# taz.de -- Entscheidung über EU-Spitzenpersonal: Hoffen auf Kontinuität | |
> Die EU-Staats-und Regierungschefs wollen Ursula von der Leyen für den | |
> Posten der Kommissionspräsidentin. Im Parlament fehlen allerdings Stimmen | |
> für sie. | |
Bild: Die Europäische Union setzt auf Kontinuität: Ursula von der Leyen soll … | |
BRÜSSEL taz | Angesichts wachsender geopolitischer Spannungen und großer | |
Sorgen wegen der Wahlen in Frankreich und in den USA setzt die Europäische | |
Union auf Kontinuität. Ursula von der Leyen soll Präsidentin der | |
EU-Kommission bleiben, entschieden die 27 Staats- und Regierungschefs der | |
Union am Donnerstagabend bei einem Gipfeltreffen in Brüssel. Auch der | |
„Green Deal“ soll weitergeführt werden – wenn auch abgeschwächt und meh… | |
Sinne der Industrie. | |
Von der Leyen wurde für eine zweite Amtszeit nominiert. Sie muß allerdings | |
noch vom Europaparlament bestätigt werden. Ob das klappt, ist unklar, da | |
offenbar noch rund 50 Stimmen für ihre Wiederwahl fehlen. Die EU-Gipfel | |
soll künftig der sozialistische Portugiese António Costa leiten, als | |
Außenvertreterin wurde die liberale Estin Kaja Kallas nominiert. Italien | |
und Ungarn haben dieses Personalpaket jedoch nicht mitgetragen. | |
Italiens postfaschistische Regierungschefin Giorgia Meloni hatte sich schon | |
vor dem EU-Gipfel [1][über die europäische „Oligarchie“] beschwert und | |
Änderungen gefordert. Sie konnte sich jedoch ebenso wenig durchsetzen wie | |
der rechtspopulistische ungarische Premier Viktor Orbán. Meloni hat am | |
Donnerstag gegen Costa und Kallas gestimmt und sich bei von der Leyen | |
enthalten. Orbán stimmte gegen von der Leyen. | |
Der Deal war von sechs Staats- und Regierungschefs vorbereitet worden, | |
darunter Bundeskanzler Olaf Scholz. Der SPD-Politiker sagte, das | |
Personalpaket respektiere die Wünsche der drei großen pro-europäischen | |
Parteienfamilien (Konservative, Sozialdemokraten und Liberale) und sei | |
regional ausgewogen. Man habe von der Leyen aber auch mit Blick auf die | |
Mehrheitsverhältnisse im neu gewählten Europaparlament nominiert. | |
## Druck auf die EU-Parlamentarier | |
Dort verfügt die „große Koalition“ aus den drei etablierten Parteien | |
allerdings nur noch über 399 von 720 Sitzen. Wenn wie üblich zehn Prozent | |
der Abgeordneten von der Stange gehen – französische Konservative und | |
italienische Sozialisten haben schon ein „Nein“ angekündigt – wird es en… | |
Scholz und die meisten anderen EU-Chefs dürften nun Druck auf die | |
Parlamentarier machen, damit bei der Abstimmung im Juli nichts schief geht. | |
Zugleich hat das Gerangel um die nächste EU-Kommission begonnen. | |
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron will erneut Industriekommissar | |
Thierry Breton nominieren, der als Widersacher von der Leyens gilt. Scholz | |
macht sich dafür stark, dass Sozialkommissar Nicolas Schmit wiederkommt, | |
der sozialdemokratischer Spitzenkandidat bei der Europawahl war. Allerdings | |
hat die Regierung in Luxemburg, die ihn nominieren müsste, andere Pläne. | |
Auch Meloni fordert einen mächtigen Kommissarsposten. Dies sei der „Preis“ | |
für ihre Enthaltung beim EU-Gipfel, heißt es in Brüssel. Sollte sie nicht | |
zufriedengestellt werden, könnte Meloni die rechtskonservative Fraktion der | |
„Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR) im Europaparlament auf | |
Konfrontationskurs einschwören. Zumindest einige Stimmen der EKR könnten | |
aber für eine Wiederwahl von der Leyens gebraucht werden. | |
Parteipolitisches Gerangel zeichnet sich auch um die künftige Klimapolitik | |
ab. Scholz und Macron hatten beim EU-Gipfel versucht, [2][den „Green Deal“ | |
fortzuschreiben]. Sie konnten sich aber nur teilweise durchsetzen. „Wir | |
werden eine gerechte und faire Klimawende verfolgen“, heißt es in der | |
Gipfel-Erklärung. Betont wird aber auch das „Ziel, weltweit | |
wettbewerbsfähig zu bleiben und unsere Energiesouveränität zu verbessern“. | |
Beim Klimaschutz habe er sich mehr vorstellen können, sagte Scholz nach dem | |
Gipfel. Nicht akzeptiert habe er gemeinsame Schulden zur | |
Rüstungsfinanzierung und EU-Geld für nationale Verteidigungsprogramme. | |
Diese Themen bleiben jedoch weiter auf der Tagesordnung. [3][Denn für die | |
Waffenhilfe an die Ukraine] und die geplante massive Aufrüstung braucht die | |
EU mehr Geld. Von der Leyen sprach von einem Mehrbedarf von 500 Milliarden | |
Euro. | |
28 Jun 2024 | |
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[1] /Von-der-Leyen-soll-Praesidentin-bleiben/!6016444 | |
[2] /EU-Klimapolitik-nach-der-Europawahl/!6013296 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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