# taz.de -- Klimaschutz und CO2-Preis: Die Ärmsten entlasten | |
> Die Stiftung Klimaneutralität schlägt vor, wie ein steigender CO2-Preis | |
> kompensiert werden kann. Zum Beispiel durch die Abschaffung der | |
> EEG-Umlage. | |
Bild: Mittels sinkender Stromkosten kompensieren? Solarpark in Mastershausen im… | |
Vor der Bundestagswahl kocht jetzt die Auseinandersetzung über die | |
künftigen Kosten der Klimapolitik hoch. Politiker:innen von SPD, | |
Union, FDP und Linken [1][kritisieren Grünen-Kanzlerinkandidatin Annalena | |
Baerbock] für ihre Ansage, der Benzinpreis müsse bald um insgesamt 16 Cent | |
steigen. Einen Vorschlag, wie dies umgesetzt und sozial abgefedert werden | |
kann, hat nun die Stiftung Klimaneutralität veröffentlicht. | |
Die Organisation [2][des ehemaligen grünen Staatssekretärs Rainer Baake] | |
plädiert dafür, den ab diesem Jahr geltenden Kohlendioxidpreis für Verkehr | |
und Gebäude stärker als bisher geplant anzuheben. Als Ausgleich sollen die | |
Bürger:innen und Firmen bis 2025 komplett von der Umlage für | |
erneuerbaren Strom entlastet werden. Das Drittel der Bevölkerung mit den | |
niedrigsten Einkommen würde dadurch ent- und nicht belastet, erklärte | |
Baake. | |
Den diesem Vorschlag zugrundeliegenden langfristigen Plan hat die | |
Regierungskoalition aus Union und SPD längst beschlossen. Um den | |
klimaschädlichen Kohlendioxid-(CO2)-Ausstoß zu senken, soll [3][der | |
CO2-Preis] unter anderem für Benzin und Heizwärme im Rahmen des nationalen | |
Emissionshandels schrittweise steigen. Damit die Privathaushalte und Firmen | |
nicht überfordert werden, wird die Umlage für erneuerbaren Strom | |
(EEG-Umlage), ein wesentlicher Bestandteil der Stromrechnung, reduziert. | |
Die augenblickliche Debatte dreht sich nur darum, wie schnell dieser | |
Prozess abläuft und wie der soziale Ausgleich am besten zu schaffen ist. | |
Baake regt nun an, ab 2023 einen Mindestpreis von 60 Euro pro Tonne | |
CO2-Ausstoß festzulegen. Zum Vergleich: Die aktuelle Beschlusslage der | |
Koalition sieht für diesen Zeitpunkt 35 Euro vor. 2025 soll der | |
Mindestpreis laut Stiftung auf 80 Euro steigen, ein Maximalpreis bei 100 | |
Euro fixiert werden. Dieser würde in den Folgejahren um 10 Euro pro Jahr | |
zunehmen. | |
## Abschaffung der EEG-Umlage bis 2025 | |
Um die Zusatzkosten auszugleichen, schlägt Baake die Abschaffung der | |
EEG-Umlage bis 2025 vor. „Davon profitieren jenseits der privaten Haushalte | |
auch Gewerbe, Handel und Dienstleistungen“, sagte der Stiftungschef. Wie | |
die soziale Verteilung aussähe, hat das Öko-Institut ausgerechnet. Dessen | |
Experte Felix Matthes schilderte, dass die 10 Prozent der Bürger:innen | |
mit dem niedrigsten Einkommen beispielsweise um etwa 60 Euro pro Jahr | |
entlastet würden. | |
Erklärung: In dieser Einkommensgruppe werde wenig Auto gefahren, viel Geld | |
dagegen für Haushaltsstrom ausgegeben. In der Mitte gleichen sich die | |
Effekte aus, und die wohlhabendere Hälfte der Haushalte zahlt drauf. Die | |
soziale Verteilung funktioniert also analog zum Steuersystem: Wer mehr | |
verdient, zahlt mehr. Um die Wirkung zu belegen, hat das Öko-Institut | |
Beispielhaushalte durchgerechnet. Der genaue Effekt hängt allerdings von | |
den konkreten Lebensbedingungen, etwa der Größe der Wohnung oder dem | |
Benzinverbrauch des Fahrzeugs ab. | |
Matthes hält den Ausgleich mittels EEG-Umlage für besser als die | |
Rückzahlung [4][in Form einer Klimaprämie], wie sie etwa die Grünen, | |
SPD-Umweltministerin Svenja Schulze oder auch das Forum Ökologisch-Soziale | |
Marktwirtschaft (FÖS) in einer neuen Studie fordern. Der zusätzliche | |
Verwaltungsaufwand für die Auszahlung einer Prämie schlage mit | |
Milliardenbeträgen zu Buche, sagte Matthes. | |
Nicht über Baakes Vorschlag freuen werden sich die Verbände der | |
Immobilienbesitzer. Die Stiftung schlägt vor, dass der steigende CO2-Preis | |
