Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Festgenommener Blogger in Belarus: Erst schlagen, dann schminken
> Der festgenommene Blogger Roman Protassewitsch wird in Belarus in den
> Staatsmedien vorgeführt. Vieles deutet dabei jedoch auf Folter hin.
Bild: Der inhaftierte belarussische Blogger Roman Protassewitsch
Berlin taz | Dmitri Protassewitsch, der Vater [1][des inhaftierten
belarussischen Bloggers Roman Protassewitsch], ist überzeugt davon, dass
sein Sohn geschlagen wurde. „Das waren nicht seine Worte. Er war
verängstigt und sehr aufgeregt“, sagte Protassewitsch dem russischen
Nachrichtenportal insider ru über die am Montag verbreitete Videobotschaft
seines Sohnes. Das Gesicht habe geschminkt ausgesehen, die Nase,
möglicherweise gebrochen, sei gepudert gewesen.
Roman Protassewitsch, der Belarus bereits 2019 verlassen hatte, war am
Sonntag auf dem Minsker Flughafen festgenommen worden. Seine Maschine der
Fluggesellschaft Ryanair war auf ihrem Flug von Athen nach Vilnius von den
belarussischen Behörden zur Landung gezwungen worden.
Im von Staatsmedien verbreiteten Video sagt Protassewitsch nun, er befinde
sich im Minsker Untersuchungsgefängnis Nr. 1, gesundheitliche Probleme habe
er nicht. Die Mitarbeiter verhielten sich korrekt, er werde mit ihnen
zusammenarbeiten und Angaben zur Organisation von Massenunruhen in Minsk
machen.
Der 26-Jährige, der zuletzt für den Telegram-Kanal Belarus golownogo mosga
(„Belarus mit Hirn“) arbeitete, steht in Belarus wegen Terrorismus auf der
Fahndungsliste. Das Gleiche gilt für Stepan Putilo, einen Mitstreiter. Der
meldete sich aus Warschau zu Wort: „Sie schreiben mir, dass wir als
nächstes an der Reihe sind. Dass man uns nicht nach Belarus entführen,
sondern in Warschau erschießen wird“, sagte Putilo der polnischen Zeitung
Rzeczpospolita.
## Verbotene Substanzen
Der 22-Jährige war mit Protassewitsch Gründer des Portals Nexta auf
Telegram. Putilo befürchtet, dass Protassewitsch in der Haft gefoltert
wird, etwa mit verbotenen Substanzen, um ihn zum Reden zu bringen.
Franak Wjatschorka, Berater der Oppositionspolitikerin Swetlana
Tychanowskaja für internationale Beziehungen, sieht für Festnahme
Protassewitschs vor allem drei Gründe: Es gehe darum, Informationen über
andere Leute, weitere Autor*innen von Telegramm-Kanälen sowie einen
Zugang zu diesen Kanälen selbst zu bekommen. Überdies wolle sich das Regime
an dem Blogger rächen, da Roman Protassewitsch seit vielen Jahren für die
Freiheit gekämpft, die Wahrheit geschrieben und Menschen eine Plattform
gegeben habe. Er sei zu einem persönliche Feind von Präsident Alexander
Lukaschenko geworden, zitiert ihn das Nachrichtenportal Nastojaschee
vremja.
Selbiges Portal meldete am Dienstag, dass drei Mitarbeiter*innen
[2][des Onlinemediums tut.by] nicht mehr erreichbar seien. So habe vor dem
Haus der Journalist*innen Denis Burkowskij und Ala Burkowskaja ein
grauer Bus gestanden, in dem eine Person mit einer Sturmhaube gesessen
habe. Später berichteten Leser*innen der Redaktion, dass die beiden aus
ihrer Wohnung gebracht, in den Bus gesetzt und weg gefahren worden sein
sollen. Maksim Puschkin, ein weiterer Journalist, soll laut der Plattform
Onliner zum Training gegangen, dort aber nicht angekommen sein.
## Privatwohnung durchsucht
Kurz darauf wurde bekannt, dass offenbar auch Anastasia Prudnikowa,
Mitarbeiterin von LADY.TUT.BY, festgenommen wurde. Laut Aussage ihres
Mannes hätten Mitarbeiter der Staatlichen Behörde für Finanzkontrolle (KGK)
die Privatwohnung durchsucht und seine Frau mitgenommen. Das hätten sie mit
laufenden Ermittlungen gegen tut.by begründet.
