# taz.de -- Nach der Flugzeugkaperung in Belarus: Jenseits aller roten Linien | |
> Das belarussische Volk ist in kollektiver Geiselhaft. Doch für die EU war | |
> erst eine Flugzeugentführung nötig, um das Land wieder auf die eigene | |
> Agenda zu setzen. | |
Bild: Machthaber Alexander Lukaschenko spricht am Mittwoch vor dem Parlament in… | |
Spätestens seit der aberwitzigen [1][Kaperung einer Ryanair-Maschine] über | |
Belarus, um eines regimekritischen Bloggers habhaft zu werden, müsste nun | |
auch der/die Letzte verstanden haben: Der sogenannte belarussische | |
Präsident Alexander Lukaschenko setzt immer noch einen drauf. | |
Jüngstes Beispiel dafür sind seine hanebüchenen Äußerungen, um diesen | |
staatsterroristischen Akt zu rechtfertigen. Da ist von [2][rechtmäßigem | |
Handeln aus Sicherheitsgründen] die Rede. Schuld sind, wie üblich, die | |
inneren und äußeren Feinde von Belarus, die rote Linien sowie die Grenzen | |
des gesunden Menschenverstandes und der menschlichen Moral überschritten | |
hätten. Menschliche Moral, geht’s noch? | |
Was Lukaschenko unter „Moral“ versteht, ist bereits seit der gefälschten | |
Präsidentenwahl im vergangenen August zu besichtigen. Moralisch ist | |
offenbar nur, was seinem Machterhalt dient. Das ist gleichbedeutend mit | |
einer Art Freifahrtschein, jede/n, der oder die sich tatsächlich oder | |
vermeintlich in den Weg stellt, zu demütigen, zu foltern – ja notfalls | |
sogar zu töten. | |
Um sich das täglich vor Augen zu führen, bedarf es lediglich der Lektüre | |
einschlägiger Nachrichtenportale. Die kommen mit der Auflistung | |
menschlicher Schicksale schon längst nicht mehr hinterher. | |
## Fast ein wenig zynisch | |
Angesichts dieser kollektiven Geiselhaft eines ganzen Volkes – noch dazu | |
quasi vor der Haustür Europas – muten die vielen anerkennenden Worte für | |
die „schnelle und einmütige“ Reaktion der EU auf Lukaschenkos | |
Flugzeugentführung fast ein wenig zynisch an. Denn offensichtlich bedurfte | |
es erst der jüngsten Grenzüberschreitung, um Belarus wieder auf die | |
Tagesordnung zu setzen, sich nicht in mäandernden Debatten zu verlieren, | |
sondern weitere Strafmaßnahmen gegen Minsk zu verhängen. | |
Doch von deren möglichen Auswirkungen einmal abgesehen, ist Lukaschenkos | |
jüngste Botschaft eindeutig: Für ihn gibt es überhaupt keine roten Linien | |
mehr. Im Klartext heißt das: Der „Griff nach den Sternen“ dürfte nicht | |
seine letzte Verzweiflungstat gewesen sein. | |
26 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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