# taz.de -- Modelle für CO2-Besteuerung: Moderat beginnen, stark steigern | |
> Die Umweltministerin will eine CO2-Steuer light: Die Steuerzahler sollen | |
> sie zu Beginn kaum spüren. Bis 2030 würde sie aber steigen. | |
Bild: Wer wenig verbraucht, profitiert: Autofahren mit Benzin und Diesel soll t… | |
BERLIN taz | In der Diskussion über eine Besteuerung des Klimagases CO2 hat | |
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Freitag drei Gutachten | |
unterschiedlicher Forschungsinstitute vorgestellt. Zwar machte sich Schulze | |
kein konkretes Konzept zu eigen, doch faktisch zeigen die Papiere, welchen | |
Weg die Ministerin in den weiteren Verhandlungen favorisiert. Denn: Alle | |
vorgestellten Modelle sehen eine identische Höhe für die Steuer und | |
ähnliche Vorschläge für die Kompensation vor. | |
Demnach soll die Steuer im Jahr 2020 in einer Höhe von 35 Euro pro Tonne | |
CO2 eingeführt werden. Das entspricht Mehrkosten von 10 Cent pro Liter bei | |
Benzin und 11 Cent bei Diesel und Heizöl. „Damit bleibt der Preis unter dem | |
Maximum der letzten Jahre“, sagte Uwe Nestle vom Forum Ökologisch-Soziale | |
Marktwirtschaft, [1][das eine der Studien angefertigt hat]. | |
Erdgas würde um 1 Cent pro Kilowattstunde teurer. Anschließend soll die | |
Steuer jedes Jahr um 14,50 Euro pro Tonne steigern, so dass sie 2030 bei | |
180 Euro liegen würde. Das ist die Höhe, die auch die streikenden | |
SchülerInnen von Fridays for Future fordern – allerdings sofort. | |
Schulze stellte sich hinter diesen Pfad. „Es erscheint mir sehr sinnvoll, | |
moderat einzusteigen und dann schrittweise und planvoll die Steuersätze zu | |
erhöhen“, sagte sie. So ließen sich „ungerechte Belastungen“ vermeiden, | |
während Anreize gesetzt würden, langfristig „das Verhalten auch wirklich zu | |
ändern“. | |
## Flugverkehr bleibt ausgenommen | |
Für die Besteuerung des CO2-Ausstoßes soll den Vorschlägen zufolge keine | |
neue Steuer eingeführt, sondern die bestehenden Steuern auf Kraftstoffe, | |
Heizöl und Erdgas erhöht werden. Der Flugverkehr ist in den Konzepten | |
komplett ausgenommen. „Dafür brauchen wir eine europäische Lösung“, sagte | |
Schulze. Zumindest für innerdeutsche Flüge könnte die Bundesregierung | |
allerdings auch im Alleingang eine Kerosinsteuer einführen, wie es sie in | |
den Niederlanden bereits gibt. Diese hält das Umweltministerium aber für | |
„nicht sinnvoll“. | |
Große Ähnlichkeit gibt es in allen Gutachten auch bei der Frage, wie die | |
eingenommenen Gelder an die BürgerInnen zurückgegeben werden sollen. Denn | |
das ist für Schulze eine zentrale Bedingung: „Es sollen damit keine | |
Mehreinnahmen für den Staat geschaffen werden.“ Alle Konzepte setzen auf | |
eine Kombination aus einer sogenannten Klimaprämie – eine einheitliche | |
Summe, die jedes Jahr an jeden Menschen ausgezahlt wird – und einer Senkung | |
der Strompreise. | |
Wenn der Einstiegspreis von 35 Euro pro Tonne komplett als Klimaprämie | |
erstattet würde, läge diese bei knapp 100 Euro pro Kopf und Jahr. Wenn | |
durch eine Senkung von Stromsteuer oder Ökostrom-Umlage die Stromkosten | |
gesenkt werden, fiele die Prämie entsprechend geringer aus. Insgesamt würde | |
eine solche CO2-Besteuerung Geringverdiener und Familien finanziell | |
besserstellen, während gut verdienende Singels und Paare belastet würden. | |
„Die Politik kann einen CO2-Preis sozial gerecht gestalten“, folgerte | |
Schulze. | |
Die Grünen begrüßten die Vorschläge. „Von den Ergebnissen der Gutachten | |
fühlen wir uns bestätigt“, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter. Statt | |
weiter zu prüfen, solle die Bundesregierung jetzt schnell handeln, fordert | |
er. Zurückhaltender äußerte sich Udo Sieverding, Energieexperte der | |
Verbraucherzentrale: „Die Klimaprämie ist eine charmante Idee, die Vorteile | |
einer sozial gerechten Verteilung liegen auf der Hand“, sagte er. | |
Gleichzeitig warnte er: „Solange es kein konkret machbares Verfahren für | |
einen unbürokratischen Geldfluss gibt, mache ich mir allerdings Sorgen, | |
dass die hohen Erwartungen enttäuscht werden.“ | |
## Bundesregierung will im September entscheiden | |
Kritik kam vom Verein CO2-Abgabe, der für eine umfassenderes Modell wirbt. | |
„Nur die Sektoren Wärme und Verkehr in den Blick zu nehmen, greift zu | |
kurz“, sagte der Vorsitzende Ulf Sieberg. | |
Die Bundesregierung will im September eine Entscheidung über eine | |
CO2-Steuer fällen. Während die SPD diese fordert, hat sich die Union noch | |
nicht festgelegt. Nächste Woche wird dazu ein weiteres Gutachten | |
vorgestellt, das das Kanzleramt in Auftrag gegeben hat. | |
5 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://www.foes.de/pdf/2019-07-FOES_CO2Preis_Hintergrundpapier_BMU.pdf | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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