Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Grüne in der Kritik: Zweifelhafte Vielflieger-Zahlen
> Die Grünen bekämpfen den Flugverkehr, doch ihre WählerInnen fliegen
> angeblich am meisten. Stimmt diese Aussage überhaupt?
Bild: Ohne Flugscham ganz weit oben: Kraniche
Berlin taz | „Grüne fliegen am meisten“: Diese Aussage war in der
vergangenen Woche in zahlreichen Medien zu lesen – etwa im [1][Focus], im
[2][Tagesspiegel], oder im [3][Stern]. Es klingt ja auch wirklich nach
einer schönen Geschichte: Während die Grünen im Parlament gegen den
klimaschädlichen Flugverkehr kämpfen, setzen sich ihre WählerInnen
ungerührt besonders oft ins Flugzeug.
Doch so eindeutig, wie die Überschriften klingen, ist die Realität
keineswegs. Grundlage für die Aussage ist eine repräsentative Umfrage, die
die Forschungsgruppe Wahlen Ende Juni im Auftrag des Bundesverbands der
Deutschen Luftverkehrswirtschaft durchgeführt hatte. Darin wurden die
TeilnehmerInnen unter anderem gefragt, ob sie in den letzten zwölf Monaten
geflogen seien. Von jenen, die nach eigener Aussage mit den Grünen
sympathisieren, bejahten das 46 Prozent und damit minimal mehr als bei den
FDP-AnhängerInnen mit 45 Prozent. Die Union kam auf 40 Prozent, die Linke
auf 32, die SPD auf 31 und die AfD auf 26 Prozent.
Allerdings ging es, wie gesagt, nur um die Frage, ob in den letzten zwölf
Monaten überhaupt ein Flugzeug genutzt wurde; die Anzahl und die Länge der
Flüge wurde nicht abgefragt. Wer am meisten oder am häufigsten geflogen
ist, lässt sich aus dem Wert darum nicht ablesen. Weitere Ergebnisse der
gleichen Umfrage sprechen eher gegen die Interpretation, dass dies die
AnhängerInnen der Grünen sind: So bevorzugen nur 20 Prozent von ihnen für
längere Strecken das Flugzeug, während 53 Prozent am liebsten Bahn fahren.
Bei den SympathisantInnen von SPD, Union und FDP bevorzugen dagegen 26 bis
29 Prozent das Flugzeug und nur 38 bis 42 Prozent die Bahn.
## Zustimmung zu höheren Preisen
Auch wenn unklar bleibt, wer nun am meisten fliegt – in jedem Fall dürften
Maßnahmen, die den Flugverkehr verteuern, auch viele Grünen-WählerInnen
treffen. Genau das fordern die Grünen aber: Um Inlandsflüge bis 2035
„weitestgehend obsolet“ zu machen, soll nicht nur die Bahn schneller und
billiger werden, heißt es in einem Papier aus der
Grünen-Bundestagsfraktion, das diese Woche [4][bekannt wurde]. Zudem soll
auf Kerosin für Inlandsflüge künftig eine Steuer erhoben werden. Sie soll
schrittweise den Satz von 65 Cent pro Liter erreichen, der auch bei Benzin
gilt. Fliegen würde damit spürbar teurer.
Doch dass die Partei damit massenhaft WählerInnen verliert, ist nicht zu
befürchten. Denn die Umfrage enthält auch diese Information: Dass die
Preise für Flugtickets „im Großen und Ganzen zu niedrig“ sind, finden 40
Prozent aller Befragten – aber satte 56 Prozent der Grünen-Fans.
25 Jul 2019
## LINKS
[1] https://www.focus.de/politik/deutschland/aus-klimaschutzgruenden-flugscham-…
[2] https://www.tagesspiegel.de/politik/umfrage-zur-flugscham-gruenen-anhaenger…
[3] https://www.stern.de/politik/deutschland/gruenen-waehler-fliegen-am-meisten…
[4] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gruene-bahn-flugzeug-co2-1.4535496
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Flugscham
Bündnis 90/Die Grünen
Luftverkehrswirtschaft
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Fridays For Future
Diesel-Nachrüstung
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Flugverhalten der Deutschen: Volk der Klimaheuchler
Flugscham? Von wegen. Brüllhitze, Fridays for Future, sogar die Regierung
handelt gegen den Klimawandel. Aber die Deutschen fliegen einfach weiter.
Airline-Lobbyist über Flugscham: „Klimaschutz ist die Zukunftsfrage“
Weniger Flüge? Nichts für Matthias von Randow vom Lobbyverband der
deutschen Luftverkehrswirtschaft. Er setzt auf CO2-neutralen Treibstoff.
Senat beschließt Diesel-Fahrverbote: Theoretisch gut, praktisch nicht
Ohne realistische Möglichkeit, Umwelt-Ignoranten zu bestrafen, kann der
neue Luftreinhalteplan der rot-rot-grünen Landesregierung nicht wirksam
sein.
Umweltbewusst reisen: Die Bahn, der Familienschreck
Aus Klimagründen soll Fliegen teurer werden – zu Recht. Davor muss die Bahn
aber günstiger werden. Und vor allem menschenfreundlicher.
Schlechtes Gewissen für den Klimaschutz: Mehr Flugscham, bitte!
Eine Kerosinsteuer ist in weiter Ferne, auch bis zur Besteuerung von CO2
kann es noch eine Weile dauern. Wenn nicht Flugscham, was denn sonst?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.