| # taz.de -- EU und Belarus: Sanktionen statt Strategie | |
| > Die EU handelt in der Belaruskrise entschlossen und einig. Doch die | |
| > Sanktionen treiben Lukaschenko nur noch mehr in die Arme von Putin. | |
| Bild: Entführt und zur Landung gezwungen: das Ryanair-Flugzeug in Minsk | |
| Immerhin, diesmal haben sie sich nicht spalten lassen. Diesmal hat es nicht | |
| einmal der notorische ungarische Quertreiber Viktor Orban gewagt, ein Veto | |
| gegen die Sanktionen einzulegen, mit denen die Europäische Union den | |
| belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko und sein Regime belegen will. | |
| [1][Die EU hat schnell, solidarisch und energisch] auf die Entführung des | |
| Ryanair-Flugs und die Verhaftung des oppositionellen Bloggers [2][Roman | |
| Protasewitsch] durch Lukaschenkos Schergen reagiert. Das ist aber auch so | |
| ziemlich das einzig Gute, das man über den EU-Gipfel und seine Teilnehmer | |
| sagen kann. | |
| Ansonsten zeigt auch dieses Treffen, wie schlecht es um die Außenpolitik | |
| der EU bestellt ist. Die Staats- und Regierungschefs wollten über Russland | |
| reden – Belarus hatten sie ursprünglich gar nicht auf dem Schirm. Sie | |
| wollten über eine neue Strategie nachdenken – Beschlüsse waren eigentlich | |
| gar nicht geplant. | |
| Was dann über Nacht ausgearbeitet wurde, zeugt mehr von Empörung und Wut | |
| als von strategischer Weitsicht. Auf dem Papier liest sich die Liste der | |
| Sanktionen und Flugverbote beeindruckend. In der Praxis treffen die neuen | |
| Strafmaßnahmen jedoch vor allem die Menschen in Belarus – und nicht den | |
| Diktator. | |
| Lukaschenko wird es locker wegstecken, dass die Lufthansa nun einen großen | |
| Boden um Belarus macht. Sein Regime wird es verkraften, wenn | |
| EU-Investitionen auf Eis gelegt werden. Auch die Einfrierung von | |
| Privatvermögen und andere individuelle Strafmaßnahmen dürften Lukaschenko | |
| und seine Komplizen kaum erschüttern. | |
| Das haben schon die bisher [3][verhängten Sanktionen] gezeigt: Sie sind | |
| wirkungslos verpufft – und sie haben Lukaschenko in die Arme des russischen | |
| Zaren Wladimir Putin getrieben. Die EU hat damit genau das bewirkt, was sie | |
| eigentlich verhindern wollte: Belarus ist noch abhängiger von Russland | |
| geworden. | |
| ## Mit Putin reden | |
| In Moskau liegt denn nun auch der Schlüssel zur Lösung der Krise. Um Putin | |
| zu beeinflussen, werden sich die Europäer allerdings mehr einfallen lassen | |
| müssen als Sanktionen, Sanktionen und noch mehr Sanktionen. Vielleicht | |
| sollten sie es zur Abwechslung einmal mit Diplomatie versuchen. | |
| Denn Putin wird nicht nur in Belarus gebraucht. Auch in Syrien, im | |
| Nahostkonflikt, in Libyen und Afghanistan müssen sich die Europäer mit dem | |
| Kremlchef verständigen. Ohne Diplomatie wird dies nicht gehen. US-Präsident | |
| Joe Biden hat dies verstanden. Er will sich mit Putin zu einem Zweiergipfel | |
| in Genf treffen. | |
| Die Europäer wären gut beraten, nun ebenfalls auf Diplomatie zu setzen. Aus | |
| dem Debakel in Belarus sollten sie lernen, dass Sanktionen keine Strategie | |
| ersetzen. Sie sind nur ein Instrument der Außenpolitik – ohne Diplomatie | |
| und ohne ein klar definiertes strategisches Ziel führen sie in die | |
| Sackgasse. | |
| 25 May 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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