In der vergangenen Woche hatten Behörden die Website gesperrt. Angeblich
soll die Redaktion Steuern in beträchtlichem Umfang hinterzogen haben. Im
Zuge der Razzien am 18. Mai waren insgesamt 15 Mitarbeiter*innen von
tut.by festgenommen worden.
25 May 2021
## LINKS
[1] /Gekaperter-Ryanair-Flug-in-Belarus/!5769803
[2] /Gesperrtes-Nachrichtenportal-in-Belarus/!5773545
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Medien
Belarus
Opposition
Repression
GNS
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Belarus
Belarus
Kolumne Notizen aus Belarus
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Belarus
Kolumne Notizen aus Belarus
Alexander Lukaschenko
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Belarus
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Belarus
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Todesstrafe in Belarus: Minsker Märchenstunde
In Belarus wurde ein Deutscher zum Tod verurteilt. Jetzt fleht er im
belarussischen Staats-TV um Gnade. Nach wie vor bleibt der Fall nebulös.
Belarussisches Oppositionsmedium Nexta: Im Schwarm gegen Diktatoren
Gefüttert von zahlreichen Einsendungen hat sich Nexta zu einer der
wichtigsten Newsplattformen Osteuropas entwickelt. Ein Redaktionsbesuch im
Warschauer Exil
Zensur der Presse in Belarus: Das Lager der Extremisten
Die Machthaber wollen das Infoportal TUT.BY als extremistisch einstufen.
Janka Belarus erzählt vom Leben in Minsk in stürmischen Zeiten. Folge 92.
Nach Entführung von Roman Protassewitsch: EU sperrt Luftraum für Belarus
In der Nacht riegelten die EU und Ukraine den Luftraum für belarussische
Flugzeuge ab. Weitere Wirtschaftssanktionen sollen folgen.
Belarus nach der Flugzeugentführung: Lukaschenko im Würgegriff
Am Freitag trifft der belarussische Präsident erneut seinen Amtskollegen
Wladimir Putin. Der will die „Integration“ weiter vorantreiben.
Sanktionen gegen Belarus: Der Eiserne Vorhang senkt sich
Im Zentrum von Europa sind Piraten aufgetaucht. Grausame und nicht
besonders kluge. Janka Belarus erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk.
Folge 87.
Nach der Flugzeugkaperung in Belarus: Jenseits aller roten Linien
Das belarussische Volk ist in kollektiver Geiselhaft. Doch für die EU war
erst eine Flugzeugentführung nötig, um das Land wieder auf die eigene
Agenda zu setzen.
Nach erzwungener Landung in Belarus: „Ich habe rechtmäßig gehandelt“
Belarus' Machthaber Lukaschenko verteidigt die Flugzeug-Aktion und
Festnahme des Oppositionellen Roman Protassewitsch. Er habe die Menschen
„schützen“ wollen.
Oppositioneller festgenommen: Festgesetzt und verschwunden
Dem Aktivisten Roman Protassewitsch droht in Belarus das Todesurteil. Die
Ryanair-Piloten wollten die Flugzeuglandung wohl noch verhindern.
Gekaperter Ryanair-Flug in Belarus: Entführer im Präsidentenamt
Alexander Lukaschenko jagt Oppositionelle jetzt auch in der Luft. Die
Konsequenz: Europas Fluggesellschaften sollten Belarus nicht mehr
überfliegen.
Belarussischer Oppositioneller: Festnahme nach Notlandung
Ein belarussischer Oppositioneller war auf dem Weg nach Vilnius, als der
Flieger in Minsk notlanden musste. Die Opposition spricht von Kidnapping.
Gesperrtes Nachrichtenportal in Belarus: Bye, bye „tut.by“!
Die Behörden in Belarus haben das meistgelesene unabhängige
Nachrichtenportal gesperrt. Ein Vorwurf: Steuerhinterziehung in großem
Stil.
Staatliche Folter in Belarus: Strafanzeige gegen Lukaschenko
Der belarussische Autokrat geht brutal gegen die Opposition vor. Nun wollen
ihn Folteropfer dafür in Deutschland strafrechtlich belangen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.