# taz.de -- Repression gegen Presse in Belarus: Letzter Ausweg Hungerstreik | |
> Seit Beginn der Proteste in Belarus wurden Journalist*innen | |
> verhaftet, zahlreiche sitzen im Gefängnis. Einer von ihnen ist Igor | |
> Losik. | |
Bild: Unterdrückt und eingesperrt: Oppositionelle und Journalist*innen in Bela… | |
Vielleicht hat diese Entscheidung Igor Losik das Leben gerettet: Anfang der | |
Woche kündigte der inhaftierte belarussische Blogger an, seinen | |
Hungerstreik zu beenden. „Ich tue dies auf eigenen Wunsch. Mich hat diese | |
unglaubliche Welle von Solidarität übermannt. Und die Bitten hunderter und | |
tausender Belarussen, aufzuhören und gesund auf unser aller Sieg zu | |
warten“, heißt es in einer Erklärung des 28-jährigen, die [1][das | |
Nachrichteportal reform.by] veröffentlichte. | |
Wenige Tage zuvor hatten zwei Medizinistudentinnen aus Solidarität mit | |
Losik beschlossen, ebenfalls die Nahrungsaufnahme einzustellen. Auch zwei | |
orthodoxe Priester setzten sich für den Gefangenen ein und boten an, für | |
ihn zu bürgen. | |
Losik, der den Telegram-Kanal „Belarus mit Hirn“ betrieben und als | |
Medienberater für den belarussischen Dienst von Radio Free Europe | |
gearbeitet hatte, war bereits am 25. Juni 2020 festgenommen worden. | |
Organisation von Gruppenaktivitäten, Verstoß gegen die öffentliche Ordnung | |
sowie Ungehorsam gegen Anordnungen von Vertretern der Staatsmacht lauteten | |
die Vorwürfe. | |
Darauf stehen bis zu drei Jahre Haft. Jedoch konnte zum damaligen Zeitpunkt | |
von sogenannten Gruppenaktivitäten noch keine Rede sein. Diese begannen | |
bekanntermaßen erst nach der [2][Präsidentenwahl am 9. August 2020], die | |
Staatschef Alexander Lukaschenko mit über 80 Prozent der Stimmen gewonnen | |
haben will. | |
## Gegen die eigenen Kollegen | |
Am 25. Dezember und damit kurz vor Ablauf der Frist für seine | |
Untersuchungshaft wurden neue Anschuldigungen gegen Losik erhoben: | |
Vorbereitung zur Teilnahme an Massenunruhen, hieß es diesmal, was eine | |
Verlängerung der U-Haft bis zum 25. März sowie im Falle einer Verurteilung | |
acht Jahre Freiheitsentzug bedeutet. Daraufhin trat Losik in einen | |
Hungerstreik. Erst in der vergangenen Woche hatten mehrere unabhängige | |
belarussische Nachrichtenportale berichtet, dass Losik, der im Minsker | |
Gefängnis „Okrestina“ einsitzt, einmal rund um die Uhr von Videokameras | |
überwacht werde. | |
Der junge Mann aus Baranawitschi ist nicht der einzige Medienmacher, der | |
derzeit in Haft ist. Laut Angaben der unabhängigen belarussischen | |
Journalistengewerkschaft (BAJ) erfolgten 2020 mehr als 470 Festnahmen | |
[3][unabhängiger Journalist*innen], gegen 97 von ihnen wurden | |
Arreststrafen verhängt. 50 Webseiten wurden blockiert. Aktuell sitzen zehn | |
Journalist*innen sowie acht Blogger im Gefängnis. Die Gesamtzahl | |
politischer Gefangener beziffert die belarussische | |
Menschenrechtsorganisation Vjasna (Frühling) derzeit mit 189. | |
Doch so unerbittlich der Staat gegen kritische Medienmacher*innen | |
vorgeht, so sehr hofiert er die ihm treu Ergebenen. Am 11. Januar 2021 | |
unterzeichnete Präsident Alexander Lukaschenko eine Verordnung über | |
Auszeichnungen für Journalist*innen staatlicher Medien für „ihre | |
Professionalität und ihren persönlichen Beitrag zur Entwicklung der | |
staatlichen Informationspolitik sowie des nationalen Journalismus“, wie es | |
offiziell hieß. | |
Einer der Geehrten ist der 25-jährige Fernsehjournalist Grigori Asarenko. | |
Er steht beim Staatssender STW auf der Gehaltsrolle und verunglimpft seine | |
unabhängigen Kollegen gerne als „ausländische Agenten“. Er darf sich fort… | |
mit dem „Orden für Tapferkeit“ schmücken – eine Auszeichnung, die in der | |
Regel Angehörigen der Armee oder Mitarbeitern von Organen für innere | |
Sicherheit vorbehalten ist. | |
Die Journalistin Ekaterina Andreewa, die seit dem 15. November 2020 hinter | |
Gittern sitzt und ebenfalls zur Zielscheibe von Asarenkos Verunglimpfungen | |
wurde, ließ diesem über ihren Anwalt ausrichten, dass sie ihm ihr Beileid | |
ausspreche. „Ich werde früher oder später aus dem Gefängnis kommen. Aber er | |
wird sein ganzes Leben an dieser Last zu tragen haben.“ | |
28 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://reform.by/196694-igor-losik-na-42-j-den-ostanovil-golodovku | |
[2] /Praesidenten-Wahl-in-Belarus/!5702049 | |
[3] /Journalisten-in-Belarus/!5740996 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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