| # taz.de -- Klage von Umweltverbänden: Zum Klimaschutz verurteilt | |
| > Die Ampelregierung hat im Bereich Gebäude und Verkehr das | |
| > Klimaschutzgesetz nicht eingehalten, urteilt das Oberverwaltungsgericht | |
| > Berlin-Brandenburg. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. | |
| Bild: Mit 30 km/h durch den Schnee? Umweltverbände fordern ein Tempolimit für… | |
| Freiburg taz | Erstmals wurde die Bundesregierung wegen Nichteinhaltung | |
| des Klimaschutzgesetzes verurteilt. Beim Oberverwaltungsgericht | |
| Berlin-Brandenburg hatten Klagen der Umweltverbände DUH und BUND Erfolg. | |
| Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, und die Ampelkoalition | |
| arbeitet bereits an einer Änderung des Klimaschutzgesetzes, die der Klage | |
| den Boden entziehen soll. | |
| Das Klimaschutzgesetz sieht vor, dass Deutschland seine CO2-Emissionen bis | |
| 2030 um mindestens 65 Prozent senken muss. Dabei setzt das Gesetz für die | |
| einzelnen Sektoren wie Gebäude, Industrie und Verkehr jährliche | |
| Obergrenzen, die Jahr für Jahr absinken. So galt etwa im Verkehrssektor | |
| 2021 eine [1][Grenze von 145 Millionen Tonnen CO2]. Bis 2030 sinkt diese | |
| Obergrenze auf 85 Millionen Tonnen CO2 ab. | |
| Wenn das Sektorziel in einem Jahr verfehlt wird, muss das zuständige | |
| Ministerium ein Sofortprogramm mit Maßnahmen vorlegen. Sie sollen dafür | |
| sorgen, dass die Klimaziele noch erreicht werden können. Die | |
| Bundesregierung muss die Maßnahmen dann beschließen. | |
| Im Jahr 2021 wurden die Sektorziele sowohl im Verkehrs- als auch im | |
| Gebäudebereich verfehlt. [2][Verkehrsminister Volker Wissing (FDP)] und | |
| Bauministerin Klara Geywitz (SPD) legten daher im Juli 2022 entsprechende | |
| Sofortprogramme vor. Der gesetzlich vorgesehene Expertenrat für Klimafragen | |
| hielt jedoch insbesondere Wissings Sofortprogramm für unzureichend. Die | |
| Folge: Die Bundesregierung beschloss keine Umsetzung der Sofortprogramme. | |
| Deshalb klagten sowohl die Deutsche Umwelthilfe (DUH) als auch der Bund für | |
| Umwelt- und Naturschutz auf Einhaltung des Klimaschutzgesetzes. Zuständig | |
| war das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg, weil der Sitz der | |
| betroffenen Ministerien in Berlin ist. Die Bundesregierung versuchte, ein | |
| Urteil zu verhindern, indem sie die Klagebefugnis der beiden Verbände | |
| anzweifelte. Darüber wurde in der mündlichen Verhandlung vor einer Woche | |
| länger diskutiert. Letztlich erklärte das OVG die Klage für zulässig. | |
| Pflichten nicht erfüllt | |
| In der Sache hatte die Bundesregierung argumentiert, dass sie ihre | |
| Pflichten durchaus erfüllt habe. Schließlich habe sie im Oktober 2023 | |
| endlich ihr lang erwartetes Klimaschutzprogramm beschlossen. Dies konnte | |
| die OVG-Richter:innen aber nicht überzeugen. Das Klimaschutzprogramm aus | |
| dem Oktober sei kein „Sofortprogramm“, weil es auf die Perspektive 2030 | |
| gerichtet ist und nicht auf kurzfristige Maßnahmen, die auf eine | |
| schnellstmögliche Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben abzielen. Das | |
| Gerichtsurteil stellt nun zwar fest, dass die Bundesregierung ihre Pflicht | |
| aus dem Klimaschutzgesetz nicht erfüllt hat. Welche Maßnahmen in einem | |
| ausreichenden Sofortprogramm stehen sollten, ließ das Gericht jedoch offen. | |
| Umso konkreter sind die Vorstellungen der Umweltverbände. | |
| DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch sagte zum Verkehrssektor: „Die | |
| Bundesregierung muss als einzige sofort wirksame Maßnahme ein Tempolimit | |
| von 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und Tempo 30 für die Stadt | |
| umsetzen. Damit lassen sich jährlich über 11 Millionen Tonnen CO2 und damit | |
| ein Drittel des Fehlbetrages im Verkehrssektor einsparen.“ Außerdem müssten | |
| klimaschädliche Subventionen im Verkehr, etwa das Dienstwagenprivileg, | |
| gestrichen werden. | |
| Für den Gebäudebereich forderte DUH-Geschäftführerin Barbara Metz die | |
| „Sanierung der schlechtesten Gebäude zuerst“ sowie eine Sanierungsoffensive | |
| für Kitas und Schulen und eine „klimazielkompatible“ Ausrichtung von | |
| Neubauten. | |
| Noch allerdings ist das OVG-Urteil nicht rechtskräftig, denn die Berliner | |
| Richter:innen haben die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig | |
| zugelassen. Es ist zu vermuten, dass die Bundesregierung davon Gebrauch | |
| macht und Revision einlegt. Zum einen hätte das Rechtsmittel aufschiebende | |
| Wirkung. Zum anderen plant die Ampelkoalition eine Änderung des | |
| Klimaschutzgesetzes, die der Klage die Grundlage entziehen würde. | |
| Künftig keine Sofortprogramme mehr | |
| Künftig sollen die Ministerien [3][keine Sofortprogramme mehr vorlegen | |
| müssen], wenn in ihrem Sektor die Klimaziele verfehlt wurden. Stattdessen | |
| soll künftig die „Gesamtemmissionsmenge“ aller Sektoren der Maßstab sein. | |
| Werden die Vorgaben hier zweimal nicht eingehalten, müsste die | |
| Bundesregierung entsprechende Maßnahmen beschließen. Offiziell soll dies | |
| die „Querschnittsaufgabe Klimaschutz“ betonen und für die Wahl möglichst | |
| effizienter Lösungen sorgen. Aber natürlich werden so auch die | |
| Minister:innen Wissing und Geywitz aus der Schusslinie genommen. | |
| Wenn es der Ampelkoalition gelingt, die Novelle des Klimaschutzgesetzes zu | |
| beschließen, bevor das Bundesverwaltungsgericht entscheidet, dann wird die | |
| Revision der Bundesregierung Erfolg haben. Die Klagen von DUH und BUND | |
| müssten dann in letzter Instanz abgelehnt werden. | |
| Es spricht einiges dafür, dass es so kommt. Immerhin steht die Aufweichung | |
| des Klimaschutzgesetzes auf Wunsch der FDP schon im Koalitionsvertrag. Ein | |
| Koalitionsausschuss im April hat das Projekt dann [4][konkretisiert]. Die | |
| Grünen stimmten damals zu, weil im Gegenzug die FDP das | |
| Gebäudeenergiegesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) | |
| akzeptierte. Im September dieses Jahres hat im Bundestag bereits die erste | |
| Lesung der Novelle stattgefunden. | |
| Theoretisch könnte [5][das Änderungsgesetz] also bald beschlossen werden. | |
| Aber nachdem das Bundesverfassungsgericht dem Klima- und | |
| Transformationsfonds 60 Milliarden Euro entzog, ist alles noch | |
| komplizierter geworden. | |
| 30 Nov 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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