# taz.de -- Amnestie in Belarus: Das Gericht entscheidet | |
> Alexander Lukaschenko weiß nichts von politischen Gefangenen in seinem | |
> Land. Olga Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 57. | |
Bild: Willkürliche Verhaftung während einer Demonstration gegen Wahlfälschung | |
Bei einem Arbeitstreffen zur Verbesserung der Gesetzgebung am Donnerstag | |
dieser Woche, äusserte sich [1][Alexander Lukaschenko] auch zu einer | |
Amnestie für politische Gefangene. Übrigens: Staatliche Medien, die dem | |
Präsidenten unterstehen, setzen das Wort politisch in Anführungszeichen. In | |
seiner Erklärung behauptet Lukaschenko, dass es im Land keine politischen | |
Gefangenen existierten, da es im Strafgesetzbuch keine Vorschrift dafür | |
gebe. Alle Gefangenen säßen ein, weil sie versucht hätten, die Stabilität | |
des Landes zu untergraben oder wegen Wirtschaftsverbrechen. | |
Heute weinen und stöhnen einige: Eine Amnestie…eine politische Amnestie und | |
so weiter. Morgen wird es eine politische Amnestie geben, wenn mir jemand | |
auch nur eine politische Vorschrift in unserem Strafgesetzbuch zeigt und | |
dass sie aus politischen Motiven verurteilt oder festgenommen wurden. Ich | |
werde sie unverzüglich begnadigen.“ | |
Und weiter: „Hören Sie zu, all dieses Geschwätz muss endlich aufhören. | |
Sogar allen denjenigen, die in Untersuchungshaft sind, habe ich auf die | |
Frage, wann sie wieder frei kommen, meine Sicht der Dinge dargelegt: Alles, | |
was dem Volk gestohlen wurde – gebt es zurück! Dann werden wir mit Euch ins | |
Gespräch kommen und ich werde versuchen, auf eure Frage zu antworten. Ich | |
warte. Bis jetzt warte ich ….“, merkte Alexander Lukaschenko an. | |
„Ich bin jedoch ein weiser Mensch. Ich weiß, dass diese Fragen mit | |
Verwandten erörtert wurden. Die Möglichkeiten hatten diese Demonstranten – | |
es ist ihnen wohl schade ums Geld.“ | |
Daher sollte sich niemand Illusionen machen: politische Gefangene, Amnestie | |
und so weiter. Wenn jemand nicht wegen Wirtschafts- und Finanzverbrechen, | |
strafbaren Handlungen, im Gefängnis sitzen will, dann soll er das Letzte | |
geben, was er hat. Wir haben gezeigt, was los ist. Nein, das Gericht | |
entscheidet. Wie das Gericht entscheidet, so wird es auch sein. Das ist die | |
ganze politische oder andere Amnestie“, fasste Lukschenko zusammen. | |
Übrigens: Am 28. Januar 202 waren von internationalen | |
Menschenrechtsorganisationen 229 Personen als [2][politische Gefangene] | |
anerkannt. | |
Am frühen Donnerstag morgen ging ein Bekannter von mir zur Polizei und | |
verschwand. Seit kurzem bestraft die Staatsmacht das Aufhängen einer | |
weiß-rot-weißen Flagge an Gebäuden und nennt das eine | |
Einpersonenkundgebung. | |
„Zehn Tage Verwaltungsstrafe für ein Kundgebung in Form des Aufhängens der | |
Nationalflagge am Fenster eines privaten Hauses“, schreibt mein Bekannter | |
Wladimir, Mitarbeiter einer IT-Firma. „Eine Hausdurchsuchung inklusive | |
Beschlagnahme persönlicher und dienstlicher technischer Geräte, von mir und | |
meiner Frau. Auch des Telefons ….Verlust des Zugangs zu allen Accounts und | |
Folter, um an Handydaten zu kommen. Meine Frau wurde einfach so | |
abgeschoben, sie ist aus Russland. Morgen stehe ich gemäß des Artikels | |
17.11, Absatz 2 vor Gericht – wegen eines Posts an die Redaktion eines | |
Telegramm-Kanals, der in Belarus verboten wurde.“ | |
Wenn ich manchmal unsere Inlandsnachrichten lese, fange ich an verrückt zu | |
werden. Denn die Repressionen gehen jeden Tag weiter und die Staatsmacht | |
interpretiert die Fakten nur so, wie es ihr gerade passt. | |
Aus dem Russischen Barbara Oertel | |
31 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Olga Deksnis | |
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