| # taz.de -- Schlechtes Gewissen für den Klimaschutz: Mehr Flugscham, bitte! | |
| > Eine Kerosinsteuer ist in weiter Ferne, auch bis zur Besteuerung von CO2 | |
| > kann es noch eine Weile dauern. Wenn nicht Flugscham, was denn sonst? | |
| Bild: Die Schwäche der Klimawandeldebatte: Etwas tun? Ja, unbedingt. Etwas än… | |
| Und, wie geht’s so? Super, antworten die Fluggesellschaften. Zwar reden | |
| fast alle darüber, was ein ungewöhnlich heißer oder ungewöhnlich kühler | |
| Sommer über den Klimawandel aussagt, verlieren sich in Details einer | |
| möglichen CO2-Steuer, denken vielleicht sogar über ein Plastikfasten nach. | |
| Aber deswegen gleich Flugscham empfinden? Auf das zum Wort gewordene | |
| schlechte Gewissen hören und stattdessen den Zug nehmen? Och nö. Der | |
| Verkehrsminister warnt schon davor, Flugscham zu fördern. Dabei ist Andreas | |
| Scheuer nicht unwesentlich verantwortlich dafür, wie der Verkehrssektor, | |
| der in Deutschland immerhin knapp ein Fünftel der Treibhausgasemissionen | |
| verursacht, organisiert ist. | |
| Was die Frage aufwirft: Wenn nicht Flugscham, was denn sonst? Eine | |
| Kerosinsteuer ist derzeit nicht in Sicht, auch bis zur Besteuerung von CO2 | |
| kann es noch eine Weile dauern, und selbst wenn in näherer Zukunft auf | |
| Bahntickets nur noch der ermäßigte Steuersatz gezahlt werden muss – das | |
| wird noch niemanden dazu bewegen, per Bahn statt mit dem Billigflieger | |
| übers Wochenende zum Konzert nach London zu reisen. | |
| Dabei scheint es durchaus anzukommen, dass Fliegen nicht das Beste für die | |
| persönliche CO2-Bilanz ist. So melden Kompensationsagenturen [1][wie | |
| Atmosfair] steigende Ausgleichszahlungen. Und vielleicht ist genau diese | |
| Haltung eine, wenn nicht sogar die zentrale Schwäche in der ganzen | |
| Klimawandeldebatte. Etwas tun? Ja, unbedingt. Etwas ändern? Nein, danke. | |
| Natürlich ist die Flugscham gleichzeitig ein Symbol. Denn während es | |
| durchaus zeitliche Zwänge zum Fliegen gibt – drei schlecht bezahlte Jobs, | |
| die im Jahr nur zwei Wochen Urlaub lassen, und trotzdem will die Familie im | |
| Ausland besucht werden –, gilt das für andere Bereiche keineswegs. Fleisch | |
| zum Beispiel. Wer in einem Industrieland lebt, also dort, wo Tiere in | |
| Massenställen gehalten werden, gefüttert mit Getreide, für das etwa in | |
| Südamerika Regenwälder abgeholzt werden, nein, der muss kein Fleisch essen. | |
| Die Frage ist: Wie reagiert die Bevölkerung darauf, wenn es nicht mehr | |
| darum geht, freiwillig etwas zu ändern, oder darum, nett und kuschelig zu | |
| einer kleinen Verhaltensänderung gestupst zu werden, sondern um klare Ge- | |
| und Verbote? Solche, die die Gewohnheiten einschränken und lieb gewonnene | |
| Verhaltensweisen nicht mehr möglich machen? Wird es Demonstrationen geben | |
| für ein Recht auf Steak? Petitionen gegen autofreie Innenstädte? Einen | |
| Lobbyverband, der sich dafür einsetzt, dass Konsument:innen weiterhin im | |
| Jahrestakt neue Elektronikgeräte kaufen dürfen? Oder einen kollektiven | |
| „Endlich!“-Seufzer? | |
| Noch ist alles offen. Bis es so weit ist: Mehr Scham, bitte! Und das nicht | |
| nur, wenn es ums Fliegen geht. | |
| 15 Jul 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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