringen Erhöhungsspielräume des Mietspiegels für Vonovia
als „keinen so wahnsinnig großen Verlust“.
## Mietendeckel für Landeseigene
Der Senat hatte am Dienstag ebenfalls Limitierungen für die
Wohnungsbaugesellschaften beschlossen, die sich weiterhin an zentrale
Bestimmungen des Mietendeckels halten sollen. Demnach dürfen die Mieten ab
nächstem Jahr nur um ein Prozent steigen, Rückzahlungen gesenkter Mieten
sind ausgeschlossen, ihre Anhebung darf nur schrittweise um höchstens 2,5
Prozent auf maximal die ortsübliche Vergleichsmiete erfolgen. Bei
Wiedervermietungen soll die Formel Vergleichsmiete minus zehn Prozent die
Regel sein.
Die Regelungen gelten nicht für die Berlinovo, die laut dem
Linken-Bundestagsabgeordneten Pascal Meiser die Mieten wieder auf das
Niveau vor der Mietendeckel-Senkung angehoben habe. Meiser forderte ein
Ende der „Extrawürste“ für die Berlinovo und die Eingliederung ihrer
Wohnungen „in den regulären kommunalen Wohnungsbestand“.
Rot-Rot-Grün hatte angekündigt, am Donnerstag im Abgeordnetenhaus einen
Antrag einzubringen, der den Senat zu einer Bundesratsinitiative
auffordert. Der Bund müsse „es den Ländern und Kommunen durch eine
Öffnungsklausel ermöglichen, Mieten auf angespannten Wohnungsmärkten zu
begrenzen“, hieß es in einer Mitteilung. Der Mietendeckel war am
Bundesverfassungsgericht an der fehlenden Kompetenz des Landes
gescheitert.
2 Jun 2021
## LINKS
[1] /Fusion-Deutsche-Wohnen-und-Vonovia/!5775931
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## AUTOREN
Erik Peter
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