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# taz.de -- Profit-Wahn von Vermieter*innen: Die Trickkiste des Kapitalismus
> Wohnraum vermieten ist vor allem eins: eine Einladung zur
> Profitproduktion. Warum der Mietenwahn in Städten eine politische
> Intervention erfordert.
Bild: Der erste Schritt in die Abhängigkeit: Schlüsselübergabe für eine neu…
Eine Vermieterin besitzt eine Zweizimmerwohnung in einer beliebten
Wohngegend in Berlin, sie will – weil es herrscht ja Kapitalismus – das
Maximum an Profit aus ihrem Besitz rausschlagen. Damals, im Jahr 2019, gilt
noch [1][der Berliner Mietendeckel,] und die [2][bundesweite
Mietpreisbremse] gibt es ja auch. Also lässt sich die Vermieterin einen
Trick einfallen, um mehr als doppelt so viel wie die zulässige Miete
abzukassieren.
Im Mietvertrag steht, dass die Wohnung für 526 Euro vermietet wird, hinzu
kommen 96 Euro Nebenkosten. Direkt unter diesen beiden eher üblichen
Kostenpunkten wird ein „Kunstwerk“, das sich in der Wohnung befindet,
erwähnt und separat vermietet. Zusätzliche Kosten pro Monat: 578 Euro. Die
verzweifelten Mieter*innen, die aus dem Ausland zugezogen und dort
Wucherpreise für Wohnraum gewohnt sind, unterschreiben den Vertrag. Der
Fall wird später vor einem Berliner Gericht landen.
Gelesen habe ich das alles in der entsprechenden Gerichtsakte. Und diese
Geschichte ist nur eine kleine Illustration, wie der Mietenwahnsinn in
deutschen Städten längst um sich gegriffen hat. Die Liste mit dreisten
Abzocken von Vermieter*innen ist lang: [3][Falsche
Quadratmeterangaben] in Mietverträgen, angebliche [4][„freiwillige
Zusatzzahlungen“] in nachträglichen Vereinbarungen, zu denen
Mieter*innen rechtswidrig gedrängt werden, willkürlich angesetzte und
einbehaltene Kautionen, nötige Reparaturen werden nicht durchgeführt,
Mieter*innen leben in verschimmelten Wohnungen.
Auch bezeichnend: Über das erteilte Lastschriftmandat ziehen
Vermieter*innen in mehreren Fällen einfach mehr Geld ein, so wie es
ihnen gefällt. Hinter diesen und unzähligen anderen Berichten stecken mal
private Vermieter*innen und mal große Immobilienkonzerne wie Deutsche
Wohnen oder Vonovia. Der Markt regelt das schon – im Sinne der
Vermieter*innen oder ihrer Aktionär*innen.
## Keine Intervention der Politik
Sie denken jetzt: Wie geschmacklos kann es eigentlich noch werden? Na ja:
Beim vermieteten „Kunstwerk“ für 578 Euro (in Worten:
fünfhundertachtundsiebzig Euro) handelt es sich um eine Art Wandtattoo, das
angeblich von der Vermieterin selbst in einem Zimmer angebracht wurde.
Das „Kunstwerk“ erinnert an eine stilisierte Blume, wie von einem
Kinder-Tattoo-Sticker aus der Bravo in den neunziger Jahren. Dabei wäre das
hässliche Wandtattoo meiner Meinung nach ein guter Anlass für eine
Mietminderung von mindestens 100 Prozent (in Worten: hundert Prozent).
Die betroffenen Mieter*innen sind längst ausgezogen und haben – mit viel
Glück – eine andere Wohnung gefunden. Weil die politischen Parteien keine
effektive Regelung gegen diesen Mietenwahnsinn [5][auf dem deutschen
Wohnungsmarkt] einbringen wollen oder können, ist es auch das einzig
effektive Mittel derzeit: Glück muss man haben um eine*n anständige*n
Vermieter*in zu finden.
24 Jun 2021
## LINKS
[1] /Mietendeckel/!t5567229
[2] /Mietpreisbremse/!t5014932
[3] https://www.t-online.de/finanzen/immobilien-wohnen/mietrecht-wohnen/id_4776…
[4] https://www.wenigermiete.de/abgezockt-vom-vermieter-2019#rg5
[5] /Konzernfusion-auf-dem-Wohnungsmarkt/!5771249
## AUTOREN
Mohamed Amjahid
## TAGS
Kolumne Die Nafrichten
Mietenwahnsinn
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Mietenpolitik
Lesestück Recherche und Reportage
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Mietenwahnsinn
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