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# taz.de -- Staatliche Folter in Belarus: Strafanzeige gegen Lukaschenko
> Der belarussische Autokrat geht brutal gegen die Opposition vor. Nun
> wollen ihn Folteropfer dafür in Deutschland strafrechtlich belangen.
Bild: Deutsche Anwälte haben gegen den belarussischen Machthaber Lukaschenko S…
Berlin taz | Die Gewaltexzesse gegen die belarussische Bevölkerung unter
Staatspräsident Alexander Lukaschenko erreichen jetzt auch Karlsruhe. Am
Mittwoch haben vier deutsche Anwälte beim Generalbundesanwalt (GBA) gegen
Lukaschenko und weitere belarussische Sicherheitskräfte eine Strafanzeige
wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gestellt.
Die Anwälte, denen insgesamt 100 dokumentierte Fälle staatlicher Folter
vorliegen, nehmen die Interessen von zehn Mandat*innen wahr. Sie alle
wurden im vergangenen August Opfer staatlicher Repressionen und mussten
ihre Heimat verlassen.
„Wir sind zu der Auffassung gelangt, dass die Taten in Belarus nach dem
deutschen Völkerstrafgesetzbuch strafbar sind. Unsere Mandanten erwarten zu
recht, in dieser Situation nicht alleingelassen zu werden. Deswegen ist die
Generalbundesanwaltschaft aufgefordert, weitere Ermittlungen aufzunehmen“,
sagt Benedikt Lux – einer der vier Anwälte, der auch für die Grünen im
Berliner Abgeordnetenhaus sitzt.
Die Rechtsgrundlage, um in Deutschland Völkerrechtsverbrechen von
Ausländer*innen in anderen Staaten zu verfolgen, ist das sogenannte
Weltrechtsprinzip. Eine Blaupause für die jetzige Befassung des GBA mit
Belarus sind [1][schwerste Verbrechen in Syrien]. Vor wenigen Wochen hatte
das Oberlandesgericht Koblenz einen ehemaligen Mitarbeiter des syrischen
Geheimdienstes wegen des Vorwurfs der Folter und Freiheitsberaubung zu
viereinhalb Jahren Haft verurteilt.
## In Belarus wird weiter gefoltert
Am 9. August 2020 fanden in Belarus Präsidentschaftswahlen statt, die
Alexander Lukaschenko mit über 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben will.
Bereits am nächsten Tag fanden erste [2][Massenproteste] statt. Das Regime
reagierte mit beispielloser Härte: Tausende größtenteils willkürliche
Festnahmen, schwerste Misshandlungen und Folter in Polizeigewahrsam bzw.
Gefängnissen sowie Anklagen mit anschließenden Verurteilungen zu teils
mehrjährigen Haftstrafen.
Dabei folgte der menschenverachtende Umgang mit den Inhaftierten stets
demselben Muster: Eingesperrtsein auf engstem Raum, Vergewaltigungen, die
bereits in Mannschaftswagen begannen, stundenlanges Ausharren auf den Knien
oder stehend mit erhobenen Händen und dem Kopf zur Wand, Schlaf- und
Nahrungsmittelentzug sowie die Verweigerung medizinischer Hilfe. Bei
UN-Menschenrechtsexpert*innen sind allein bis September 2020 rund 450 Fälle
von Folter aktenkundig.
Zwar ist die Protestbewegung, die über Monate andauerte, mittlerweile
weniger sichtbar, dennoch haben Folter und Repressionen gegen
Andersdenkende nicht nachgelassen. Im Gegenteil: Täglich verbreiten
unabhängige belarussische Medien Nachrichten über weitere Festnahmen, von
denen auch Ärzt*innen betroffen sind.
Mittlerweile wurde Dutzenden Anwält*innen ihre Lizenz entzogen –
darunter auch Sergej Ziratzkij. Er ist einer der wenigen Rechtsbeistände,
die kritische Journalist*innen vor Gericht vertreten hatten. Anfang der
Woche wurde bekannt, dass Ziratzkij Belarus verlassen hat. Er werde seine
Tätigkeit aus dem Ausland fortsetzen, schrieb der 53-Jährige auf Facebook.
Ebenfalls in dieser Woche verfügte Lukaschenko per Dekret, dass 80
Angehörigen von Militär und Sicherheitsorganen ihr Dienstgrad aberkannt
wird, da sie „die Ehre und Würde“ ihrer Posten diskreditiert hätten und
ihren offiziellen Pflichten nicht nachgekommen seien. Gegen einige von
ihnen wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet – unter anderem wegen
der Organisation von Terroranschlägen.
5 May 2021
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Syrien--Verbrechen-vor-Gericht/!t5680650
[2] /Schwerpunkt-Krisenherd-Belarus/!t5719665
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Menschenrechtsverletzungen
Folter
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