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# taz.de -- Belarus nach der Flugzeugentführung: Lukaschenko im Würgegriff
> Am Freitag trifft der belarussische Präsident erneut seinen Amtskollegen
> Wladimir Putin. Der will die „Integration“ weiter vorantreiben.
Bild: Männerfreundschaft? Alexander Lukaschenko bei einem Treffen mit Wladimir…
Kiew taz | Auch wenn die näheren Umstände der Kaperung des Ryanair-Flugzeug
am Sonntag über Belarus weiter unklar sind, halten [1][die offiziellen
Erklärungen der Minsker Machthaber] immer weniger Plausibilitätskontrollen
stand.
Unter Berufung auf staatliche Quellen berichtet die griechische Zeitung
Proto Thema, Informationen, Griechenland sei von der vermeintlichen
Bombendrohung informiert worden, seien unwahr. Auch Kiew dementiert die
Behauptung des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko,
ukrainische Flughäfen seien gebeten worden, den Flieger notlanden zu
lassen. Ein ähnliches Dementi gab die Pressestelle des Warschauer
Flughafens heraus.
Die staatlich angeordnete Flugzeugentführung beschleunigt die Hinwendung
Belarus’ nach Russland und vertieft die Kluft zwischen dem Westen und dem
„Vorposten des Neuen Eurasiens“, wie Lukaschenko sein Land nennt, weiter.
So traf Russlands Premier Michail Mischustin am 27. Mai zu einem
zweitägigen Besuch in Minsk ein.
Lukaschenko wird am Freitag Russlands Präsidenten Putin in Sotschi treffen.
Bei beiden Treffen scheint eine weitere Annäherung der beiden Staaten hin
zu einer „Integration“ auf der Tagesordnung zu stehen. Nach Auffassung des
belarussischen Botschafters in Moskau, Wladimir Semaschko, könnte noch in
diesem Monat eine Einigung zu entscheidenden Roadmaps zur Integration der
beiden Länder getroffen werden, berichtet die russische Nachrichtenagentur
TASS.
## Verschäfter Ton
Gleichzeitig verschärft sich der Ton gegenüber dem Westen. Nun sei man
gezwungen, auf unfreundliche Schritte hart zu reagieren, zitiert die
belarussische Nachrichtenagentur BelaPAN Außenminister Uladsimir Makei.
Daher denke man über eine Beendigung der Zusammenarbeit mit der EU in
Fragen des Kampfes gegen illegale Migration, der organisierten Kriminalität
und der nuklearen Sicherheit nach. Auch eine Kooperation im Rahmen der
Östlichen Partnerschaft habe keinen Sinn mehr.
Doch in Russland gibt es auch Vorbehalte gegenüber Lukaschenko. Sogar
putintreue Medien kritisieren den Diktator des Nachbarlandes. So erklärte
Margarita Simonjan, Chefredakteurin des Russian Television, die
Bekennervideos von Roman Protassewitsch und seiner Freundin Sofia Sapega
würden „niemandem zur Ehre gereichen“.
Und der Politologe Alexej Tschesnakow, ein gern gesehener Gast in den
Talkshows des russischen Staatsfernsehens, schlussfolgert messerscharf,
dass sich Lukaschenkos Probleme wegen der Ryanair-Maschine auch auf
Russland auswirken könnten.
Unterdessen hat der rechtsradikale Gründer des Freiwilligenbataillons
„Asow“, Andrei Biletzki, zu Berichten Stellung genommen, denen zufolge
[2][Roman Protassewitsch] im Donbass gekämpft haben soll.
## Worte statt Waffen
„Roman hat tatsächlich mit ‚Asow‘ und anderen militärischen Verbünden …
die Okkupation der Ukraine gekämpft. Er war mit uns in der Nähe von
Shirokin, wo er verwundet wurde. Aber seine Waffe als Journalist war nicht
das Maschinengewehr, sondern das Wort.“ so Bileztki auf seinem Blog, den er
auf dem Newsportal der Ukrajinska Prawda führt. Der Vater von
Protassewitsch wird vom belarussischen Portal euroradio.fm mit den Worten
zitiert, Protassewitsch sei als Journalist im Donbass gewesen.
Am Mittwoch berichteten belarussische Medien vom Selbstmord des 18-jährigen
Dmitri Stachowski. Gegen Stachowski, der 2020 gegen die Wahlfälschungen
demonstriert hatte, war wegen „Beteiligung an Massenunruhen“ ermittelt
worden. In einem Abschiedsbrief hatte Stachowski seine Entscheidung mit
diesen Ermittlungen begründet.
Ein Schwerpunkt der Repressionen war am Donnerstag die belarussische
Kleinstadt Schabinka. Dort fanden zahlreiche Hausdurchsuchungen bei
vermeintlichen Regimegegnern statt, berichteten Menschenrechtler. Fünf
Personen wurden festgenommen.
27 May 2021
## LINKS
[1] /Nach-der-Flugzeugkaperung-in-Belarus/!5769963
[2] /Oppositioneller-festgenommen/!5774087
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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Belarus
Russland
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