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# taz.de -- Gesperrtes Nachrichtenportal in Belarus: Bye, bye „tut.by“!
> Die Behörden in Belarus haben das meistgelesene unabhängige
> Nachrichtenportal gesperrt. Ein Vorwurf: Steuerhinterziehung in großem
> Stil.
Bild: Am Dienstag sollen 13 Mitarbeiter*innen von „tut.by“ vorübergehend f…
Berlin taz | In Belarus geht der Kampf gegen unabhängige Medien weiter: Am
Dienstag erwischte es wieder einmal das unabhängige Nachrichtenportal
tut.by. Bereits am Morgen hatten die Behörden die Seite, die vor allem in
Belarus gelesen wird und rund drei Millionen Leser*innen hat, gesperrt.
Zur Begründung hieß es, tut.by habe [1][Informationen nicht registrierter
Organisationen] verbreitet und damit gegen das Gesetz über Massenmedien
verstoßen.
Doch das belarussische Staatliche Kontrollkomitee (KGK) hatte noch einen
zweiten Vorwurf parat: Angeblich soll die gleichnamige Mediengruppe seit
2019 Steuern in großem Stil hinterzogen haben. Am frühen Dienstagmorgen
hatten sich Sicherheitskräfte gewaltsam Zugang zu den Privatwohnungen der
Chefredakteurin Marina Solotowa sowie weiterer Kolleg*innen verschafft
und dort sowie in Redaktionsräumen und Tochterfirmen von tut.by
Hausdurchsuchungen durchgeführt. Wie das russische Investigativportal
insider.ru berichtet, seien mindestens 13 Mitarbeiter*innen von tut.by
vorübergehend festgenommen worden.
Waleri Tsepkalo, der bei der Präsidentenwahl am 9. August 2020 hatte
antreten wollen, nicht zugelassen wurde und jetzt im Ausland lebt, sprach
von einem politisch motivierten Schritt. Die Oppositionspolitikerin
Swetlana Tichanowskaja nannte das Vorgehen gegen tut.by einen
„vorsätzlichen Mord“ an der unabhängigen Presse und forderte die EU auf,
unverzüglich zu reagieren. Es brauche sofort Programme, um unabhängige
Medien zu unterstützen, sagte Tichanowskaja.
Peter Stano, Sprecher der EU, nannte die Sperrung von tut.by einen Akt
fortvgesetzter Repression und Einschüchterung von unabhängigen Medien. „Die
Schikanen gegen Journalist*innen müssen sofort beendet und alle
Inhaftierten frei gelassen werden, zusammen mit den politischen
Gefangenen.“ Die EU werde die Menschen in Belarus in ihrem Ruf nach Respekt
grundlegender Menschenrechte sowie die Zivilgesellschaft und die
unabhängigen Medien weiter unterstützen, sagte er.
## Status aberkannt
Die Staatsmacht hat es seit Längerem auf tut.by abgesehen. Im Dezember
vergangenen Jahres wurde dem Onlineportal der Status eines Massenmediums
aberkannt. Zu den angeblichen Falschinformationen gehören auch mehrere
Berichte über die Stiftung BYSOL, die Opfer von Repressionen finanziell
unterstützt.
Im November wurde die tut.by-Journalistin Katarina Borisewitsch
festgenommen. Sie hatte über Roman Bondarenko berichtet, der verstorben
war, nachdem er in Minsk von Sicherheitskräften zusammengeschlagen wurde.
Laut offizieller Version soll er betrunken gewesen sein.
Borisewitsch hatte unter Berufung auf medizinische Gutachten geschrieben,
dass Bondarenko nüchtern gewesen sei. Im März wurde sie wegen Verstoßes
gegen das Arztgeheimnis zu sechs Monaten Strafkolonie und einer Geldstrafe
von umgerechnet knapp 950 Euro verurteilt. Am Mittwochmorgen kam sie frei.
Die Zeit in Haft habe sie nicht brechen können. Sie sei nicht eine Person
ins Gefängnis gegangen und als eine andere wieder heraus gekommen, sagte
Borisewitsch gegenüber Journalist*innen nach ihrer Freilassung. Derzeit
sitzen [2][15 Medienvertreter*innen in Haft].
Unterdessen hat Noch-Präsident Alexander Lukaschenko ein Gesetz
unterzeichnet, dem zufolge Polizisten und Angehörige von Sicherheitskräften
mit scharfer Munition auf Demonstrant*innen schießen dürfen.
## Freie Hand
Das Gesetz sieht vor, dass Sicherheitskräfte nicht für Schäden, die sie
Demonstrant*innen durch physische Angriffe oder Feuerwaffen zufügen,
zur Verantwortung gezogen werden können, wenn ihre ihre Aktion eine legale
Grundlage haben.
Zudem ist es Sicherheitskräften erlaubt, Aufnahmen von der Auflösung nicht
genehmigter Protestaktionen zu unterbinden und dabei auch persönliche
Gegenstände und Fahrzeuge einzelner Personen zu durchsuchen sowie deren
persönliche Daten zu verlangen. Einer besonderen Anordnung dafür bedarf es
nicht.
19 May 2021
## LINKS
[1] /Repression-gegen-Presse-in-Belarus/!5747856
[2] /Journalismus-in-Belarus/!5750952
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Belarus
Alexander Lukaschenko
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