für Gebäude ausschließlich von den Vermietern zu tragen sei. Begründung: | |
Nur die könnten entscheiden, ob in ihren Häusern klimaschädliche | |
Ölheizungen oder ökologische Wärmepumpen stünden. Der Preishebel müsse also | |
dort ansetzen, nicht bei den Heizkosten der Mieter:innen. | |
Die gesamte Finanzierung kann nach Ansicht der Stiftung über den Energie- | |
und Klimafonds im Bundeshaushalt abgewickelt werden. Dort hinein fließen | |
die Einnahmen aus dem nationalen und europäischen CO2-Preis und | |
Emissionshandel. Daraus müsse der Bund die Kosten der EEG-Umlage tragen. | |
Die Einnahmen und Ausgaben würden sich die Waage halten, wenn man die | |
Rücklage des EKF hineinrechne und etwa die Entschädigungen für | |
Kohlekraftwerke herausnehme. | |
3 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-ueber-hoehere-Benzinpreise/!5771701 | |
[2] /Gruenen-Experte-ueber-Klimapolitik/!5695932 | |
[3] /Fossile-Energie-und-Klimaschutz/!5766273 | |
[4] /Modelle-fuer-CO2-Besteuerung/!5609628 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
## TAGS | |
CO2-Emissionen | |
CO2-Preis | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Solarenergie | |
Pendlerpauschale | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
fossile Energien | |
Klimaneutralität | |
Annalena Baerbock | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Annalena Baerbock | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Energie sparen: Kosten reduzieren | |
Auch wer zu Hause schon auf LED umgestellt hat, kann Energiekosten noch | |
weiter senken. Fünf Tipps für Mieter:innen und Eigentümer:innen. | |
Klimapolitik und die soziale Frage: Die Armen dürfen zahlen | |
Klimaschutz ist nötig, aber die Unterschichten werden am stärksten | |
belastet. Dabei stoßen sie eher wenig CO2 aus – anders als viele | |
Umweltbewusste. | |
Klimawahlkampf in Deutschland: Viele leere Versprechen | |
Der beginnende „Klimawahlkampf“ wird bizarr. Die kleinste Oppositionspartei | |
will die Versprechen der Groko umsetzen. Und auch Union und SPD ducken sich | |
weg. | |
Anton Hofreiter über Klimaschutz: „Sie können Schweinebraten essen“ | |
Nach Mallorca fliegen? Das geht, sagt Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. | |
Der Gesetzgeber solle den Rahmen schaffen, sich aus Lebensstilfragen aber | |
heraushalten. | |
Polemik in Benzinpreis-Debatte: Billiges Empörungsspektakel | |
Das Baerbock-Bashing in der Benzinpreis-Debatte ist unfair. Die gerade | |
verschärften Klimaziele der Bundesregierung gehen in die gleiche Richtung. | |
20 Jahre Rat für Nachhaltige Entwicklung: Konsens über die Öko-Revolution | |
Der Nachhaltigkeitsrat und die Wissenschaftsakademie legen Ideen zur | |
Klimaneutralität vor: Ziel sei schneller Umbau mit sozialem Ausgleich. | |
Nach Kritik an unkorrekten Angaben: Baerbock passt Lebenslauf an | |
Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat ihren Lebenslauf | |
korrigiert. Zuerst hatte ein FAZ-Journalist über Ungenauigkeiten berichtet. | |
Streit über Benzinpreis-Erhöhung: Alle gegen Baerbock | |
Im Streit über höhere Spritpreise wird die Grünen-Chefin breit kritisiert. | |
Umweltverbände warnen vor einem „unredlichen“ Wahlkampf auf Kosten des | |
Klimas. | |
Debatte über höhere Benzinpreise: Auch Linke wollen Autofahrer ärgern | |
Die Linkspartei kritisiert Annalena Baerbock, weil sie einen höheren | |
Benzinpreis fordert. Dabei will die Linke Verbrennerautos gleich ganz | |
verbieten. | |
CO2-Kosten beim Heizen: Union verheizt Einigung | |
Die Unions-Fraktion will Vermieter:innen nicht an den Klimakosten beim | |
Heizen beteiligen. Umweltexpert:innen und Mieterverbände sehen das | |
kritisch. | |
Debatte über höhere Benzinpreise: Ignorante Vorwürfe | |
Die Linken-Politikerin Mohamed Ali demonstriert mit ihrer Kritik an | |
Baerbock peinliches Unwissen. Die Liberalen und Konservativen können sich | |
freuen. |